Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat am Donnerstag, 18. Oktober, die Missio canonica an 33 Religionslehrerinnen und -lehrer aller Schulformen aus dem Bistum Mainz verliehen. Kohlgraf überreichte die Urkunden bei einem Gottesdienst im Westchor des Mainzer Domes. Die Missio canonica ist die kirchliche Bevollmächtigung für Religionslehrer. Ohne diese Sendung darf kein Lehrer katholischen Religionsunterricht erteilen.
In seiner Predigt rief Kohlgraf dazu auf, Kinder und Jugendliche nicht in eine „religiöse Uniform“ zu packen, sondern ihnen zu einer eigenen Form des Glaubens und zu eigenen Gewissensentscheidungen sowie zu eigenem Denken und selbstverantwortetem Handeln zu verhelfen. Zudem es ein Beleg für guten Religionsunterricht, „wenn Sie Widerspruch ernten, wenn Sie die Jugendlichen und Kinder zu eigenem Denken anregen“. „Sie sollen Christus kennenlernen als den persönlichen Wegbegleiter, der die Fragen, Hoffnungen und Ängste ernst nimmt und sie nicht mit einigen hohlen religiösen Phrasen wegwischt. Bereits der Unterricht in den ganz frühen Jahren im Leben eines Kindes muss späteren kritischen Nachfragen standhalten. Wer in der Ernte Jesu arbeitet, fährt also nicht mit der riesigen Erntemaschine durchs Feld, sondern schaut sich die Pflanzen genau an, damit nichts zerstört wird“, betonte der Mainzer Bischof.
Religionslehrerinnen und -lehrer dürften dabei „durchaus selbstbewusst“ arbeiten, „denn wir haben große Themen im Angebot: Leben und Tod, Liebe und Verantwortung, Schuld und Vergebung, Leistung und Gnade, Hoffnung und Zuversicht, Frieden und Gemeinschaft“. Kohlgraf betonte: „Indem wir von Gott erzählen, geben wir den jungen Menschen etwas ganz Wichtiges mit, nämlich: Die Möglichkeit, ein Lebenshaus mit einem guten und soliden Fundament zu bauen. Wenn im Unterricht derartige Themen besprochen werden, darf unser Leben unsere Botschaft nicht Lügen strafen.“
Das Leben der Zeuginnen und Zeugen Jesu müsse mit der Botschaft des Glaubens übereinstimmen, sagte Kohlgraf: „Kinder und Jugendliche merken schnell, ob wir ,echt‘ sind. Ob die Themen, für die wir einstehen, auch unsere Lebensthemen sind. Ob wir auf dem Weg der Freundschaft mit Jesus sind, oder nicht. Ob wir eigene gläubige Positionen haben zu den Fragen des Glaubens und des Lebens, die sich aus einer persönlichen Beschäftigung und dem Gebet nähren, oder ob wir auswendig Gelerntes reproduzieren. Auch Zweifel und Fragen haben ihr Recht, wenn wir denn nicht unsere Zweifel zu denen der Jugendlichen machen.“
Glaube brauche zudem „neue Nahrung: Begleitung, Gespräch, Gottesdienst, Gebet“. „Das zum 20. Mal reproduzierte Arbeitsblatt ist der Tod eines überzeugenden Unterrichts. Nicht, weil das Blatt nicht mehr gut wäre, sondern deswegen, weil Sie sich möglicherweise keine aktuellen Gedanken mehr machen. Holen Sie sich immer wieder neue Nahrung für den Glauben und die Verkündigung, das Bistum steht Ihnen hier gerne zur Seite“, sagte der Mainzer Bischof.
Der Religionsunterricht sei der „ganz zentrale Ort“, an dem sich die Kirche auf den Straßen dieser Welt bewege, mit dem Risiko „sich zu verbeulen, wie Papst Franziskus sagt“. „Wer sich in dieses Wagnis begibt, macht die Erfahrung Jesu, dass Gottes Reich schon da ist, bevor wir kommen. Wir machen nicht den Glauben der Menschen. Wir können Jesus und seine Botschaft nur anbieten, oder besser noch, wir können den Kindern und Jugendlichen helfen, Spuren des Gottesreiches im eigenen Leben zu entdecken. Unsere Botschaft ist Frieden und Heilung. Zwar ist der Religionsunterricht kein zentraler Ort religiöser Praxis und Erfahrung, aber auch sie gehören dazu. Es beginnt bei einem heilvollen und wertschätzenden Umgang untereinander, es setzt sich fort in der Art und Weise, auf die Themen der Menschen einzugehen, ihre Werte und Sehnsüchte ernst zu nehmen.“
Seine Erfahrung sei, dass sich der eigene Glaube in der Begegnungen mit anderen verändere, sagte Kohlgraf: „Ich muss selbst auskunftsfähiger werden, sensibler für Gottes Spuren, für Unsicherheiten und Fragen, für die Tatsache, dass Gottes Reich Leben bedeutet und sich nicht in ein paar noch so gute und treffende Sätze packen lässt. Vielleicht ist die Begegnung in der Schule, das Gehen gemeinsamer Wege, schon eine Form der Verwirklichung des Gottesreiches, indem wir helfen, dass Kleine groß werden können an Wissen und Vertrauen. Die Schule kann große Spuren der Gegenwart Gottes in dieser Welt zeigen.“
Im Rahmen der Missio-Verleihung sprechen die Kandidaten zunächst gemeinsam das Apostolische Glaubensbekenntnis. Anschließend fragt der Bischof die Kandidaten: „Sind Sie bereit, die Botschaft der Kirche im Religionsunterricht zu lehren und sie im Leben zu bezeugen?“ Auf die Antwort „Wir sind dazu bereit!“ entgegnet er schließlich: „Ich sende Sie!“ Danach überreicht der Bischof den Kandidaten die Urkunde mit ihrer Missio canonica.
Die Eucharistiefeier war Abschluss einer Tagung des Dezernates Schulen und Hochschulen im Bistum Mainz mit den Religionslehrern, die von Mittwoch, 17., bis Donnerstag, 18. Oktober, im Erbacher Hof in Mainz stattfand. Die Tagung, an der auch die Dezernentin für Schulen und Hochschulen der Diözese, Ordinariatsdirektorin Dr. Gertrud Pollak, teilnahm, widmete sich verschiedenen Aspekten der Aufgaben eines Religionslehrers. Darüber hinaus bot die Tagung die Möglichkeit, die Ansprechpartner im Bischöflichen Ordinariat kennenzulernen.