„So barmherzig werden wie Gott“

Bischof Peter Kohlgraf bei seiner Predigt anlässlich des Weltfriedenstages 2024 in Frankfurt, Nieder Eschbach (c) Bistum Mainz/Hoffmann
Datum:
So. 21. Jan. 2024
Von:
hoff (MBN)

Frankfurt. „Künstliche Intelligenz und Frieden“ lautet das Motto des diesjährigen Weltfriedenstages der Internationalen Katholischen Friedensbewegung „pax christi“. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat zu diesem Anlass am Sonntag, 21. Januar, gemeinsam mit pax christi Rhein Main in der Kirche St. Stephanus im Frankfurter Stadtteil Nieder Eschbach einen Gottesdienst gefeiert. In seiner Predigt nahm der Bischof, der auch Präsident der deutschen Sektion von pax christi ist, nicht nur Bezug zu Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf Kriege, sondern stellte auch eine Verbindung zur aktuellen Debatte um „Re-Migration“ her.

Gruppenfoto nach dem Gottesdienst zum Weltfriedenstag in Frankfurt, Nieder Eschbach (c) Bistum Mainz/Hoffmann

Zur Begrüßung betonte Bischof Kohlgraf, künstliche Intelligenz entbinde die Menschen nicht von ihrer ethischen und moralischen Verantwortung. Es gelte, einen kritischen Blick auf künstliche Intelligenz zu wahren: „Ein eigener Wertehorizont ist nach wie vor notwendig“, betonte er. Im Hinblick auf die in diesem Jahr anstehenden Wahlen in mehreren Bundesländern sagte Kohlgraf: „Ich bin auch ein Freund natürlicher Intelligenz. Und ich hoffe, dass die Menschen diese natürliche Intelligenz nutzen, wenn sie ihre Wahlentscheidung treffen.“

 

In seiner Predigt sagte Bischof Kohlgraf: „Kriege haben immer entmenschlicht, und sie tun es bis heute.“ Und weiter: „Die Forschung im Bereich neuer Technologien für die so genannten ‚tödlichen autonomen Waffensysteme‘, einschließlich des Einsatzes von künstlicher Intelligenz im Krieg, ist ein ernster Grund für ethische Bedenken. Autonome Waffensysteme werden niemals moralisch verantwortliche Subjekte sein können“, betonte er. Menschen meinten möglicherweise, immer weniger Verantwortung übernehmen zu müssen, sagte er. Auch der Feind werde entmenschlicht. Kohlgraf wörtlich: „Ähnliche Tendenzen und Töne höre ich, wenn wir kalte Überlegungen zur Remigration vernehmen. Für Christen ist das Menschenrecht eines jeden und jeder Einzelnen das entscheidende Kriterium. Menschenrechte sind kein abstraktes Gut, sondern erweisen ihre Gültigkeit an der Haltung gegenüber jedem einzelnen Menschen.“

Kohlgraf stellte einen Bezug zum biblischen Buch Jona her: „Dieses Buch lädt ein, eine Haltung gegenüber anderen Menschen einzunehmen, die als Feinde gelten, die fremd sind, die wir nicht verstehen, die anders sind. Damit beginnt der Frieden: Menschen als Menschen mit Würde und Rechten zu sehen.“ Der Prophet Jona erhält den Auftrag, nach Ninive, der Stadt der Ungläubigen und Feinde Israels, zu gehen und die Menschen zur Umkehr aufzurufen. Er läuft weg vor Gott. Der Seesturm verhindert seine Flucht, er landet im Bauch des Fisches und muss am Ende doch seinen Auftrag erfüllen, fasste Kohlgraf die biblische Geschichte zusammen. „Man spürt fast ein bisschen den Humor Gottes durch“, bemerkte Kohlgraf. Jona klagt Gott an, weil er die Menschen von Ninive verschont. Kohlgraf: „Gott liebt unsere Feinde und will, dass diese ebenso gerettet werden wie wir. Das ist für manche religiöse und nationale Ohren eine schier unerträgliche Aussage.“ Schon in diesem Buch, das 2500 Jahre alt sei, werde festgehalten: „Gott ist ein Gott aller Menschen und für alle Menschen“, sagte Kohlgraf. „Die Haltungsänderung gegenüber jedem Menschen beginnt aber im eigenen Leben. Gönne ich dem Anderen das Gute, auch meinem Feind?“, fragte Kohlgraf. Gott will Jona in der Geschichte lehren, „selbst so barmherzig wie Gott zu werden. Selbst so großzügig und liebevoll.“ Und schließlich betont Kohlgraf: „Das Buch Jona, das oft als Kinderbuch herhalten muss, hat eine starke und provozierende Botschaft. Es sieht in jedem Menschen den Schöpfer.“

Diskussion über Künstliche Intelligenz

Diskussionsrunde zum Thema

Nach dem Gottesdienst lud die Pax Christi Gruppe Rhein-Main zu einem Expertengespräch mit anschließender Diskussionsrunde mit Daniel Andrés López und Bischof Kohlgraf zum Thema Künstliche Intelligenz und Frieden ein. Andrés gehört zur Pfarrei Sankt Margareta in Frankfurt ein. Er hat Informatik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz studiert und beschäftigt sich im Rahmen seiner Promotion mit der automatischen Bildverarbeitung von Wärmebildern von Menschen beim Sport und in der Medizin.

 

Hinweise:

  • Predigt Bischof Kohlgraf zum Weltfriedenstag im Wortlaut: https://kurzelinks.de/qnsu
  • Pax Christi Rhein Main, Regionalverband Limburg-Mainz https://pax-christi.de/