Wichtiges Instrument des theologischen und kulturellen Disputs

Akademietagung „40 Jahre Internationale Katholische Zeitschrift Communio“

LEHMANN--HENRICI--KASPER--MAIER (c) Bistum Mainz / Blum (Ersteller: Bistum Mainz / Blum)
Datum:
Sa. 17. März 2012
Von:
tob (MBN)
Mainz. Mit einer Akademietagung von Freitag, 16., bis Samstag, 17. März, ist jetzt in Mainz das 40-jährige Bestehen der Internationalen Katholischen Zeitschrift „Communio“ begangen worden. Die Zeitschrift sei „zu einem wichtigen Instrument des theologischen und kulturellen Disputs“ geworden, sagte der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, am Freitagabend, 16. März, im Erbacher Hof in Mainz.

Er schloss sich damit einem Urteil von Kardinal Joseph Ratzinger, dem heutigen Papst Benedikt XVI. an, der in seinem Erinnerungen „Aus meinem Leben" (1989 erschienen) aber auch einräumt, dass die Zeitschrift „noch immer nicht ganz das verwirklicht, was uns vorschwebte". Und weiter: „Sie ist jedenfalls lange Zeit zu akademisch geblieben; es ist uns nicht gelungen, hinlänglich konkret und rechtzeitig in die aktuellen Dispute einzugreifen. Trotzdem tut die Zeitschrift einen wichtigen Dienst, und die Jahre gemeinsamer Arbeit in der Gemeinschaft der Herausgeber haben meinen Horizont geweitet, mich viel lernen lassen."

Kardinal Lehmann, der bis heute Herausgeber der Zeitschrift ist, gehört mit dem ehemaligen bayerischen Kultusminister und früheren Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Professor Dr. Hans Maier, und Papst Benedikt XVI., zu den Gründern der Zeitschrift, die alle zwei Monate im Schwabenverlag in Ostfildern erscheint. Lehmanns Vortrag stand unter der Überschrift „Communio - ein theologisches Programm". An der Tagung nahm unter anderen auch Kurienkardinal Walter Kasper und der Doktorvater von Kardinal Lehmann, Weihbischof em. Peter Henrici SJ aus Chur, teil. Die Tagung wurde von der Bistumsakademie Erbacher Hof in Zusammenarbeit mit den Herausgebern und der Redaktion von „Communio" veranstaltet.

Grußwort von Papst Benedikt XVI.

In seiner Begrüßung hatte der Schriftleiter von „Communio", Professor Dr. Jan-Heiner Tück aus Wien, ein Grußwort von Papst Benedikt XVI. zur Tagung verlesen. Darin heißt es: „Auch wenn ich seit langem nicht mehr zu den Herausgebern gehöre, sondern nur noch Leser bin, so fühle ich mich von der Gründungszeiten her diesem Organ zeitlebens verbunden." Mit Blick auf die Anfänge der Zeitschrift schreibt Papst Benedikt XVI.: „Ich hatte damals Sorge, ob das Pflänzchen, das wir in einer stürmischen Welt in die Erde gesetzt hatten, wachsen und überleben könne und freue mich um so mehr, dass doch eine große, vielsprachige ‚Communio'-Familie daraus geworden ist. Was uns damals zutiefst bewegt hat, war die Leidenschaft für den Glauben, der unter Moralismen und intellektuellen Abenteuern verschüttet zu werden drohte. Zugleich aber wussten wir, dass er die Kraft ist, die wirklich Zukunft zu schaffen vermag. Ich bin sicher, dass diese Gewissheit auch die heutige Herausgeberschaft inspiriert und wünsche Ihrem Symposium viel Erfolg."

Hans Maier erinnerte in seinem Eröffnungsvortrag am Freitagabend an die Entstehungszeit der Zeitschrift nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil. „Sein Referat trug den Titel „Anmerkungen zur Entstehung der Zeitschrift ‚Communio'".  Wörtlich sagte er: „Eine neue Zeitschrift konnte den Streit der theologischen Protagonisten und das Gegeneinander der verschiedenen ‚correnti' in der nachkonziliaren Kirche gewiss nicht einfach auflösen. Aber sie konnte ein Forum werden für den redlichen und gezügelten Austrag ihrer Kämpfe - eine Basis für die Entfaltung der neu zu erlernenden kirchlichen Streitkultur. Zugleich konnten die aktuellen Streitfragen auf ein primäres Fundament bezogen werden, das Communio hieß - Communio, verstanden nicht nur als ein  äußeres zufälliges  Beisammensein von Christen, sondern als unverfügbare, geschenkte katholische Einheit."

