Gleichzeitig stehe das Thema „Psychisch schwierige Situation" im Mittelpunkt von fast einem Drittel der Gespräche der Telefonseelsorge. „Wir stellen fest, dass unsere Ehrenamtlichen mehr Anrufer mit psychischen Erkrankungen haben. Dies bedeutet, dass sie entsprechend fortgebildet werden müssen", betonte Seidlitz weiter. Die sieben Telefonseelsorge-Einrichtungen in Rheinland-Pfalz stellten bereits zum dritten Mal ihre Arbeit gemeinsam auf Landesebene vor Journalisten vor. Sie hatten die Pressekonferenz unter das Thema „Schlecht drauf? oder depressiv" gestellt.
Ellen Simon von der Telefonseelsorge Mittelrhein aus Koblenz wies darauf hin, dass die Telefonseelsorge für Menschen, die an einer Depression erkrankt seien, oft eine Übergangsstation darstelle, bis sie einen Therapieplatz erhalten. „Auf einen Therapieplatz muss ein Erkrankter oft ein halbes Jahr warten", sagte Simon. Aber auch während einer Therapie hätten die Erkrankten oft einen großen Gesprächsbedarf. „Oft ist ein Gespräch im familiären Umfeld nicht möglich, und die behandelnden Ärzte haben nicht die entsprechende Zeit", sagte Susanne Schmidt von der Telefonseelsorge Nahe-Hunsrück aus Bad Kreuznach. Zudem sei die Telefonseelsorge Tag und Nacht erreichbar. Aber auch Angehörige oder Freunde von depressiven Menschen suchten Kontakt zur Telefonseelsorge, sagte Seidlitz, da sie sich von der Situation überfordert fühlten. „Es hilft ihnen bereits, wenn sie ihre eigene Überlastung ausdrücken dürfen", sagte er.
Insgesamt hätten die Einrichtungen im vergangenen Jahr mit insgesamt 474 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern rund 80.000 Beratungs- und Seelsorgegespräche geführt, sagte Seidlitz. Jeder Ehrenamtliche leiste damit rund 12 bis 15 Stunden Arbeit am Telefon. Damit sei die Telefonseelsorge „mehr als ausgelastet". Rund 63.000 der insgesamt etwa 143.000 Anrufe seien Scherzanrufe oder es sei gleich wieder aufgelegt worden. Neben einem Viertel der Anrufer aus der Altersgruppe bis 20 Jahre liege der Schwerpunkt bei den 40- bis 60-Jährigen. In der Regel dauere ein Beratungsgespräch zwischen 20 und 30 Minuten. Insgesamt veränderten sich die statistischen Daten über die Jahre kaum, fügte Martina Patenge von der Telefonseelsorge Mainz/Wiesbaden hinzu. Allerdings sei in den vergangenen Jahren der Anteil der Männer langsam, aber kontinuierlich angestiegen. Sie wies darauf hin, dass sich seit der Einführung der kostenlosen Telefonnummer die Anzahl der Anrufe in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt habe.
In Rheinland-Pfalz gibt es Dienststellen der Telefonseelsorge in Bad Kreuznach, Bad Neuenahr, Kaiserslautern, Koblenz, Ludwigshafen, Mainz und Trier. Bis auf Trier, das allein in katholischer Trägerschaft ist, sind alle anderen Einrichtungen ökumenisch getragen. In Kaiserslautern, Ludwigshafen, Mainz und Trier wird außerdem eine Chat- oder E-Mail-Beratung angeboten. Darüber hinaus sind in den Beratungsstellen in Mainz, Trier, Koblenz und Bad Kreuznach auch persönliche Beratungsgespräche möglich. Insgesamt gibt es in Deutschland 105 Telefonseelsorgestellen, die erste Stelle wurde 1956 in Berlin gegründet; die meisten davon in ökumenischer Trägerschaft. Die Telefonseelsorge ist rund um die Uhr unter den Rufnummern 0800-1110111 und 0800-1110222 sowie im Internet unter www.telefonseelsorge.de erreichbar.