Mainz. Mit einem Richtfest auf dem Mainzer Liebfrauenplatz ist am Sonntagnachmittag, 12. Juni, der Auftakt zur zweiten Phase des Pastoralen Wegs im Bistum Mainz begangen worden. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf dankte allen Beteiligten für die geleiestete Arbeit und das große Engagement auf dem Pastoralen Weg in den vergangen drei Jahren; gleichzeitig stimmte er auf die anstehenden Aufgaben in der Umsetzungsphase bis zum Jahr 2030 an.
Wörtlich sagte er bei seiner Begrüßung: „Darin sehe ich neben vielen anstehenden zu lösenden Fragen die eigentlich geistliche Übung. Zu sehen, wo es Veränderung braucht, um die alte Botschaft neu zu sagen, zu erkennen, wo es Verlässlichkeit und Beständigkeit braucht, um nicht heimatlos zu werden. Heute halten wir inne und danken für das Haus aus lebendigen Steinen, das wir gestalten dürfen, mit dem Wind des Geistes im Rücken und der verlässlichen Gegenwart des Auferstandenen in Wort und Sakrament sowie in der Gemeinschaft der Glaubenden.“ Der Tag mit rund 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem ganzen Bistum stand unter dem Motto „Ich baue dir ein Haus“ (2 Sam 7,27).
In seiner Ansprache beim abschließendem Abendlob im Mainzer Dom bezeichnete Kohlgraf das Richtfest „als wichtigen Punkt auf dem Pastoralen Weg“. Und weiter: „Das Haus ist noch nicht fertig, aber die Grundmauern stehen und Fortschritte sind erkennbar. Herausforderungen kommen auf uns zu, deren Tragweite wir nur erahnen. Ich stimme denen nicht zu, die das Ende der Kirche herbeireden. Ja, die Gestalt verändert sich, wir werden sicher weniger, die Räume müssen sich der Realität anpassen. Aber es werden lebendige und lichtvolle Räume sein, einladend und dann mit Ausstrahlung.“
Der Bischof machte deutlich, dass das Bistum Mainz in einer lebendigen Tradition stehe, die für heute zum engagierten Weiterbauen ermutige. Weiter sagte er: „Jesus ruft zur Nachfolge. Aber Kirche ist Instrument auf diesem Weg, nicht Selbstzweck. Wir sind heute gerufen, eine Kirche mit Gottes Hilfe mitzugestalten, die vielen Menschen eine offene Tür und Räume anbietet, die sie brauchen für ihr Glaubensleben in der Suche nach der Freundschaft Jesu. So gestalten wir das Haus aus lebendigen Steinen.“
Das gut zweieinhalbstündige Bühnenprogramm auf dem Liebfrauenplatz mit Musik und Gesprächsrunden wurde von Sascha Becker (SWR) moderiert. Zu Beginn hatte er die Besucher aufgefordert, einen Segenswunsch oder eine Fürbitte auf bunte Bänder zu schreiben, die auf den Tischen auslagen. Diese wurden dann an der großen Richtkrone befestigt, die von Katrin Sauer, der Gärtnerin der Mainzer Dombauhütte, gemacht worden war. Ausgewählte Fürbitten wurden bei den Fürbitten des Abschlussgottesdienstes verwendet.
Ein weiterer Programmpunkt war der Film „Wegmarken“ von Andrea Emmel und Ann-Christin-Rittau von der Abteilung Katholische Rundfunkarbeit im Bischöflichen Ordinariat. Sie hatten an verschiedenen Stationen im Bistum Erfahrungen mit dem Pastoralen Weg eingefangen.
Die Vorsitzende der Diözesanversammlung in Mainz, Dr. Susanne Barner, sagte in ihrer Begrüßung auf dem Liebfrauenplatz, dass es nun darum gehe „tatkräftig und mutig den Weg der Erneuerung zu gehen, um eine Kirche des Teilens zu werden“.
Auf dem Programm standen außerdem zwei Talkrunden. Der Mainzer Weihbischof und Generalvikar, Dr. Udo Markus Bentz, ging dabei auch auf die Bedeutung des Kita-Zweckverbandes Unikathe für die Weiterentwicklung der Kindertagesstätten im Bistum Mainz ein: Ziel des Zweckverbandes sei es, im Verband „schlagkräftiger zu werden, um besser für die Zukunft aufgestellt zu sein“. In der zweiten Phase des Pastoralen Weges sei deutlich, dass die einzelnen Pastoralräume mit verschiedenen Geschwindigkeiten unterwegs seien. Grundlegend bleibe stets, „dass Kirche am Ort lebt und das wird auch bei den Kitas in unserem Zweckverband Unikathe so sein“.
Weitere Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner auf der Bühne waren: Antonino Blanda aus dem Dekanatsprojektteam in Rüsselsheim; Dekanatsratsvorsitzende Christine Breser aus Rüsselsheim; Christian Dubb, Dekanatsratsvorsitzender in Offenbach; Daniela Muntetschiniger, Dekanatsjugendreferentin und Koordinatorin aus Bad Nauheim; Erika Ochs von der Altenseelsorge in Darmstadt; Holger Senft von der Caritas Offenbach; Dr. Jan Turinski vom Bildungswerk Bergstraße/Odenwald; Leitender Pfarrer Alexander Vogl aus Dieburg; Koordinatorin Christine Wüst-Rocktäschel aus Ingelheim.
