Mit der queeren Community vernetzt

Pastoralreferentin Christine Schardt und Pfarrer Mathias Berger sind die Beauftragten für queersensible Pastoral im Bistum Mainz (c) Bistum Mainz/Schardt
Datum:
Di. 1. Okt. 2024
Von:
hoff (MBN)

Vor zwei Jahren wurden Pastoralreferentin Christine Schardt und Pfarrer Mathias Berger vom Mainzer Bischof Peter Kohlgraf in einer liturgischen Feier zu Beauftragten für queersensible Pastoral im Bistum Mainz ernannt. „Es war damals ein Wunsch aus der queeren Community, dass das Bistum ein sichtbares Zeichen setzt. Beim anschließenden Empfang im Erbacher Hof wurde deutlich, dass die Gemeinschaft den Weg von vornherein mitgeht, damit Veränderung passiert“, erinnert sich Berger. „Diese Veränderung haben sie auch von Anfang an mitgestaltet“, bestätigt Schardt.

Die Vorarbeit für die Etablierung der queersensiblen Pastoral im Bistum Mainz reicht noch länger zurück. Im November 2020 fand ein Fachgespräch in der Bistumsakademie Erbacher Hof in Mainz statt. Es wurden Kontakte geknüpft mit Queernet Rheinland-Pfalz, dem Netzwerk katholischer Lesben und Bischof Kohlgraf. Damals regte Bischof Kohlgraf an, zwei Beauftragte zu ernennen. Pfarrer Berger arbeitete damals in der Jugendseelsorge. „Dort war das Thema präsent und selbstverständlicher Teil meiner Arbeit“, sagt er. Bei Pastoralreferentin Schardt gab es den Anknüpfungspunkt, da sie in der Katholischen Hochschulgemeinde arbeitet. „Ich wollte einen Raum schaffen für Menschen, in dem sie sein können, wie sie sind. Das ist in unserer Gesellschaft leider noch nicht überall möglich“, sagt sie zu ihrer Motivation.

 

Heute arbeiten die beiden Beauftragten in vier Bereichen: Ein wichtiger Baustein ist das Thema Bildung. „Wir wollen als Kirche in den gesellschaftlichen Diskurs über queere Themen einsteigen, zum Beispiel mit entsprechenden Veranstaltungsreihen “, sagt Berger. Der zweite Baustein ist die Seelsorge. „Hier ist es unser Ziel, das Netzwerk im Bistum auszubauen und den kollegialen Austausch zu fördern“ sagt Schardt. Dabei geht es auch um Segensfeiern für Paare. Es soll künftig auch Kontaktpersonen in den Regionen geben, die mit den Communities vor Ort zusammenarbeiten. Der dritte Baustein ist die ökumenische Zusammenarbeit, etwa bei gemeinsamen Bildungsveranstaltungen und vier bis fünf „Regenbogen-Gottesdiensten“ pro Jahr. Auch die interreligiöse Zusammenarbeit spielt dabei eine Rolle, zum Beispiel in Angeboten für queere Geflüchtete. Auf diese Weise entsteht ein Netzwerk mit vielen Knotenpunkten. Der vierte Baustein ist die Arbeit ins Bistum hinein, erklären die beiden. Dazu finden regelmäßig Gespräche mit Bischof Kohlgraf statt, sowie mit weiteren Personen in der Bistumsleitung. Derzeit arbeiten die beiden an Modulen für die pastorale Ausbildung und für Führungskräfte. Dabei geht es zum Beispiel um Grundlagenwissen zu queeren Lebensrealitäten. „Wir wollen auch für gendergerechte Sprache sensibilisieren, z.B. in Bewerbungsgesprächen“ gibt Berger einen Einblick in die Themen.

