Er wies darauf hin, dass der heilige Martin in der Kunstgeschichte zwar oft auf einem Pferd reitend dargestellt werde, er aber in frühen Darstellungen immer ohne Pferd zu sehen sein. Es sei auch kein Zufall, „dass Jesus selbst zu Fuß geht, und die einzige Szene, die von einem Ritt erzählt, der Einzug in Jerusalem ausgerechnet auf einem Esel stattfindet, was ja eine provozierende Infragestellung der Vorstellungen über einen mächtigen und politischen Messias gewesen ist“.
Wörtlich sagte der Bischof: „Wer in der Nachfolge Jesu unterwegs ist, muss Menschen gern haben. Ich bin fest davon überzeugt, dass in einer solchen Haltung auch die Forderungen des Evangeliums, die kirchlichen Ideale, die Gebote als Orientierungen und Wegweiser zum Leben erfahren werden können. Wenn ich aber verurteile, auch vor-verurteile, wenn ich bestimmte Menschen nur unter dem Verdikt der Sünde oder des Sünder-Seins sehe, sitze ich schon wieder auf dem hohen Ross und werde kaum als Werbeträger für die Frohe Botschaft unterwegs sein können. Mit Martin vom Ross heruntersteigen, mit Jesus selbst zu Fuß unterwegs sein: Mir scheint dies eine hilfreiche kritische Anfrage an unsere Verkündigungsformen und -inhalte zu sein.“
Auch das Beten und Gottesdienst feiern in der Liturgie der Kirche müsse „Begegnung ermöglichen und nicht nur Formeln oder Sakramente gültig verwalten“, sagte der Bischof. Ebenso sei die Caritas als praktizierte Nächstenliebe „keine herablassende Barmherzigkeitsgeste, wenn wir einmal vom Ross gestiegen sind“. Und weiter: „Möge es uns mit Gottes Hilfe gelingen, als Kirche auf den Straßen präsent zu sein, da, wo das Leben spielt. Nicht auf dem hohen Ross, zu Fuß, in den Spuren Jesu.“
Der heilige Martin, dessen Gedenktag am 11. November begangen wird, ist Patron des Mainzer Domes und des Bistums Mainz. Konzelebranten beim Pontifikalamt zum Hochfest des heiligen Martinus waren Domdekan Prälat Heinz Heckwolf und Domkapitular Prälat Hans-Jürgen Eberhardt. Die musikalische Gestaltung hatten die Domkantorei St. Martin und die Mainzer Dombläser unter Leitung von Domkapellmeister Karsten Storck sowie Domorganist Professor Daniel Beckmann an der Domorgel übernommen.