Die Bevollmächtigte des Generalvikars, Ordinariatsdirektorin Stephanie Rieth, stellte am Montag, 17. April, in Speyer das Konzept der Bevollmächtigten des Generalvikars vor. „Vier Augen sehen mehr als zwei – Wie die Mainzer Bistumsleitung neue, partizipative Wege geht“, lautete der Titel der Veranstaltung aus der Reihe „Nicht lang schnacken…“, die von der katholischen Erwachsenenbildung (KEB) der Diözese Speyer organisiert wurde. Geleitet wurde der Abend im Friedrich Spee-Haus von Sonja Haub von der KEB Pfalz, Katharina Goldinger, Ansprechpartnerin Synodaler Weg im Bistum Speyer, und Christine Lormes vom Katholischen Deutschen Frauenbund (KDFB).
„Ich möchte Ihnen Hoffnung machen und Sie dazu ermutigen, in der Kirche zu bleiben und innerhalb des Rahmens, den das Kirchenrecht durchaus ermöglicht, Ihre Wirksamkeit zu entfalten“, sagte Stephanie Rieth an ihre Zuhörerinnen und Zuhörer gewandt. Rieth ist seit dem 15. April 2022 Bevollmächtigte des Generalvikars. Gemeinsam mit dem Mainzer Weihbischof und Generalvikar, Dr. Udo Markus Bentz, nimmt sie Verantwortung im Bereich des Generalvikars wahr. Die Pastoralreferentin ist als Ordinariatsdirektorin zudem Dezernentin des Zentraldezernates.
Die Bevollmächtigte wird - ähnlich wie der Generalvikar - frei vom Bischof berufen. Bischof, Generalvikar und Bevollmächtigte bilden gemeinsam den sogenannten Ordinarius, die Bistumsleitung. „Damit wird dem Amt des Generalvikars nichts genommen“, erklärte sie. Bentz bevollmächtigt und kann auch über den Umfang der Bevollmächtigung entscheiden. Gemeinsam hätten sie „Erstzuständigkeiten“ in den verschiedenen Strategie- und Steuerungsthemen vereinbart. Verantwortet werden die Entscheidungen jedoch gemeinsam, eng verzahnt und im Vier-Augen-Prinzip. Zudem sei die Bevollmächtigte kein „Frauenamt“, sondern es sei vielmehr „Zufall“, dass sie als Frau dieses Amt innehabe, aber eben auch eine Möglichkeit für Frauen, an Leitung beteiligt zu sein, erklärte Rieth. Die Position ist „in der Bistumsarchitektur fest verankert“, erklärte Rieth, auch über ihr und Weihbischof Bentz’ persönliches Wirken hinaus. Es sei ein Modell zur ganzheitlichen Wahrnehmung von Leitungsverantwortung, erklärte Rieth: „Wir brauchen Geweihte ebenso wie Nicht-Geweihte in Verantwortung“, warb sie.
In ihrer Präsentation gab Rieth einen Überblick über Modelle geteilter Verantwortung in anderen Diözesen. Dort werde Macht in der Regel geteilt. In Bamberg etwa hat Ordinariatsdirektorin Jutta Schmitt bestimmte Aufgaben von Generalvikar Georg Kestel übernommen. Diese Befugnisse wurden dem Generalvikar also genommen. Nicht selten würden bei einer solchen Aufteilung pastorale Aufgabenbereiche eher beim jeweiligen Generalvikar angesiedelt, und Bereiche, die Ressourcen betreffen, eher zum Beispiel bei einer Amtschefin liegen, beschrieb Rieth. Sie erklärte: „In Mainz ist das nicht so. Denn wir sind der festen Überzeugung, dass pastorale Fragen nicht ohne Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Ressourcen entschieden werden können, und umgekehrt. Die Trennung dieser Bereiche hilft nicht. Es muss gelingen, beide Aspekte gemeinsam zu betrachten.“
Im Hinblick auf die Besonderheit geteilter Verantwortung sagte Rieth: „Wenn einer von uns eine Entscheidung von großer Tragweite treffen muss, müssen wir sicherstellen, dass der jeweils andere Part diese Entscheidung mittragen kann.“ Dazu gebe es viel Gesprächsbedarf, immer wieder seien Abstimmungen nötig. „Aber es lohnt sich, weil dadurch niemand mehr alleine entscheidet, und die Entscheidung am Ende wirklich von beiden verantwortet werden kann.“
Rieth wünscht sich, dass sich das Prinzip der geteilten Verantwortung künftig auch auf anderen Ebenen des Bistums etabliert, etwa in den künftigen Pfarreien. Das Teilen von Verantwortung sei eines der Grundprinzipien des Pastoralen Weges: „Innerhalb des kanonischen Rahmens ist es auch hier möglich, Verantwortung gemeinsam wahrzunehmen.“ Die Beteiligung von Laien solle dabei nicht als Notnagel dienen. „Wir wollen aus Überzeugung heraus Leitung partizipativ gestalten“, betonte sie.
Schon vor ihrem Amtsantritt als Bevollmächtigte haben Ordinariatsdirektorin Rieth und Weihbischof Bentz eng zusammengearbeitet. Ab 2007 war Bentz Regens des Mainzer Priesterseminars, ab 2014 Leiter des Ausbildungsseminars für Kapläne und Pastoralassistentinnen und Pastoralassistenten im Bistum Mainz. Rieth wurde 2016 dort Ausbildungsreferentin. Weihbischof Bentz wurde 2017 zum Generalvikar ernannt, im Mai 2019 wurde Rieth seine persönliche Referentin. In ihrer Zusammenarbeit kristallisierten sich Arbeitsfelder heraus, in denen Bentz und sie jeweils Schwerpunkte setzten. „Schließlich haben wir uns die Frage gestellt: Wie verstetigen wir das?“, erinnerte sich Rieth. Eineinhalb Jahre entwickelte Weihbischof Bentz hierzu ein Konzept, das von drei Kirchenrechtlern geprüft wurde, bevor es offiziell gegründet wurde.
Gerade vor dem Hintergrund der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs sei es sinnvoll, Leitung durch Laien zu etablieren: „Wir brauchen gerade hier die gemeinsame Verantwortung, um Glaubwürdigkeit wiederherzustellen, und klerikale Zirkel aufzubrechen“, sagte Rieth. Im Prozess der Intervention sei es daher zum Beispiel fest vorgegeben, dass sie grundsätzlich für die Gespräche mit Beschuldigten zuständig sei, erklärte sie. „Das bedeutet auf keinen Fall, dass sich Weihbischof Bentz der Verantwortung für dieses Thema entzieht, er ist nach wie vor eng eingebunden. Sondern dieses Prinzip dient dazu, Tätern keinen vermeintlichen innerklerikalen Schutzraum mehr zu bieten“, sagte sie. Der Schritt, Verantwortung an der Spitze des Bistums gemeinsam zu übernehmen, brauche Mut. „Gleichzeitig ist es gerade für Verantwortliche gut, auch in herausfordernden Situationen als Team agieren zu können“, resümierte sie.