 

Bildung gegen Gewalt und Desinformation

„Wir erleben heute, dass die Gewalt gegen queere Menschen zunimmt“, sagt Schardt. „Darüber hinaus kommt es leider auch zu vielen Verletzungen in Gemeinschaften, die denken, sie wären eigentlich offen“, sagt die Pastoralreferentin. „Das passiert oft in Zusammenhängen, in denen mit besten Absichten, aber heteronormativ gedacht wird“, sagt Berger. Deshalb sei queersensible Bildung so wichtig. Die beiden erleben auch Gegenwehr. „Manche Menschen fragen, ob es nicht langsam genug sei mit diesen Themen“, nennt Berger ein Beispiel. „Manche reagieren gereizt, denn es bringt ihr Ordnungssystem durcheinander, wenn patriarchale Machtstrukturen hinterfragt werden“, ergänzt Schardt.

 

Essentiell ist für die beiden, Netzwerke mit anderen zu bilden. So zum Beispiel mit dem Bistum Limburg und dem Theologisch Pastoralen Institut der Bistümer Fulda, Limburg, Mainz und Trier bei Qualifizierungsangeboten. Bundesweit arbeiten die beiden mit im Netzwerk der inzwischen 21 Diözesanbeauftragten der Diözesen. Auf politischer Ebene sind es Runde Tische, Foren und AGs in Mainz und Umgebung.

 

Ihr Ziel ist es, die Haltung gegenüber queeren Menschen positiv zu beeinflussen. „Gerade ist der Moment, der ‚kairos‘ so, dass man viel in der Kirche bewegen kann – und es auch muss!“, betont Pfarrer Berger. Trotz queerfeindlicher Tendenzen in der Gesellschaft gebe es in Deutschland zumindest keine Gesetze, die das Leben der Menschen bedrohen. „Deshalb ist es wichtig, dass wir uns engagieren, und damit auch ein Signal in andere Länder senden“, sagt Berger. „Es passiert sehr viel Positives, zum Beispiel im Einsatz für queere Geflüchtete, oder im Engagement unserer Freund*innen in der Ökumene und in den queeren Zusammenschlüssen, die auch international vernetzt sind“ sagt Pastoralreferentin Schardt. Diese Beispiele geben den beiden auch in Zeiten des Rechtsrucks Hoffnung und Motivation für ihre Arbeit.

 

Queere Woche im Bistum Mainz

Von Sonntag, 6. Oktober, bis Donnerstag, 10. Oktober, findet in der Bistumsakademie Erbacher Hof in Mainz die „Queere Woche“ statt. Am Sonntagabend, 6. Oktober, beginnt die Woche mit einem Queersensiblen Abendimpuls mit dem Titel „G*tt ist parteiisch!“ um 17.00 Uhr in der Kirche der Evangelischen Studierenden-Gemeinde Mainz (ESG). Am Donnerstag, 8. Oktober, folgt ein Vortrag zum Thema „Geschlechtliche Vielfalt und Schöpfung“ um 19.00 Uhr im Erbacher Hof in Mainz. Am Mittwoch, 9. Oktober lädt die Katholische Hochschulgemeinde (KHG) Mainz um 19.00 Uhr zu Film und Gespräch zum Thema „Nie war ein Schatten – Wunderbar und Trans“. Am Donnerstag, 10. Oktober, endet die Veranstaltungsreihe mit einem „Even-Talk“ um 19.00 Uhr in der „Bar jeder Sicht“ in Mainz zum Thema „Gibt es Geschlecht - und wenn ja wie viele? Streiten für eine Kultur der Pluralität“.

 

Hinweise:

  • Weitere Informationen und Anmeldung zur Queeren Woche unter www.ebh-mainz.de
  • Weitere Informationen zur queersensiblen Pastoral im Internet unter bistummainz.de/seelsorge/queersensible-pastoral
  • Ansprechpersonen für queersensible Pastoral im Bistum Mainz: Pastoralreferentin Christine Schardt, Telefon 0176/12539028, E-Mail: christine.schardt@bistum-mainz.de, Pfarrer Mathias Berger, Telefon 0176/12539030, E-Mail: mathias.berger@bistum-mainz.de, allgemeine Anfragen an E-Mail: queersensible.pastoral@bistum-mainz.de

Queersensible Pastoral im Bistum Mainz