Dreieich-Sprendlingen. Im Rahmen einer Eucharistiefeier hat der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf am Dienstagabend, 2. September, die Kirche St. Laurentius in Dreieich-Sprendlingen profaniert: „Wir werden heute gehalten, uns ein Stück weit ehrlich zu machen. Heute ist ein schmerzlicher Einschnitt zu begehen, wobei hier keine Bauruine stehen wird, sondern es entsteht ein Ort kirchlichen Lebens, der Kindern und auch älteren Menschen ein Ort der Begegnung sein will“, sagte der Bischof.
Und weiter: „Für manche von Ihnen wird es dadurch nicht leichter, aber der heutige Einschnitt bedeutet nicht den Rückzug der Kirche aus diesem Ort und dieser Gesellschaft. Er markiert eine sich wandelnde Präsenz.“
Bischof Kohlgraf wies darauf hin, dass die sogenannte Säkularisierung bereits seit den 1960er Jahren ein Thema in der Kirche sei: „Heute sollte die Kirche anerkennen, dass sich in Deutschland weit mehr als die Hälfte der Bevölkerung weder als religiös noch als kirchlich bezeichnet. Auch wenn bestimmte Angebote der Kirche weiterhin eine hohe Bedeutung für die Gesellschaft haben, ist es für viele Menschen nicht notwendig, Religion und Kirche in ihrem Leben eine Bedeutung zukommen zu lassen.“ Und weiter: „Vor Jahrzehnten hat ein Mainzer Bischof diese Kirche geweiht, heute muss ich mit Ihnen die Profanierung der Kirche gestalten. Die Verantwortlichen haben sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Ich lade Sie ein, heute den Blick nach vorne zu richten. Ich nehme auch wahr, wie viele sich in dieser neuen Pfarrei für das kirchliche Leben, für den Glauben und die Gemeinschaft einsetzen.“
Wörtlich sagte Kohlgraf: „Jeder und jede muss lernen, die menschlichen Grenzen des Handelns und Entscheidens zu akzeptieren, auch ich als Bischof. Wir stehen in einem Ansturm der Realität, der uns manchmal zu überfordern scheint. Mit Gottes Hilfe gehen wir in eine andere Gestalt der Kirche und wir bauen auf seine Gegenwart. Diese Wege können wir nur gemeinsam gehen. Als Bischof bin ich heute auch ein wenig traurig mit Ihnen hier, die diesen Gottesdienst mitfeiern.“
Kohlgraf feierte den Gottesdienst gemeinsam mit Pfarrer Martin Eltermann und dem Leiter des Pastoralraums Dreieich-Isenburg, Pfarrer Martin Berker. Eltermann betete am Ende des Gottesdienstes: „Dieses Bauwerk war für uns ein steinernes Zeugnis unseres Glaubens und eine fortwährende Erinnerung an deine Nähe. So spüren wir in dieser Stunde den Verlust und auch Trauer, wenn wir auf all das Gute schauen, das wir hier erfahren haben.“ Pfarrer Berker dankte dem Bischof dafür, „dass Sie in dieser Stunde an unserer Seite sind. Es ist ein tröstliches Zeichen, dass wir auf diesem Weg nicht alleine sind und Sie uns neue Hoffnung schenken.“ Gottesdienste und Gemeindeleben im Ort finden künftig in der nicht weit entfernten Kirche St. Stephan statt. Ab dem 1. Januar 2027 wird der Katholische Pastoralraum Dreieich-Isenburg unter dem Namen Hl. Edith Stein zu einer Pfarrei zusammengeführt – mit den Kirchen St. Josef, Zum Heiligen Kreuz, St. Stephan und St. Marien.
Im Mai 2025 war die 1933/34 erbaute Kirche St. Laurentius an die Bethanien-Diakonissenstiftung mit Sitz in Frankfurt verkauft worden. Die teilweise denkmalgeschützte Kirche soll ein Ort der Begegnung und für kulturelle wie geistliche Veranstaltungen werden. In das ehemalige Pfarrhaus ist bereits im Sommer die evangelische Kindertagesstätte „Die Kirchenmäuse“ eingezogen. Das sanierungsbedürftige Gemeindehaus soll durch eine barrierefreie Seniorenresidenz ersetzt werden.
Seit 2017 gab es insgesamt elf Profanierungen (inklusive St. Laurentius) von Kirchen oder Kapellen sowie eine Übernahme durch eine andere christliche Gemeinschaft im Bistum Mainz (was keine Profanierung zur Folge hat). Mit der Profanierung von St. Laurentius in Dreieich-Sprendlingen wurde im Rahmen des Pastoralen Weges im Bistum Mainz erstmals eine große Kirche verkauft.
Am Ende des Gottesdienstes erfolgten die wesentlichen Elemente der Profanierung: die Entnahme des Sakramentes der Eucharistie aus dem Tabernakel und das Löschen des „Ewigen Lichtes”; die Entnahme der Reliquien aus dem Altar wird in St. Laurentius zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst von Marcel Deho an der Orgel.
Aktuell ist die Reduzierung des Gebäudebestandes im Bistum Mainz ein wichtiges Thema im Rahmen des Pastoralen Weges, bei dem bis zum Jahr 2030 insgesamt 46 neue Pfarreien im Bistum Mainz gebildet werden (www.pastoraler-weg.de). Im Rahmen des Pastoralen Weges im Bistum Mainz steht eine Reduzierung des Gebäudebestandes (insgesamt rund 1.700 Immobilien; neben den Kirchen natürlich vor allem Pfarrhäuser und Gemeindesäle) um etwa die Hälfte an. Grund dafür sind die geringer werdenden finanziellen Mittel der Kirche. Daher sind die Pfarreien in den neuen Pastoralräumen des Bistums aufgefordert, bis 2026 durch die Erstellung eines Gebäudekonzeptes zu entscheiden, welche Gebäude sie aufgeben.