Mit Martin eine Kirche des Teilens werden

Hirtenwort des Mainzer Bischofs Peter Kohlgraf zur Österlichen Bußzeit

Fastenhirtenwort (c) Bistum Mainz
Datum:
Sa. 17. Feb. 2018
Von:
tob (MBN)
Mainz. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf ruft dazu auf, „mit dem heiligen Martin eine Kirche des Teilens zu werden“ und damit einen „grundsätzlichen Haltungswechsel“ vorzunehmen. Die Geschichten über den heiligen Martin von Tours (316-397), der Patron des Bistums und des Mainzer Domes ist, zeigten „einen Menschen, dem das Evangelium in Fleisch und Blut übergegangen ist“, schreibt er in seinem ersten Hirtenwort als Mainzer Bischof zur Österlichen Bußzeit.

An seinem Leben und Wirken lasse sich ablesen, wie das kirchliche Leben auch heute dem Evangelium gemäß gestaltet werden könne. Kohlgraf hatte bereits mehrfach in den Gremien des Bistums angeregt, den heiligen Martin zur Leitfigur für den anstehenden „Pastoralen Weg des Bistums Mainz“ zur Gestaltung der Zukunftsperspektiven für die Seelsorge im Bistum Mainz zu machen. Weiter schreibt Kohlgraf: „Für unsere Zukunft stelle ich mir eine Idee von Seelsorge vor, die das Evangelium zur Grundlage nimmt und auf die Not der Zeit und der einzelnen Menschen antwortet. An erster Stelle kann dann nicht mehr die Frage stehen, wie wir Bestehendes erhalten, sondern wie wir das, was wir haben, für andere Menschen einsetzen können. Das ist ein grundsätzlicher Haltungswechsel.“ 

Das Hirtenwort wird am ersten Fastensonntag, 18. Februar, in den Gottesdiensten (sowie in den Vorabendmessen am Samstag, 17. Februar) im Bistum Mainz verlesen. Es trägt den Titel „Teilen lernen, beten lernen, demütig werden - der heilige Martin als Begleiter für das Bistum Mainz“. Erstmals ist das Hirtenwort auf der Internetseite des Bistums Mainz auch in leichter Sprache verfügbar. Außerdem sind online eine Version in Gebärdensprache und ein Video verfügbar, in dem Bischof Kohlgraf Auszüge seines Hirtenwortes vorstellt.  

Wörtlich heißt es weiter: „Kirche ist kein Selbstzweck, sie ist berufen, den Weg Christi zu den Menschen zu gehen. Eine solche Haltung wird zwangsläufig konkret, auch wenn es um die Frage geht, wie wir unser Geld gestalterisch und verantwortungsvoll verwenden können. Es geht nicht um Selbsterhalt, sondern letztlich um selbstlosen Dienst. Können wir es akzeptieren, dass andere in der Kirche für ihre Anliegen und Projekte finanzielle Mittel bekommen, die uns selbst vielleicht beschnitten werden? Der Haltungswechsel muss sich auch darin zeigen, dass karitatives Handeln nicht allein Sache von Spezialisten unserer Caritas ist, sondern Auftrag jedes und jeder Getauften.“ Kohlgraf dankt den vielen Menschen, die sich in der Kirche engagieren, für ihr „Zeugnis des gelebten Evangeliums“.

Martin teilt nicht nur materiell

Martin teilt e jedoch nicht nur materiell, betont Kohlgraf:  „Er teilt seine Zeit, sein Leben, seine Aufmerksamkeit. Und er teilt seinen Glauben. Neben den vielen diakonischen Feldern müssen wir eine neue Freude und Begeisterung für das Teilen des Glaubens entwickeln.“ Und weiter: „Wir müssen uns der Tatsache stellen, dass der christliche Glaube nicht mehr selbstverständlich von Generation zu Generation weitergegeben wird. Umso dankbarer bin ich allen Müttern und Vätern, die sich bemühen, dass in ihrer Familie der Glaube zur Sprache kommt. Wir werden aber mehr und mehr eine Katechese entwickeln müssen, die nicht nur Kinder und Jugendliche im Blick hat. Auch das erfordert ein erhebliches Umdenken. Glauben weiterzugeben darf auch nicht nur ein Thema Hauptamtlicher sein, sondern jedes und jeder Getauften, denen der Glaube an Gott wichtig ist. Eine Kirche, die den Glauben nicht in die Öffentlichkeit bringt, verrät ihren Auftrag.“

Der Bischof macht deutlich, dass „die Liturgie und das persönliche Beten eine unverzichtbare Quelle“ für den heiligen Martin sind: „Bei Martin stehen Liturgie und Gebet nicht isoliert neben anderen Tätigkeiten, sondern sie sind Antrieb für die Mission und seine Zuwendung zur Welt. Ich stelle mir vor, dass er das, was er in der Welt und bei den Begegnungen erlebt hat, dann wieder in die Liturgie und in das Gebet mitgenommen hat. Martin steht nicht für eine Frömmigkeit eines Rückzugs in eine fromme, heile Welt. Er ermutigt uns heute, nach einer Frömmigkeit zu suchen, die sich in der Welt bewährt, die auch intellektuell reflektiert auskunftsfähig bleibt.“ Weiter schreibt er: „Was die politische Dimension kirchlichen Lehrens und Handelns angeht, werden wir uns nicht in das stille Kämmerlein verbannen lassen.“

Mit Martin eine demütige Kirche werden

Martin ermutige außerdem zur kirchlichen Selbstkritik und Selbstbescheidung, betont Kohlgraf: „Wir reden in der Kirche und in manchen Debatten zu viel über Macht. Wir werden auch in der Kirche anerkennen müssen, dass wir an pastoraler Macht über Menschen und vielleicht auch an politischem Einfluss verlieren. Ich finde das nicht schlimm. Ein Beispiel mag dies belegen. Die teilweise heftigen Diskussionen um Aussagen des Papstes über Ehe, Familie und den Umgang mit Menschen in verwundeten Situationen zeigen, dass wir uns nicht leicht damit tun. Das heißt ja nicht, dass wir nicht den Anspruch der Kirche und unsere Ideale vertreten müssten. Der einzige Weg jedoch, sie zu vermitteln, besteht heute darin, mit Argumenten zu überzeugen und die Gewissen bilden zu helfen; und er besteht darin, Menschen in den unterschiedlichen Situationen Unterstützung und Begleitung anzubieten, die ihrer Situation und dem Evangelium gleichermaßen gerecht werden.“

Hinweis: Der Wortlaut des Fastenhirtenwortes von Bischof Kohlgraf ist im Internet verfügbar unter bischof.bistummainz.de