„Religion als prägende Kraft der Gesellschaft stärken“

Konzept der Marienschule zur Aufnahme von jüdischen und muslimischen Schülerinnen

MARIENSCHULE--OFFENBACH (c) Marienschule Offenbach (Ersteller: Marienschule Offenbach)
Datum:
Fr. 9. Okt. 2015
Von:
tob (MBN)
Offenbach. Als erste katholische weiterführende Schule in Deutschland nimmt die Marienschule in Offenbach künftig auch eine begrenzte Anzahl jüdischer und muslimischer Mädchen auf.

Dazu hat die Schulgemeinschaft in intensivem Dialog ein Konzept erarbeitet mit dem Ziel einer „Profilschärfung durch Öffnung". Im laufenden Schuljahr 2015/2016 sind zunächst vier muslimische Mädchen in der fünften Klassenstufe an die Schule gekommen. Die Marienschule ist eine kooperative Gesamtschule für Mädchen in Trägerschaft des Bistums Mainz, die aktuell von rund 900 Schülerinnen besucht wird; davon sind rund ein Drittel evangelisch und zwei Drittel katholisch.

Wie die Dezernentin für Schulen und Hochschulen im Bistum Mainz, Ordinariatsdirektorin Dr. Gertrud Pollak, am Freitag, 9. Oktober, bei einem Pressegespräch betonte, ist die Marienschule mit dieser Öffnung für Schülerinnen der beiden anderen monotheistischen Religionen die erste weiterführende Katholische Schule in Deutschland, „die die Aufnahme von Schülerinnen anderer Religionen sowie den Dialog mit dem Judentum und dem Islam ausdrücklich in ihrem Schulprofil verankert". Gleichzeitig hob Pollak hervor: „Das bedeutet aber nicht, dass die Marienschule das eigene christliche Profil aufgibt. Vielmehr wird es darum gehen, im alltäglichen Miteinander von christlichen, jüdischen und muslimischen Schülerinnen die religiöse Identität der anderen kennenzulernen und zu achten. Auf diese Weise sollen die Schülerinnen ihre eigene religiöse Identität bewahren, stärken und vertiefen."

Pollak: Wertschätzendes Miteinander bei Wahrung der eigenen religiösen Identität

Es gehe bei der Öffnung „in erster Linie um die Schärfung des Schulprofils", betont Pollak: „Wir wollen zeigen, dass Religion eine wesentliche und prägende Kraft in unserer Gesellschaft ist, die wir mit der Öffnung der Schule stärken wollen. Es soll deutlich werden, dass ein wertschätzendes Miteinander verschiedener Kulturen und Religionen bei Wahrung der eigenen religiösen Identität gelingen kann."

„Seit 2013 arbeiten Lehrkräfte, Schülerinnen und Eltern kontinuierlichen an diesem Konzept", betonte die Leiterin der Marienschule, Oberstudiendirektorin Marie Luise Trocholepczy. Wörtlich sagte sie: „Bei uns im Haus ist die Erkenntnis gewachsen, dass dies ein Weg für die Marienschule sein kann, der vielleicht zukunftsweisenden Charakter auch über unsere Schule hinaus haben kann."

Da der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund in Stadt und Landkreis Offenbach bei über 55 Prozent liege sei eine Öffnung der Marienschule „in vielerlei Hinsicht nahe liegend", sagte Trocholepczy. Im Schulalltag werde sich die Öffnung unter anderem in eigenen Gebetsräumen für die nichtchristlichen Schülerinnen zeigen sowie durch Berücksichtigung von religiösen Speisevorschriften in der Mensa. Beim täglichen gemeinsamen Morgengebet werden die nichtchristlichen Schülerinnen anwesend sein, aber nicht mitbeten. Trocholepczy wies darauf hin, dass die Öffnung in diesem Jahr in der fünften Klasse beginnt und es keine Aufnahme in den höheren Klassen gibt. Längerfristig sei an maximal fünf jüdische und muslimische Schülerinnen pro Klasse gedacht. Nach fünf Jahren werde das neue Konzept evaluiert, sagte Trocholepczy.

Podiumsdiskussion mit Kardinal Lehmann

Der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, wird am Mittwoch, 14. Oktober, Uhr an einer internen, aber presseöffentlichen Podiumsdiskussion zur Aufnahme jüdischer und muslimischer Schülerinnen an der Marienschule teilnehmen. Weitere Gesprächspartner sind Mark Dainow, Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, und Ömer Özsoy, Professor für Koranexegese an der Goethe-Universität in Frankfurt. Die Moderation übernimmt Uta Rasche, Redakteurin der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.