Die Konstitution „Dei verbum" des Zweiten Vatikanischen Konzils über die göttliche Offenbarung gehöre mit der Liturgiekonstitution („Sacrosanctum concilium"), der Dogmatischen Konstitution über die Kirche („Lumen gentium") und der Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute („Gaudium et spes") „zu den vier Säulen, die die insgesamt 16 Verlautbarungen des Konzils stützen und tragen", sagte Lehmann am Donnerstag, 23. Mai, bei der Eröffnung einer interdisziplinären theologischen Akademietagung im Erbacher Hof in Mainz.
Die Akademietagung, bei der bis Samstag, 25. Mai, 16 Fachreferate vorgesehen sind, stellt die Bedeutung von „Dei verbum" für die wissenschaftliche Bibelauslegung in den Mittelpunkt. Die Tagung, an der auch der Apostolische Nuntius in der Bundesrepublik Deutschland, Erzbischof Dr. Jean-Claude Périsset, teilnimmt, steht unter der Überschrift „Gottes Wort in Menschenwort - die eine Bibel als Fundament der Theologie. Interdisziplinäre Tagung zum 50-jährigen Jubiläum des Zweiten Vatikanischen Konzils". Veranstalter ist die Bistumsakademie Erbacher Hof in Zusammenarbeit mit der Katholisch-Theologischen Fakultät der Johannes Gutenberg-Universität und dem Mainzer Dominikanerkloster St. Bonifaz.
In seinem Einführungsvortrag erläuterte Kardinal Lehmann die Entstehungsgeschichte und interpretierte ausgewählte Stellen des Textes. Wörtlich sagte der Kardinal: „Der Text verbindet die Treue zur kirchlichen Überlieferung mit dem Ja zur historisch-kritischen Methode der modernen Schriftauslegung. Gewiss gibt es im Text da und dort einige missverständliche Äußerungen und weniger geglückte Formulierungen, die auch stehen geblieben sind. Dies kann aber nicht verhindern, dass sehr viele Kommentatoren ‚Dei verbum' als den vielleicht wichtigsten und besten der Konzilstexte ansehen."
Er wies darauf hin, dass „Dei verbum" schließlich „mit einem herausragend guten Abstimmungsergebnis" vom Konzil angenommen wurde. Wörtlich sagte er: „2.344 Ja-Stimmen gegen sechs Nein-Stimmen ohne Enthaltungen. Angesichts des zum Teil heftigen Streits ist es wirklich ein erstaunlicher Beleg dafür, wie fruchtbar das gemeinsame Ringen um einen einheitlichen Text war und wie sehr sich vor allem die Theologen mit vielen Bischöfen am Zustandekommen einer gemeinsamen Aussage abgemüht haben." Lehmanns Referat stand unter der Überschrift „Dei verbum - Gottes Wort - eine Botschaft des Heils für die ganze Welt. Die Offenbarungskonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils".
Erzbischof Périsset sprach zum Thema „Das unvollendete Konzil - die bleibende Bedeutung des Zweiten Vatikanischen Konzils für die Katholische Kirche". Er würdigte das Konzil als „ein Mittel, die Offenbarung besser zu verstehen, so dass die Kirche ihre Sendung zur Erlösung der Welt im Namen Jesu Christi mit Mitteln, die der jeweiligen Zeit angepasst sind, in je neuer Weise leisten und fortführen kann". Périsset erinnerte an das Prinzip „Ecclesia semper reformanda" („Die Kirche bedarf immer der Erneuerung"). Wörtlich sagte er: „Wenn man also von vor- oder nachkonziliarer Haltung, Einrichtung oder Lehre usw. spricht, sollte man darauf achten, ob wir die Kirche als etwas Lebendiges vor Augen haben, also als ‚ecclesia reformanda', die mit der Welt wächst, als ein immer vollständigeres Werk Gottes, als immer schönere Braut des Lammes, als das vollkommenste Werk des Heiligen Geistes." Diesem Zweck diene auch die Konzilskonstitution „Dei verbum", „die uns wie ein Navigator in der Kirche und durch die Kirche den Weg Gottes auf Erden zeigt".