Kohlgraf: Brückenbauer sein als prophetische Stimme in der Gesellschaft

Martinusvesper mit anschließendem Bistumsempfang zu „Glaube in Krisenzeiten“

Mainz, 17. November 2024: Bischof Peter Kohlgraf beim Bistumsempfang im Anschluss an die Martinusvesper. (c) Bistum Mainz / Blum
Datum:
So. 17. Nov. 2024
Von:
tob (MBN)

Mainz. „Unsere Welt braucht Brückenbauer, und ich meine, dass wir als Christinnen und Christen hier einen wesentlichen Auftrag haben.“ Das sagte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf am Sonntagabend, 17. November, in seiner Predigt bei der Martinusvesper im Mainzer Dom. Kohlgraf verwies für den Auftrag von Christen in der Gesellschaft auf den Abschlusstext der Weltsynode, in dem Synodalität als „ein neuer Stil des Miteinanders“ benannt werde, der Brücken bauen wolle. Angesichts aktueller globaler Probleme und Auseinandersetzungen könne die Versuchung bestehen, „Konflikte durch Gewalt statt durch Dialog zu lösen“, sagte Kohlgraf: 

Mainz, 17. November 2024: Bischof Peter Kohlgraf bei seiner Predigt zur Martinusvesper im Mainzer Dom. (c) Bistum Mainz / Blum

„Eine authentische Praxis der Synodalität ermöglicht es den Christinnen und Christen, eine kritische und prophetische Stimme gegenüber der herrschenden Kultur zu sein. Wenn wir uns um Synodalität bemühen, können wir Zeugnisse des Brückenbauens auch in Konfliktsituationen bauen. Brücken bauen ist letztlich auch ein Dienst in der Nachfolge Jesu.“

Weiter sagte Bischof Kohlgraf: „Martin Buber hat einmal folgenden Satz gesagt: ,Alles menschliche Leben ist Begegnung.ʼ Wenn Gott den Menschen auf Gemeinschaft hin geschaffen hat, dann ist es das Bild der Brücke, nicht das Bild der Mauer, das den Menschen als Ebenbild Gottes beschreibt. Begegnung im christlichen Sinne ist aber mehr als eine zufällige Begegnung, sondern sie besteht in einem echten Interesse, einem echten Zuhören und einem echten Verstehen wollen.“ Die Bewahrung der Schöpfung bezeichnete Kohlgraf als einen „der ersten und wichtigsten Brückendienste des Menschen“.

Mainz, 17. November 2024: Applaus für die Willigis-Schüler auch von der Bevollmächtigten Stephanie Rieth (rechts) und Dr. Susanne Barner. (c) Bistum Mainz / Blum

„Der heilige Martin hat sich wohl zeitlebens als Brückenbauer verstanden, als Bistumspatron ist er uns Vorbild und Begleiter. Wir haben sein Vorbild des Teilens als Leitmotiv für unsere diözesanen Prozesse beschrieben“, sagte Bischof Kohlgraf weiter: „Wir sollten die Gottesfrage stellen, wobei auch Zweifel und Fragen ihren Platz haben sollten. Die grundsätzliche Überzeugung, dass Gott ein Gott der Liebe und Nähe ist, der in Jesus und in seinem Geist Brücken zum Menschen bauen will, sollten wir nicht nachlassen. Das war für Martin die wichtigste Motivation seines Glaubens und Handelns. Diesen Glauben sollten wir teilen. So wie wir auch das Leben teilen und wie Martin Brücken zum anderen Menschen schlagen.“ Mit Blick auf die aktuellen Diskussionen um finanzielle Mittel und Immobilien in den Gemeinden des Bistums sagte der Bischof: „Es ist verständlich, dass Gebäude und Geld viele Menschen bewegen. Wir müssen jedoch begreifen, dass diese Ressourcen nur dann einen Sinn haben, wenn sie Werkzeuge sind, die dazu dienen, Brücken zu bauen, und nicht Selbstzweck.“

