Kohlgraf: Synodalität ist in die Gene der Kirche eingeschriebene Lebensform

Erstmals Martinus-Vesper mit anschließendem Bistumsempfang in Mainz gefeiert

Mainz, 12. November 2023: Bischof Peter Kohlgraf beim Bistumsempfang im Anschluss an die Martinus-Vesper. (c) Bistum Mainz / Blum
Datum:
So. 12. Nov. 2023
Von:
tob (MBN)

Mainz. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat bei der erstmals begangenen Martinus-Vesper mit anschließendem Bistumsempfang für Synodalität in der Kirche geworben: „Die Weltsynode ist genau wie der Synodale Weg in Deutschland erste Schritte gegangen, um Synodalität als eigentlich in die Gene der Kirche eingeschriebene Lebensform und Haltung besser zu verstehen und konkret werden zu lassen“, sagte er am Sonntagabend, 12. November, beim Bistumsempfang im Ketteler-Saal des Erbacher Hofes in Mainz. 

Mainz, 12. November 2023: Zu Martinus-Vesper und dem anschließenden Empfang waren  rund 200 Gäste aus dem gesamten Bistum Mainz gekommen. (c) Bistum Mainz / Blum

Die erstmals veranstaltete Martinus-Vesper mit anschließendem Empfang ersetzt den bisherigen Neujahrsempfang des Bistums Mainz. Der Abend stand unter der Überschrift „Was können heute unsere Laternen sein?“ Der heilige Martin ist nicht nur Patron des Bistums Mainz und des Mainzer Domes, sondern auch Leitfigur für den Pastoralen Weg im Bistum Mainz.

Kohlgraf wies darauf hin, dass Papst Franziskus ausdrücklich betont habe, dass er eine „synodale Kirche“ wolle. Und weiter: „Bilder einer solchen Kirche finden sich bereits im Neuen Testament.“ Der Bischof räumte ein, dass die Kirche lange nicht synodal gewesen sei: „Es gab ‚die da oben‘, die Anordnungen gaben, und es gab ‚die da unten‘, die zu gehorchen hatten. Die Obrigkeit trat mit dem Anspruch auf, für alle Lebenslagen der Menschen alles wissen zu können. Das mag eine Überzeichnung sein, aber ganz falsch ist es wohl nicht.“ Aktuell sei es notwendig, zu lernen, was Synodalität bedeute, sagte Kohlgraf, nämlich „die Unterschiedlichkeit der Menschen zu achten und wertzuschätzen, sie in ihren Gaben und ihrer Verantwortlichkeit nicht als Konkurrenz, sondern als notwendige Hilfe zum Leben zu sehen“, betonte er. „Wir brauchen einander. Wenn alle alles machen wollen, geht es auch nicht. Wenn jemand Missachtung erfährt, leiden alle.“

Positiver Auftakt für den Synodalen Ausschuss

Mainz, 12. November 2023: Bischof Peter Kohlgraf im Gespräch mit Stephanie Rieth (Mitte) und Dr. Susanne Barner (rechts). (c) Bistum Mainz / Blum

Kohlgraf wies darauf hin, dass bei der am Vortag zu Ende gegangenen konstituierenden Sitzung des Synodalen Ausschusses in Essen „gegen alle Erwartung die Satzung und die Geschäftsordnung einstimmig beschlossen“ worden seien. „Das ist keine Kleinigkeit“, betonte der Bischof, daher gehe er „zuversichtlich auch in die nächsten Sitzungen“.

Bischof Kohlgraf: Synodalität geht nicht ohne unsere Räte

In seiner Ansprache hob Kohlgraf hervor, dass eine Umsetzung der Beschlüsse des Synodalen Weges „nicht ohne unsere Räte geht“. Mit Blick auf die anstehenden Pfarreigründungen im Bistum warb er für ein neues Leitungsverständnis, das im Gedanken des „Verwantwortung Teilens“ deutlich werde: „Menschen mit Verantwortung in den Pfarreien und Kirchorten sind keine Monarchen, sondern Teil eines Leibes, die ermöglichen, dass andere ihre eigene Aufgabe und Verantwortung wahrnehmen. Leitung nehmen wir so gemeinsam und kollegial wahr, im Sinne des Kirchenbildes von Apostel Paulus haben alle Beteiligten eigene Verantwortlichkeiten, Aufgaben und Rollen, die aber in einem Leib zusammenfinden.“ Im Bistum gründen sich zum 1. Januar 2024 die ersten fünf neuen Pfarreien: Offenbach, Viernheim, Lorsch-Einhausen, Langen-Egelsbach-Erzhausen und Ingelheim.

