Kirchliche Konflikte im Sinne der Gewaltlosigkeit austragen

Predigt von Bischof Peter Kohlgraf bei traditioneller Missa Chrismatis im Mainzer Dom

Mainz, 3. April 2023: Bischof Peter Kohlgraf bei der Weihe der Heiligen Öle in der Missa chrismatis. (c) Bistum Mainz / Blum
Datum:
Mo. 3. Apr. 2023
Von:
tob (MBN)

Mainz. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat dazu ermutigt, „in die Lebenshaltung Jesu hineinzuwachsen und dadurch die Botschaft Jesu zum Strahlen zu bringen“. In der Karwoche feiere die Kirche die Hingabe Jesu, „sein Vorbild an Gewaltlosigkeit und Menschenfreundlichkeit“. Es gehe „um das Hineinwachsen in diese Haltung der Glaubwürdigkeit, der Selbstbeschränkung von Macht, die andere unterdrückt; es geht um Glaubwürdigkeit, das Zusammenkommen von Tat und Wort“, sagte Kohlgraf am Montagabend, 3. April, in seiner Predigt in der traditionellen Missa Chrismatis im Mainzer Dom.

Mainz, 3. April 2023: Einzug zur Missa chrismatis im Mainzer Dom. (c) Bistum Mainz / Blum

Wörtlich sagte Bischof Kohlgraf: „Wir sind nicht selbst das Licht, sondern wir sollen Zeuginnen und Zeugen seines Lichtes sein. Das ist eine große Aufgabe, aber zugleich eine Entlastung. Unglaubwürdigkeit in der Kirche entstand und entsteht ja nicht zuletzt dadurch, dass sich Menschen als Heilsbringer gebärden und damit Macht missbrauchen. Das betrifft auch die seelsorglichen Beziehungen in der Kirche zwischen Menschen insgesamt. Nicht nur Bischöfe stellen sich auf einen Sockel oder genießen es, wenn sie von anderen erhöht werden.“

Und weiter heißt es in der Predigt: „Glaubwürdig sein, die Botschaft Jesu und damit ihn selbst zum Leuchten bringen, dafür will ich heute werben. Gerade von Jesus in seinen letzten irdischen Lebenstagen können wir lernen: Die Grundlage der Glaubwürdigkeit ist die Fähigkeit, seine Aussagen über Gott, seine Liebe und Hingabe an den Menschen in das eigene Leben zu übertragen. Es ist eine Lebensaufgabe, Wort und Tat immer wieder in eine Deckung zu bringen. Sicher muss ich als Person nicht mein Innerstes permanent nach außen kehren. Aber ich werde gut darauf achten müssen, dass ich Ansprüche an andere Menschen erst dann vorsichtig formuliere, wenn ich sie selbst zu leben bereit bin. Und wenn ich als Mahner auftrete, dann muss ich immer wieder auch zu meinen eigenen Fehlern und Grenzen stehen.“

Die Gewaltlosigkeit Jesu

Mainz, 3. April 2023: Bischof Peter Kohlgraf warb in seiner Predigt dafür, auch kirchliche Konflikte im Sinne von Jesu Gewaltlosigkeit auszutragen. (c) Bistum Mainz / Blum

„In dieser Woche stehen wir staunend vor der Gewaltlosigkeit Jesu“, sagte der Bischof mit besonderem Blick auf die Umsetzung von Gewaltlosigkeit im kirchlichen Leben. Bischof Kohlgraf: „Mir sind einige Begegnungen vom Synodalen Weg in Erinnerung geblieben. Und das erleben Menschen auch im Bistum: Gruppen reden über andere in der Kirche wie über Feinde, wenigstens Gegner. Die Bischöfe werden gegen andere ausgespielt und andersherum ebenso. Emotionen überlagern manchmal notwendige Sachdiskussionen. Es fallen Totschlagargumente: Die einen werden beschuldigt, zu erpressen, die anderen setzen durch Maximalforderungen unter Druck. Ich habe für die Synodaltexte gestimmt, weil die Themen brennen, und dennoch hat mich der Stil der Debatte und des Umgangs miteinander immer wieder befremdet. Synodalität müssen wir noch mühsam lernen. Gewalt ist auch, wenn Gruppen vor dem Frankfurter Kongresszentrum beten: ‚Herr, erlöse uns von Bischof Bätzing‘. Gewalt ist auch, wenn Feindbilder von verschiedenen Seiten aufgebaut werden. Es gibt Gewalt im Denken, Reden und Tun von ‚rechts‘ und ‚links‘, auch im Bistum Mainz. Sogenannte Progressive können sich als liberal präsentieren, solange eigene Macht nicht angefragt wird. Das gilt ebenso für sogenannte Konservative“, sagte der Bischof.

Mainz, 3. April 2023: Diakone trugen die Heiligen Öle zur Weihe in den Altarraum. (c) Bistum Mainz / Blum

Gewalt habe viele Gesichter und geschehe täglich in der Gesellschaft, betonte Kohlgraf: „Menschen werden in Tat und Wort erniedrigt, auch in der Kirche. In der Nachfolge Jesu sollten wir jeden Tag beweisen: Wir können Konflikte im Sinne der Gewaltlosigkeit austragen und lösen. Wir können im Konflikt gewaltfrei bleiben und miteinander feiern und beten.“ Und weiter: „Christsein ist vom Prinzip so einfach wie wirkungsvoll: glaubwürdig zu leben versuchen, das eigene Denkmal vom Sockel holen, Jesus ins Leben holen, weil er der Erlöser ist. Christsein ist auch entlastend, weil ich nicht der Erlöser sein muss. Christsein in der Nachfolge Jesu als Leben ohne Gewalt in Gedanken, Worten und Werken, macht mich innerlich frei. Und wenn ich einen Menschen nicht wirklich lieben kann, darf ich ihn im Gebet an Gott abgeben.“

Mainz, 3. April 2023: Die anwesedenden Priester erneuerten in der Missa chrismatis ihre Bereitschaftserklärung zum priesterlichen Dienst. (c) Bistum Mainz / Blum

Konzelebranten des Gottesdienstes waren unter anderen Weihbischof und Generalvikar, Dr. Udo Markus Bentz, sowie der Mainzer Domdekan Henning Priesel. Der Gottesdienst war eingebettet in einen Geistlichen Tag für alle Priester und Diakone des Bistums. Im Gottesdienst hatten die anwesenden Priester ihre Bereitschaftserklärung zum priesterlichen Dienst erneuert und waren beim Gottesdienst zur Konzelebration eingeladen. Die musikalische Gestaltung hatte ein Vokalensemble des Mädchenchors am Dom und St. Quintin unter der Leitung von Domkantor Kaltenbach übernommen sowie Domkantorin Jutta Hörl. Der Mainzer Domorganist, Professor Daniel Beckmann, spielte die Domorgel.

Weihe der Heiligen Öle

Im Rahmen der Missa Chrismatis weihte Kohlgraf das Katechumenenöl (mit dem der Taufbewerber gesalbt wird), das Krankenöl (zur Spendung der Krankensalbung) und das Chrisam (das bei der Spendung der Taufe, des Firmsakramentes und der Priesterweihe Verwendung findet). Im Anschluss an die Missa Chrismatis nahmen Vertreter aus allen Pastoralräumen die heiligen Öle mit in die Pfarreien des Bistums.