Lehmanns Beitrag zur Gründung der Zeitschrift

Maier erinnerte auch daran, dass die Gründung der Zeitschrift Ende der 1960er Jahre den damals 65-jährigen Haus Urs von Balthasar („die Seele vom Ganzen"), den Theologen Joseph Ratzinger und den damals 31-jährigen Karl Lehmann zusammenführte. Er ging ausführlich auf die Gründer ein. Über Lehmann sagte Maier: „Es war wohl nicht nur einfach so, dass dem Theologen Lehmann ‚der Gedanke der Communio gefiel', wie er  selbst später als Hauptgrund für seine Mitarbeit anmerkte. Noch andere Gründe dürften ihn zu Communio geführt haben. Einmal hatte sich das alte enge Verhältnis zu Karl Rahner gelockert: Zumindest kirchenpolitisch folgte der Schüler seinem Meister in den Jahren nach 1968 nicht mehr, er machte sich dessen späte Fundamentalopposition und Amtskritik nicht zu eigen - während die Schätzung und Bewunderung für den Theologen Rahner und sein Lebenswerk anhielt und lebenslang bestehen blieb. Zweitens hatte sich in der Zeit, in der Rahner sich als Bischofsberater mehr und mehr zurückzog, ein Direktverhältnis zwischen Kardinal Döpfner und Professor Lehmann angebahnt, das in einer immer engeren Zusammenarbeit, in Vorlagen und Gutachten - und schließlich in den unentbehrlichen Hilfsdiensten Lehmanns für die Gemeinsame Synode - Früchte trug. Drittens war Lehmann selbst nie - wie die meisten Rahner-Schüler - an Balthasars Erscheinung und Werk achtlos oder ablehnend vorbeigegangen;  er war immer bereit, unvoreingenommen von beiden Großen der zeitgenössischen deutschsprachigen Theologie zu lernen. Und viertens hatte Balthasar selbst in seinem umfassenden Spürsinn längst die Qualitäten Lehmanns entdeckt - vor allem seine Kenntnis der - katholischen wie evangelischen - Gegenwartstheologie, die ihm selbst und auch Ratzinger eher fernlag. Balthasar wie Ratzinger befanden, die moderne Theologie sei bei Lehmann „gut aufgehoben". Kurzum, Lehmann erwies sich aus mehreren Gründen als unentbehrlich - und Balthasar selbst ergriff 1970/71 die Initiative, ihn für Communio zu gewinnen."

Weiter sagte Hans Maier über Lehmann: „Nachträglich stellte sich diese Kooptation als wichtiger Gewinn heraus. Kurzfristig war damit ‚ein Stück Rahner' in die Arbeit von Communio integriert; die Zeitschrift entging dadurch dem Vorwurf, ein nur-oppositionelles, parteilich festgelegtes Blatt, ein bloßer Widerpart von ‚Concilium' zu sein. Langfristig - aber das konnte damals noch niemand ahnen - profitierte Communio von der wachsenden ‚Amtlichkeit' des Döpfner-Ratgebers, Synoden-Begleiters und späteren Mainzer Bischofs und Kardinals Lehmann. Da im Lauf der Zeit bei Communio immer wieder erhebliche organisatorische, redaktionelle, kommunikative und finanzielle Probleme zu lösen waren, war eine solche Appellationsinstanz in kritischen Situationen für die Zeitschrift wichtig - auch in der späteren Zeit, in der sich die Herausgeberschaft um Peter Henrici, Walter Kasper und Christoph Schönborn erweiterte, während Joseph Ratzinger nach der Übernahme seines römischen Amtes auf Wunsch Johannes Pauls II. aus der Herausgeberschaft von Communio ausschied."