Am Ende des Festes auf dem Liebfrauenplatz erhielten Vertreterinnen und Vertreter der 46 neuen Pastoralräume im Bistum Mainz eine Martinsfigur. Der heilige Martin solle für die Pastoralräume Inspiration sein auf dem Weg in die Zukunft, sagte Weihbischof Bentz.
Es handelt sich dabei um eine verkleinerte, originalgetreue Nachbildung der Martinsfigur auf dem Mainzer Dom, die auf einer Schieferplatte angebracht ist, wie sie auch am Dom verwendet wird. Der heilige Martin ist nicht nur Patron des Bistums und des Mainzer Domes, sondern auch Leitfigur für den Pastoralen Weg im Bistum Mainz.
Das Abendlob im Mainzer Dom mit Bischof Peter Kohlgraf bildete den Abschluss des Richtfestes. Dazu wurde die Richtkrone von Mitarbeitern der Dombauhütte in den Dom gebracht. Am Ende der Feier erhielten die Vertreterinnen und Vertreter der 46 Pastoralräume jeweils ein Bäumchen; die Leitenden Pfarrer sowie die Koordinatorinnen und Koordinatoren der Pastoralräume erhielten aus den Händen von Bischof Kohlgraf und Weihbischof Bentz außerdem ihre Ernennungsurkunden.
In ihrem gemeinsamen Vorwort zum Programmheft des Tages erläutern Bischof Kohlgraf und Weihbischof und Generalvikar Bentz die Idee hinter dem Richtfest: „Ein Richtfest feiert man, wenn der Dachstuhl fertig ist. Der Rohbau und die tragenden Bauteile stehen. Eine wichtige Zäsur beim Hausbau. Was folgt, ist der Ausbau bis zur Fertigstellung.“
Und weiter: „Mit unserem heutigen Richtfest auf dem Pastoralen Weg soll dankbar Rückschau auf das bisher Geleistete gehalten werden. Als Bischof und Generalvikar des Bistums wollen wir die von Ihnen allen geleistete Arbeit auf dem Pastoralen Weg ausdrücklich würdigen. Bei einem Richtfest schaut man auch nach vorn. Obwohl schon erkennbar ist, wie das Haus einmal aussehen wird, birgt der Weg bis zur Fertigstellung noch viele Herausforderungen und Überraschungen und wird weiterhin viel Kraft und vor allem Ausdauer kosten.“
Eingeladen zum Richtfest waren die Mitglieder der Dekanatsprojektteams, die Mitglieder der Teilprojektteams und der Räte, die Leitenden Pfarrer und sowie die Koordinatorinnen und Koordinatoren der neuen Pastoralräume sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Bischöflichen Ordinariat.
Die musikalische Gestaltung des Richtfestes haben verschiedene Musikgruppen und Chöre aus dem Bistum übernommen: der Kirchenmusikverein Osthofen unter Leitung von Andreas Knorpp, der Kinder- und Jugendchor der Singschule Bensheim unter Leitung von Regionalkantor Gregor Knop; die Gruppe LaCappella 2.0 aus Heilig Kreuz in Friedrichsdorf-Burgholzhausen unter Leitung von Veronika Bauer, die Mainzer Domkantorei St. Martin sowie die Männerstimmen des Mainzer Domchors unter Leitung von Domkapellmeister Karsten Storck, die Gordi-Singers, der Kinderchor aus Bad Kreuznach-Planig unter Leitung von Benedikt Stumpf sowie an der Domorgel Diözesankirchenmusikdirektor Lutz Brenner und Domkantorin Jutta Hörl.
Ende April 2022 hatte Bischof Kohlgraf 46 Pastoralräume errichtet, aus denen bis zum Jahr 2030 insgesamt 46 neue Pfarreien im Bistum hervorgehen werden. Die Gründung der Pastoralräume ist die Vorstufe zur Gründung von neuen Pfarreien. In dieser Übergangsphase sollen die bisherigen 134 Pfarrgruppen und Pfarreienverbünde im Bistum sowie die verschiedenen Kirchorte wie Caritas, Kindertagesstätten und Schulen zu einem lebendigen Netzwerk zusammenwachsen. Mit der Errichtung der Pastoralräume wird Ende Juli die Auflösung der Dekanatsebene im Bistum verbunden sein, da eine Untergliederung von 46 Pfarreien in die bisherigen 20 Dekanate nicht sinnvoll ist. Ein Teil der Aufgaben der bisherigen Dekanate wird auf die neuen Pfarreien übergehen; einige Aufgaben auf die Bistumsebene. In vier Regionen (Oberhessen, Mainlinie, Rheinhessen und Südhessen) soll Austausch, Zusammenarbeit und fachliche Unterstützung auf regionaler Ebene erfolgen.
Der Pastorale Weg des Bistums Mainz ist ein Prozess der geistlichen und strukturellen Erneuerung der Kirche im Bistum Mainz. „Wir wollen eine Kirche des Teilens werden, in der nicht nur Leben und Glauben, sondern auch Ressourcen und Verantwortung geteilt werden“, hat Bischof Kohlgraf als Grundidee dieses Weges hervorgehoben. In der ersten Phase des Pastoralen Weges hatten ab 2019 die ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden in den insgesamt 20 Dekanaten die Aufgabe, pastorale Konzepte für die neuen Strukturen zu entwickeln.