„Sie ist eine Größe gewesen in ihrer Zeit“

Martinus-Bibliothek zeigt Ausstellung über Ida Hahn-Hahn

GRIEPHAN--GRUBER--HINKEL--ZADE (c) Bistum Mainz / Blum (Ersteller: Bistum Mainz / Blum)
Datum:
Fr. 28. Okt. 2011
Von:
tob (MBN)
Mainz. Leben und Werk der Mainzer Schriftstellerin Ida Gräfin Hahn-Hahn (1805-1880) stehen im Mittelpunkt einer Kabinettausstellung in der Mainzer Martinus-Bibliothek. Unter der Überschrift „Von Babylon nach Jerusalem. Die Schriftstellerin Ida Hahn-Hahn“ wird die Ausstellung - bei freiem Eintritt - bis 17. Februar 2012 in den Räumen der wissenschaftlichen Bibliothek des Bistums Mainz gezeigt.

Der Mainzer Bischof, Wilhelm Emmanuel von Ketteler (1811-1877), hatte entscheidend zu Ida Hahn-Hahns Konversion zum Katholizismus im Jahr 1850 in Berlin beigetragen. Sie war daraufhin Ketteler als ihrem geistlichen Mentor nach Mainz gefolgt, wo sie auch 1880 starb und auf dem Hauptfriedhof beerdigt wurde. Deshalb versteht die Martinus-Bibliothek die Ausstellung als Beitrag zur Würdigung des 200. Geburtstages (25. Dezember) von Bischof Ketteler in diesem Jahr. Das betonte der Direktor der Martinus-Bibliothek, Dr. Helmut Hinkel, bei der Präsentation der Ausstellung vor Journalisten am Freitag, 28. Oktober.

„Sie ist eine Größe gewesen in ihrer Zeit", sagte Hinkel über die Autorin, die mit einem Gesamtwerk von mehr als 60 Bänden eine der meistgelesenen Autorinnen des 19. Jahrhunderts war. Nach ihrer Konversion schrieb sie vorwiegend katholische Bekehrungsromane, sagte Hinkel. Über ihre Konversion zum Katholizismus verfasste sie das Buch „Von Jerusalem nach Babylon", dem die Ausstellung ihren Titel verdankt. Darüber hinaus finden sich in ihrem Werk auch Lyrik, Autobiographisches, Reiseberichte und religiöse Schriften. Im Jahr 1853 gründete sie in Mainz das Kloster „Vom guten Hirten", das in der Nähe der Kirche St. Stephan lag, wo sie bis zu ihrem Tod lebte, ohne selbst Mitglied des Ordens zu sein. Gezeigt werden in der Ausstellung neben Bildern, Briefen und Werken von Hahn-Hahn auch ein goldenes Votivherz, das sie für das Marien-Gnadenbild der Anfang des 19. Jahrhunderts abgebrochenen Mainzer Liebfrauenkirche hat anfertigen lassen und eine Monstranz, die sie anlässlich der Klostergründung herstellen ließ.

Hinkel kündigte an, ihren Briefwechsel mit Christoph Moufang, der das Bistum Mainz nach Kettelers Tod als Diözesanadministrator führte, in nächster Zeit als Buch herauszugeben. Die 54 Briefe, in denen sie auch vom Ersten Vatikanischen Konzil berichtet, befinden sich im Mainzer Dom- und Diözesanarchiv. Darüber hinaus plane er weitere Ausstellungen über bedeutende Frauen aus der Bistumsgeschichte unter dem Arbeitstitel „Frauen um Ketteler". Hinkel dankte Dr. Sabine Gruber und ihrem Mann Ralph Zade, „die sich um die Ausstellung sehr verdient gemacht haben".

Gruber, Literaturwissenschaftlerin an der Universität Erfurt, wies auf die Zweiteilung von Hahn-Hahns Werk hin. Vor ihrer Konversion habe sie sehr populäre und im Rahmen der damaligen Zeit durchaus emanzipatorische Romane veröffentlicht. So habe sie etwa die freie Liebe jenseits von Ehe und Familie vertreten und unverheiratet mit einem Mann zusammengelebt. Die rund 20 Bücher aus dieser Zeit hätten sich damals sehr gut verkauft, sagte Gruber. Allerdings habe sie sich nach dem Tod ihres Lebensgefährten (1849) von ihrem Frühwerk abgewandt. Zwar sei auch die Wirkung ihrer katholischen Romane groß gewesen, allerdings beschränkt auf ein katholisches Publikum. Ralph Zade erklärte, dass die „Ida-von-Hahn-Straße", die es in Mainz seit dem Jahr 2010 gibt, „gut gemeint, aber schlecht gemacht ist, da sie unter diesem Namen nicht bekannt ist".

Hans-Joachim Griephan vom Fritz Reuter-Literaturarchiv Berlin, wo die meisten Hahn-Hahn-Archivalien aufbewahrt werden, wies darauf hin, dass damals das öffentliche Interesse an Hahn-Hahn sehr groß gewesen sei. „Die Zeitungen haben berichtet, wo sie war und was sie gemacht hat, so wie heute Gesellschaftsberichte auf den letzten Seiten der Zeitungen stehen." Im Fritz Reuter-Literaturarchiv befindet sich mit 730 Autographen der größte in einem Archiv zugängliche Bestand mit Briefen von Hahn-Hahn, darunter zehn Briefe von Bischof Ketteler aus den Jahren 1850 bis 1873. Griephan hatte vor einigen Jahren den 3.500 Seiten umfassenden Bestand aus Familienbesitz bei einer Versteigerung erworben.

Vernissage und Publikation zur Ausstellung

Die Vernissage zur Ausstellung findet am Freitag, 28. Oktober, um 18.15 Uhr in der Mainzer Martinus-Bibliothek statt. Nach der Begrüßung durch Bibliotheksdirektor Dr. Helmut Hinkel wird die Erfurter Literaturwissenschaftlerin Dr. Sabine Gruber den Einführungsvortrag halten. Gruber hat die Ausstellung zusammen mit ihrem Mann, Ralph Zade, und Dr. Hinkel gestaltet.

Zur Ausstellung ist bereits in der Reihe der Mainzer Perspektiven ein Buch erscheinen. „Von Babylon nach Jerusalem. Die Schriftstellerin Ida Hahn-Hahn (1805-1880)" heißt der Band, in dem Sabine Gruber und Ralph Zade den literarischen Werdegang Hahns nachzeichnen und nach ihrer heutigen Bedeutung fragen. Herausgeberin in der Reihe „Mainzer Perspektiven: Aus der Geschichte" ist Dr. Barbara Nichtweiß, Leiterin der Abteilung Publikationen im Bischöflichen Ordinariat.

Hinweise:

  • Martinus-Bibliothek - Wissenschaftliche Diözesanbibliothek Mainz - Grebenstraße 8 (Eingang), Augustinerstraße 34 (Post), 55116 Mainz, Tel.: 06131/266-222, Fax: 06131/266-387, E-Mail: martinus.bibliothek@bistum-mainz.de, Internet: www.bistum-mainz.de/martinus-bibliothek - Öffnungszeiten: montags bis freitags von 9.00 bis 12.30 Uhr und von 13.30 bis 18.00 Uhr
  • Sabine Gruber/Ralph Zade: Von Babylon nach Jerusalem. Die Schriftstellerin Ida Hahn-Hahn (1805-1880). (Band 6 der Reihe „Mainzer Perspektiven: Aus der Geschichte", hg. von Barbara Nichtweiß). Publikationen Bistum Mainz 2011. 48 Seiten, 3 Euro. ISBN 978-3-934450-52-0.