Kohlgraf: Die Welt braucht glaubwürdige Handwerker des Friedens

Friedensgebet zum 80. Jahrestag des Kriegsendes & Grußwort bei Kundgebung

Offenbach, 8. Mai 2025: Bischof Peter Kohlgraf sprach bei der Kundgebung zum 80. Jahrestag des Kriegsendes auf dem Platz des 8. Mai in Offenbach. (c) Bistum Mainz / Blum
Datum:
Do. 8. Mai 2025
Von:
tob (MBN)

Offenbach. „Die Welt braucht keine leeren Worte, sondern glaubwürdige Zeugen, Handwerker des Friedens, die offen für den Dialog sind, ohne dabei jemanden auszuschließen oder zu manipulieren.“ Das sagte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf in Anlehnung an ein Zitat des verstorbenen Papstes Franziskus am Donnerstagabend, 8. Mai, zum 80. Jahrestag des Kriegsendes bei einer Kundgebung in Offenbach. Kohlgraf, der Präsident der Friedensinitiative Pax Christi ist, sprach ein Grußwort auf der Kundgebung „8. Mai 2025 - Tag der Befreiung - Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!“ auf dem Platz des 8. Mai in Offenbach. Die Veranstaltung stand unter Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters von Offenbach, Dr. Felix Schwenke.

Offenbach, 8. Mai 2025: Bischof Peter Kohlgraf predigte beim ökumenischen Friedensgebet zum 80. Jahrestag des Kriegsendes in St. Paul. (c) Bistum Mainz / Blum

Wörtlich sagte Kohlgraf: „In der Tat kann man nicht wirklich zum Frieden gelangen, wenn es keinen überzeugten Dialog von Männern und Frauen gibt, die über die verschiedenen Ideologien und Meinungen hinaus nach der Wahrheit suchen. Der Frieden ist eine ,immer wieder neu zu erfüllende Aufgabeʼ, ein Weg, den wir gemeinsam gehen, indem wir auf das Gemeinwohl bedacht sind und uns dafür einsetzen, das gegebene Wort zu halten und das Recht zu achten. Im gegenseitigen Zuhören können auch die Kenntnis und die Wertschätzung des anderen so sehr wachsen, dass man im Feind das Antlitz eines Bruders und einer Schwester erkennt.“

Weiter sagte er: „Der Friedensprozess ist also eine Aufgabe, die Zeit braucht. Er ist eine geduldige Arbeit der Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit, die das Gedächtnis an die Opfer ehrt und schrittweise eine gemeinsame Hoffnung eröffnet, die stärker ist als die Rache. In einem Rechtsstaat kann die Demokratie ein bedeutendes Paradigma dieses Prozesses sein, wenn sie auf Gerechtigkeit und auf dem Einsatz für den Schutz der Rechte aller in der beständigen Suche nach Wahrheit gründet. Als Christinnen und Christen können wir einen derartigen Gedenktag nicht begehen, wenn wir nicht bemüht sind, aus leeren Worten Taten folgen zu lassen. Und natürlich gilt: Menschenverachtung, Antisemitismus und Gewalt in Tat und Wort dürfen keinen Platz haben. Aber das darf nicht nur heute gelten.“

Ökumenisches Friedensgebet in Offenbach-St. Paul

Nach der Kundgebung nahm Bischof Kohlgraf in Offenbach-St. Paul an einem ökumenischen Friedensgebet teil. In seiner Predigt ging er auf die Friedensvision des Propheten Micha ein: „In dieser messianischen Vision wird endgültig abgerüstet: Schwerter werden wieder zu Pflugscharen umgeschmiedet. Es gab wohl Zeiten, in denen solche Visionen Menschen Mut gemacht haben, weil sie Horizonte eröffneten, die man in den Bedrängnissen der Zeit leicht vergessen konnte. Tatsächlich leben wir in einer Welt, die uns deutlich zeigt: Die messianischen Hoffnungen haben sich nicht erfüllt. Aufrüstung und gegenseitige Bedrohung, das Säbelrasseln und das Muskelspiel von Machthabern und deren tödlichen Waffen im Hintergrund nehmen wohl eher zu. Umso dringender ist die Kraft biblischer Visionen: Wir erheben nicht mehr das Schwert.“

Bischof Kohlgraf ging auf die Hoffnungserfahrung von zwei zwölfjährigen Bolivianern aus elenden Verhältnissen ein, von denen der niederländische Theologe Huub Oosterhuis berichtet, dass sie „diese unerbittliche Hoffnung“ ausstrahlten. „Vielleicht spüren wir plötzlich, dass ein Prophetentext keine berauschende Vertröstung ist, sondern eine Energie werden kann, die dazu hilft, selbst immer wieder neu zu werden, aufzubrechen in eine Welt des Friedens, im Kleinen wie im Großen. Mögen die biblischen Visionen auch uns verändern und damit unsere Welt.“

Neben Bischof Kohlgraf, beteiligten sich an dem Friedensgebet unter anderen: Pfarrer Andreas Puckel (Pfarrei St. Franziskus Offenbach), Pfarrer Michael Mehl (Evangelisches Dekanat Frankfurt-Offenbach), Dr. Manuela Baumgart (Evangelische Stadtkirchenarbeit), Michael Preis (pax christi Gruppe Offenbach) sowie Dr. Christoph Krauß (Referat Gerechtigkeit und Frieden im Bistum Mainz). Die musikalische Gestaltung hatten der Listen up!–Jugendchor unter Leitung von Tobias Landsiedel sowie Olaf Joksch-Weinandy (Orgel) übernommen. Während des Friedensgebetes wurde im Vatikan die Wahl von Papst Leo XIV. bekannt gegeben. Zurück am Mainzer Bischofshaus wurde Bischof Kohlgraf bereits von Journalisten erwartet und gab mehrere Interviews zum neuen Papst.

Hinweis: Seitens des Bistums Mainz gibt es darüber hinaus in den kommenden Wochen noch weitere Veranstaltungen zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs. Eine Übersicht ist unter folgendem Link verfügbar: http://www.bistummainz.de/gesellschaft/aktuell/nachrichten/nachricht/Veranstaltungen-zum-80.-Jahrestag-des-Endes-des-Zweiten-Weltkriegs-im-Bistum-Mainz/