Mainz, 12. November 2023: Musikalisch gestaltet wurde der Empfang von der Sacro Pop-Band der Albertus Magnus-Schule in Viernheim unter Leitung von Martina Weis. (c) Bistum Mainz / Blum

Bischof Kohlgraf bezeichnete den heiligen Martin von Tours als „guten Begleiter, wenn wir heute versuchen, eine Kirche des Teilens in den verschiedenen Dimensionen zu gestalten“. Und weiter: „Sollten in unserer Gesellschaft rein selbstbezogene Tendenzen zunehmen, können wir als Kirche im Bistum Mainz ein lichtvolles Beispiel sein, dass gemeinsame Visionen und Glaubenshaltungen Menschen befähigen, nach gemeinsamen Lösungen zu suchen, respektvoll miteinander umzugehen, mit Achtung vor dem anderen Menschen Konflikte zu bearbeiten und: einen gemeinsamen Auftrag auch gemeinsam erfüllen zu wollen.“

Ansprache von Dr. Susanne Barner

„Leuchtende Laternen sind Menschen in den Gemeinden, die sich dort engagieren, wo sie gebraucht werden und ihren Glauben leben und weitergeben können“, sagte Dr. Susanne Barner, die Geschäftsführende Vorsitzende der Diözesanversammlung. „Sie setzen ihre Kraft für Geflüchtete ein oder Menschen am Rande der Gesellschaft und sind so Zeugen der Hoffnung, die sie selbst trägt.“ Barner benannte verschiedene positive Beispiele aus den Pastoralräumen: „Es tut gut und ermutigt, dass an vielen Stellen Laternen auf dem Weg leuchten und viele Menschen Zuversicht ausstrahlen. Das sind Lichter auf dem Weg zu mehr Synodalität, gemeinsam Verantwortung zu teilen auf dem Weg zu einer erneuerten Kirche.“ Auf Bistumsebene würdigte sie unter anderen die Einrichtung einer Frauenkommission sowie der queersensiblen Pastoral und auch die Veröffentlichung der EVV-Studie durch Rechtsanwalt Ulrich Weber. „Es ist wichtig, dass alle Hebel in Bewegung gesetzt wurden, um aufzuarbeiten und weiteres Leid zu verhindern.“

Mainz, 12. November 2023: In seiner Ansprache hob Bischof Peter Kohlgraf hervor, dass eine Umsetzung der Beschlüsse des Synodalen Weges „nicht ohne unsere Räte geht“. (c) Bistum Mainz / Blum

Die Begrüßung der rund 200 Gäste hatte die Bevollmächtigte des Generalvikars, Ordinariatsdirektorin Stephanie Rieth, übernommen. Am Ende des Empfangs lud der Mainzer Weihbischof und Generalvikar Dr. Udo Markus Bentz zu Begegnung und Gespräch ein. Musikalisch gestaltet wurde der Empfang von der Sacro Pop-Band der Albertus Magnus-Schule in Viernheim unter Leitung von Martina Weis.

Martinus-Vesper im Mainzer Dom

In seiner Predigt bei der Martinus-Vesper zum Auftakt des Abends hatte Bischof Kohlgraf den Katholiken im Bistum Mainz gedankt, die durch ihr Beispiel „Christus zum Leuchten bringen“. Wörtlich sagte er: „Wir spüren, wie wichtig heute Menschen sind, die mit Herz und Verstand das Evangelium leben und erstrahlen lassen. Menschen sind die eigentliche Ressource, auf die Christus setzt, nicht Geld und Gebäude, nicht Strukturen und feste Mauern.“ Und weiter: „Christus verlangt keine moralischen und religiösen Höchstleistungen. Er lädt ein, sein Licht anzunehmen und rechts und links weiterzugeben. Damit kann eine Lichterkette ausgelöst werden, die die Welt verändert.“

Mainz, 12. November 2023: Zu Beginn des Abends feierten die Teilnehmer gemeinsam im Mainzer Dom die Martinus-Vesper. (c) Bistum Mainz / Blum

Bei den laufenden Veränderungen im Rahmen des Pastoralen Weges gehe es im Bistum Mainz derzeit darum, „die Kirche zu gestalten, dass sie eine unserer Zeit und den Themen der Menschen angemessene Form annimmt, und sie wegweisend werden kann für die Menschen unserer Tage“, sagte Kohlgraf. Und weiter: „Derzeit ist das Bistum in einer Phase, in der wir über Geld und Gebäude diskutieren. Oft entstehen dabei Konflikte. Ich will daran erinnern: Wir reden hier über Instrumente und Hilfsmittel, nicht über den Kern der Botschaft, für die wir unterwegs sind. Erheblich wichtiger ist doch die Frage: Gibt unsere Gestalt der Kirche wirklich Orientierung? Und kann sie Menschen zu Christus führen? Die Hilfsmittel sind wichtig, aber nur indem sie helfen, Menschen Orientierung und Richtung zu geben. Wir sind derzeit in einer Phase, in der es notwendig ist, Erstrangiges von Zweitrangigem zu unterscheiden. Das kann uns nur gemeinsam gelingen, und das kann uns nur gelingen, wenn wir Christus, das Licht, in unsere Mitte holen und uns an ihm orientieren. Als Kirche haben wir einen Auftrag für die Welt, wir haben nicht den Auftrag, unsere Instrumente zu retten, sondern zu prüfen, welche Instrumente heute notwendig sind. Ich glaube: Bei allen Veränderungen unserer Tage bleiben die Laternen, die weit strahlen können. Zu ihnen gehört das Wort Gottes, das wir verkünden dürfen. Zu ihnen gehören die Sakramente, in denen uns Christus berührt, zu ihnen gehört die Gemeinschaft der Glaubenden, die bei allen menschlichen Grenzen und auch in ihrem schuldhaften Versagen von Menschen geprägt ist, die Christus zum Leuchten bringen.“ Musikalisch gestaltet wurde die Vesper von der Domkantorei St. Martin unter Leitung von Domkapellmeister Professor Karsten Storck sowie vom Mainzer Domorganisten, Professor Daniel Beckmann.