Kardinal Lehmann ermutigte die Gläubigen in seiner Predigt - wie bereits beim Jubiläumsgottesdienst am 2. Oktober - zu Standfestigkeit im Glauben: „Wir dürfen die Flinte nicht ins Korn werfen, auch wenn menschlich aller Grund dazu besteht. Schon gar nicht dürfen wir die Hände in den Schoß legen." Es komme immer darauf an, „dass wir wissen, dass er alle Zeit bei uns ist (vgl. Mt 28,20) und dass wir auf ihn hören. Wenn wir aufmerksam bleiben und unsere Enttäuschung und Klage ihm auch im Gebet anvertrauen, wird er auch uns sagen ‚Fahr hinaus auf den See! Dort werft eure Netze zum Fang aus!' (Lk 5,4) oder wie es in der lateinischen Sprachüberlieferung heißt: Duc in altum!"
Lehmann predigte zu den Worten Jesu bei der Berufung der ersten Jünger im Lukasevangelium (Lk 5,1-11) und einer ähnlichen Stelle am Ende des Johannesevangeliums (Joh 21,1-14) bei der Erscheinung des Auferstandenen: Die Jünger hatten die ganze Nacht erfolglos auf dem See gefischt. Erst als sie auf Jesu Befehl noch einmal hinausfuhren und die Netze auswarfen, fingen sie so viele Fische, dass die Netze zu reißen drohten. Der Kardinal räumte ein, dass Menschen Vergeblichkeit erführen und immer wieder scheiterten und deswegen „manchmal auch das noch so Gute aufgeben möchten: wie zum Beispiel Hoffnung und Versöhnung, weil wir doch so schlechte Erfahrungen machen. Ist dies nicht urmenschlich? Von uns selber würden wir nichts mehr unternehmen."
Weiter sagte der Kardinal: „Aber zwischen der Trostlosigkeit und Aussichtslosigkeit des Fischens während einer ganzen Nacht und dem unglaublichen Fang am Morgen steht Jesu Wort. Ja, es ist geradezu ein Befehl: Fahr hinaus ... Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus ... Es gibt nur dieses eine Motiv, dies zu tun: ‚Auf dein Wort hin!', weil du es sagst. Purer Gehorsam. Dies kann einem den Atem stocken lassen. Auch noch so erfahrenen Fischern, die man doch nicht für dumm verkaufen kann, gelingt ein solcher Fang nur im ausschließlichen Hören auf Jesu Befehl und Rat. Kein Wunder, dass sie danach so überwältigt sind, dass sie in ihm ganz neu den Herrn ihres Lebens erkennen. Jetzt haben sie verstanden, worum es auch in ihrem Leben geht. Darum sagt Jesus stellvertretend zu Simon Petrus: ‚Fürchte dich nicht! Von jetzt an wirst du Menschen fangen.' (Lk 5,10) Dies ist ein ermutigendes Wort auch für uns, weil es in allen Situationen unseres Lebens Ermutigung und Unterstützung bringen kann."
Lehmann sagte, dass es auch in der Arbeit der Pfarrgemeinderäte und der anderen pastoralen Räte immer wieder Rückschläge geben werde. „Wer möchte nicht da und dort auch dem Herrn antworten: Wir haben die ganze Nacht gefischt und nichts gefangen. Aber da ist es eben der Berge versetzende Glaube: Auf dein Wort hin fahren wir nochmals aus, auch heute und morgen", schloss der Kardinal seine Predigt. Musikalisch gestaltet wurde die Vesper vom Mainzer Domchor und der Domkantorei St. Martin unter Leitung von Domkapellmeister Mathias Breitschaft sowie Domorganist Albert Schönberger an der Domorgel.