Nächstenliebe ist „unaufgebbares ethisch-religiöses Erbe“

Vorabend zum „Tag der Arbeit“ unter dem Motto „Integration durch Arbeit“

Altmaier Vorabend Tag der Arbeit 2016 (c) Bistum Mainz / Matschak
Datum:
Sa. 30. Apr. 2016
Von:
am (MBN)
Mainz. Der Bischof von Mainz, Kardinal Karl Lehmann, hat auf die große Bedeutung des christlichen Gebots der Fremden- und Nächstenliebe hingewiesen.
Peter Altmaier und Kardinal Lehmann (c) Bistum Mainz / Matschak

Dieses Gebot sei eine „unübersehbare Wende in der Kulturgeschichte“ und ein „wesentlicher Grund, warum alle Anhänger der biblischen Religion, zumal das Christentum, vor einem unaufgebbaren ethisch-religiösen Erbe stehen, das man ohne Selbstzerstörung nicht preisgeben darf“. Mit diesem Gebot „ist uns aus der Tiefe unseres Glaubens eine Vorgabe gegeben, an die wir uns auch heute noch halten wollen“, betonte der Kardinal. Lehmann äußerte sich in seiner Predigt in einem Gottesdienst am Samstagabend, 30. April, im Mainzer Dom. Der Gottesdienst war Auftakt zum traditionellen Empfang am Vorabend des 1. Mai – „Tag der Arbeit“. Der Empfang stand in diesem Jahr unter der Überschrift „Integration durch Arbeit – Teilhabe für alle!“.

Konzelebranten des Gottesdienstes waren Pfarrer Dr. Friedrich Franz Röper, Mainz, Präses der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB), Dekan Hans-Joachim Wahl, Präses des Kolpingwerkes Diözesanverband Mainz, Dekan Dieter Bockholt, KAB-Bezirkspräses, und Pfarrer Harald Christian Röper, Ehren-Präses von Kolping im Bistum Mainz. Die musikalische Gestaltung des Gottesdienstes hatten Daniel Beckmann an der Orgel und die Kirchenchöre St. Cäcilia Mainz-Hechtsheim und Ockenheim unter Leitung von Kay Freudenreich übernommen. Veranstalter des Abends waren das Referat Berufs- und Arbeitswelt im Bistum Mainz, die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung und das Kolpingwerk.

Vortrag von Kanzleramtsminister Peter Altmaier

Gast beim anschließenden Empfang im Erbacher Hof war Peter Altmaier, Chef des Bundeskanzleramtes und Bundesminister für besondere Aufgaben. In seinem Vortrag betonte er, dass es wichtig sei, dass geflüchtete Menschen schnell in Arbeit kommen. Dies fördere die Integration, da die Flüchtlinge so Kontakt zu den Menschen in Deutschland bekämen. Allerdings müssten die geflüchteten Menschen „behutsam“ an die entsprechenden Berufsqualifikationen – beispielsweise durch Praktika – herangeführt werden, um das hohe Arbeitstempo in Deutschland kennenzulernen. Auch berufsbezogene Sprachkurse seien wichtig. Er sei immer wieder erstaunt, wie „sorgfältig manche Flüchtlinge unsere Sprache gelernt haben“. Altmaier zeigte sich davon überzeugt, dass die Integration der Flüchtlinge „eine große Erfolgsgeschichte für unser Land“ werden könne. „Wenn wir die Weichen richtig stellen und die Integration gelingt, dann wird unsere Land einmal besser dastehen“, sagte er.

Altmaier verteidigte auch die Entscheidung der Bundesregierung im August/September 2015, die deutschen Grenzen für die Flüchtlinge zu öffnen. Damals habe sich eine „humanitäre Katastrophe allererster Güte“ angebahnt. „Diese Entscheidung halte ich heute noch für richtig“, sagte Altmaier. Die Entscheidung sei aus „europäisch-christlicher Überzeugung“ getroffen worden. Und weiter: „Wenn Deutschland mit seiner wirtschaftlichen Kraft gesagt hätte: ,Wir schaffen das nicht‘, wer hätte es denn schaffen können?“, fragte er und wies darauf hin, dass die Türkei drei Millionen, der Libanon und Jordanien jeweils eine Million Flüchtlinge aufgenommen haben. Dem Vortrag Altmaiers schloss sich ein Gespräch mit den Gästen des Abends an, das von Klaus Pradella vom Hessischen Rundfunk moderiert wurde.

Zu Beginn hatte Hans-Peter Greiner, neuer Diözesanvorsitzender der KAB im Bistum Mainz, die rund 300 Gäste im Ketteler-Saal des Erbacher Hofes begrüßt. In seinem Grußwort ging er auf das Leitwort des Abends ein: „Integration durch Arbeit – Teilhabe für alle“. Dies sei „für uns in der Diözese Mainz nicht neu, darf es doch als zentrales Anliegen der mittlerweile fast 30-jährigen Sorge um das Schicksal arbeitsloser Menschen gelten – darin immer von unserem Bischof unterstützt“, sagte Greiner. „Integration“ sei aktuell die zentrale Forderung in der Flüchtlingsdebatte, auch „Integration durch Arbeit“. „Unser Verständnis von Arbeit beinhaltet, dass der arbeitende Mensch – ob er oder sie nun schon lange hier ansässig oder neu zugewandert ist - im Mittelpunkt allen Wirtschaftens zu stehen hat. Und dass er oder sie gerade durch seine oder ihre Arbeit die Chance erhält, den eigenen Lebensunterhalt und den der Familie zu bestreiten, sich als Mensch zu entfalten, und diese Gesellschaft durch seinen Beitrag in jeder Hinsicht zu bereichern“, betonte Greiner.

Kardinal verlieh Preis der „Pfarrer Röper-Stiftung“

Für besonderes Engagement im Bereich der Ausbildung verlieh Kardinal Lehmann nach dem Gottesdienst im Mainzer Dom den Preis der „Pfarrer Röper-Stiftung“. Ausgezeichnet wurde die Firma Friedrich Kohler GmbH aus Offenbach, deren Inhaber, Thomas Isser, Maler- und Lackierermeister, den Preis entgegen nahm. In seiner Laudatio wies Lehmann darauf hin, dass das Unternehmen, das in diesem Jahr sein neunzigstes Firmenjubiläum feiert, insgesamt über 150 Lehrlinge ausgebildet habe. „Das Credo der Ausbildung lag schon immer darauf, auch lernschwachen und Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die beispielsweise noch nicht so gut Deutsch sprechen, eine Chance zu bieten“, betonte der Kardinal.

Lehmann würdigte Isser als einen „engagierten Handwerker und Mitgestalter des Gemeinwesens“. So versuche Isser, der auch Vorsitzender der Kolpingsfamilie Offenbach-Zentral ist, schwächere Schulabgänger an andere Kollegen zu vermitteln. Die Preise der „Pfarrer Röper-Stiftung“ werden seit 2003 bei der Begegnung zum „Tag der Arbeit“ verliehen. Die Preisträger, die sich besonders für die Ausbildung von benachteiligten Jugendlichen einsetzen, werden mit einer vom Mainzer Bildhauer Karlheinz Oswald gestalteten kleinen „Caritas“-Bronzefigur geehrt.

Emofang EBH Vorabend Tag der Arbeit 2016 (c) Bistum Mainz / Matschak