Vortrag von Professor von Winterfeld zum Mainzer Domjubiläum

„Von unserem Geburtstagskind ist relativ wenig erhalten“

VON--WINTERFELD (c) Bistum Mainz / Blum (Ersteller: Bistum Mainz / Blum)
Datum:
Di. 21. Apr. 2009
Von:
tob (MBN)
Mainz. „Von unserem Geburtstagskind ist relativ wenig erhalten.“ Das sagte Professor Dethard von Winterfeld am Montagabend, 20. April, bei seinem Vortrag anlässlich des Jubiläums „1.000 Jahre Mainzer Willigis-Dom“. Dabei versuchte er anhand der vorhandenen Quellen eine Rekonstruktion des Domes, wie er zur Zeit von Erzbischof Willigis vor 1.000 Jahren tatsächlich ausgesehen haben könnte.

Der Mainzer Kunsthistoriker sprach in der Reihe der Mainzer Domvorträge zum Thema „Willigis und die Folgen - Der Dombau vom 10. bis 13. Jahrhundert“. Sein Vortrag hatte wegen des großen Interesses aus Platzgründen vom Haus am Dom in den Ketteler-Saal des Erbacher Hofes verlegt werden müssen. Der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, war zusammen mit Generalvikar Dietmar Giebelmann und Domdekan Heinz Heckwolf unter den rund 400 Besuchern. Veranstaltet wird die Reihe von der Bistumsakademie Erbacher Hof in Zusammenarbeit mit dem Mainzer Domkapitel.

 

Professor von Winterfeld hob hervor, dass Erzbischof Willigis den Dom nicht auf gänzlich unbebautem Gebiet errichtet habe, wie oft behauptet werde. Es lasse sich allerdings nicht sagen, ob sich darunter ein Sakralbau befunden habe. Auch sei es „eher Legende“, dass bereits bei Baubeginn auf Pfählen gebaut wurde. Dies sei erst in einer späteren Bauphase nach 1100 geschehen. Sicher aus der Zeit des Willigis stamme etwa noch die Querhaus-Stirnmauer zur Gotthard-Kapelle hin, sagte von Winterfeld. Er betonte, dass sich die Fundamente des Domes auch auf dem heutigen Liebfrauenplatz finden lassen. Dies stelle eine Verlängerung des Grundrisses auf das Doppelte dar. Er neige zu der Ansicht, dass es sich um ein Atrium gehandelt habe, also um einen von Säulen umgebenen Vorplatz, ähnlich dem Vorbild Alt-St. Peter in Rom. Neben dem bronzenen Willigis-Portal stammen auch die beiden Treppentürme des Ostchores noch aus der Zeit des Willigis.

 

Vor allem die Bauzier des Mainzer Domes sei „auf Engste mit dem Speyrer Dom verbunden“, sagte von Winterfeld. Auch die Gliederung des Langhauses in Mainz sei auf die Gestaltung des Speyrer Domes zurückzuführen. Gerade aber der Ostbau des Mainzer Domes „hat früh Schule gemacht“, betonte von Winterfeld, etwa in der Klosterkirche Maria Laach oder bei der Stiftskirche St. Gertrud in Nivelles/Frankreich. Es könne keinen Zweifel daran geben, dass die Mainzer Johanniskirche der alte Dom sei, sagte von Winterfeld. Ab dem Jahr 1009 gebe es in den Quellen die Unterscheidung zwischen einer neuen und einer alten Martinskirche. St. Johannis werde erstmals im Jahr 1128 mit dem neuen Patrozinium erwähnt.

 

Der Mainzer Dom sei für heutige Betrachter „ein Bauwerk, das selbstverständlich zu sein scheint. Wer wollte sich auch nicht von der Atmosphäre im Inneren beeindrucken lassen?“ Es sei jedoch wichtig, sich vor Augen zu führen, „dass er aus einer gänzlich anderen Welt zu uns hereinragt“, betonte von Winterfeld. „Ich habe Zweifel, dass wir dieses Lebensgefühl aus einer anderen Zeit einfach rekonstruieren können.“ So sei der Dom vor 1.000 Jahren eine reine Bischofskirche gewesen, an der auch die Domkapitulare Gottesdienste hielten. Wörtlich sagte von Winterfeld: „Die Gemeinde spielte jedoch keine Rolle. Erst seit 1802 ist der Dom zu einer Gemeindekirche geworden, in der auch der Bischof seinen Platz hat. Das ist aber ein ganz grundsätzlicher Wandel.“

 

Der Direktor der Bistumsakademie, Professor Dr. Peter Reifenberg, hatte die Begrüßung der Besucher bei der sehr gut besuchten Veranstaltung übernommen. Der nächste Vortrag zum Domjubiläum findet am Montag, 4. Mai, um 19.00 Uhr im Mainzer Dom statt. Professor Dr. Ernst-Dieter Hehl aus Mainz spricht zum Thema „Ein Dom für König, Reich und Kirche - Der Dombau des Willigis und die Mainzer Bautätigkeit im 10. Jahrhundert“.