Die Martinusvesper im Mainzer Dom mit anschließendem Bistumsempfang im Erbacher Hof hatte im vergangenen Jahr erstmals stattgefunden und ersetzt den früheren Neujahrsempfang des Bistums Mainz. Der Abend stand unter der Überschrift „Glaube in Krisenzeiten: Was heißt das für uns als Christinnen und Christen?“ In seiner Ansprache beim anschließenden Empfang im Ketteler-Saal des Erbacher Hofes vor rund 200 Gästen erinnerte Kohlgraf an den Bistumspatron Martin, der durch das Niederlegen der Waffen „ein Heiliger des Friedens“ sei. Kohlgraf bekräftigte seine Überzeugung, dass es angesichts von Kriegen und Konflikten eine wesentliche Aufgabe der Kirchen bleibe, Friedensvisionen wach zu halten.

Ansprache von Dr. Susanne Barner

Mainz, 17. November 2024: Der Mainzer Generalvikar Dr. Sebastian Lang bei seiner Begrüßung zum Bistumsempfang im Ketteler-Saal des Erbacher Hofes. (c) Bistum Mainz / Blum

Die Geschäftsführende Vorsitzende der Diözesanversammlung im Bistum Mainz, Dr. Susanne Barner, würdige die bisherige Entwicklung des Pastoralen Weges im Bistum Mainz hin zu mehr Synodalität: „Empathisches Zuhören und Verständnis sind auch für den langen und herausfordernden Weg der Aufarbeitung des Missbrauchs von entscheidender Bedeutung. Jahrzehntelang wurde es den Betroffenen verweigert. Heute sind wir im Bistum Mainz auf einem guten Weg. Das gilt auch für die Rolle der Frauen in der Kirche. Dass in Mainz, im Gegensatz zu anderen deutschen Bistümern, mit Frau Rieth eine Frau Teil der Bistumsleitung ist, ist eine zuversichtlich stimmende Entwicklung, ebenso, dass in den regelmäßigen Gesprächen der Frauenkommission mit Bischof Kohlgraf Bedürfnisse und Forderungen der Frauen benannt werden. Die Fürbitte für die Sternenkinder, war ein Ergebnis des Dialogs. Ein wichtiges Thema ist derzeit die Predigt von Laiinnen und Laien am Sonntag. Es gibt andere, grundlegende Forderungen und Wünsche der Frauen in der katholischen Kirche, bis zu deren Erfüllung alle Seiten noch viel Geduld und Zuversicht, Gesprächsbereitschaft und Aufeinanderzugehen benötigen werden.“

Ein wichtiger Beitrag, den Christinnen und Christen in der Welt für Frieden und Gerechtigkeit leisten könnten, sei gewaltfreie Kommunikation, betonte Barner: „Indem wir uns immer wieder bewusst werden, wie entscheidend die Sprache ist, derer wir uns bedienen; indem wir aus der Haltung der Mitmenschlichkeit, der Nächstenliebe und der gleichen Würde aller Menschen, die Kommunikation auch bei vorangegangenen Verletzungen und tiefgreifenden Meinungsverschiedenheiten nicht abbrechen.“

Mainz, 17. November 2024: Blumen vom Mainzer Bischof Peter Kohlgraf für Dr. Susanne Barner. (c) Bistum Mainz / Blum

Die Begrüßung beim Empfang hatte der Mainzer Generalvikar Dr. Sebastian Lang übernommen. Ordinariatsdirektorin Stephanie Rieth, Bevollmächtigte des Generalvikars, dankte in ihrem Schlusswort allen Beteiligten, die den Bistumsempfang ermöglicht haben. Musikalisch gestaltet wurde der Empfang im Erbacher Hof durch die Holzbläser des Willigis Sinfonie Orchesters unter Leitung von Doris Jüttner-Endres. Die Vesper im Dom war musikalisch gestaltet worden von der Domkantorei St. Martin unter Leitung von Domkapellmeister Professor Karsten Storck sowie vom Mainzer Domorganisten, Professor Daniel Beckmann.