Wieder entdeckter Dürer-Werkkatalog vorgestellt

Die lange verschollenen Handschriften wurden in der Mainzer Martinus-Bibliothek gefunden

Mainz, 6. Juli 2021: Dr. Gerhard Kölsch (links) und Dr. Helmut Hinkel mit den beiden in der Martinus-Bibliothek wieder entdeckten Manuskripten des Dürer-Werkkataloges. (c) Bistum Mainz / Blum
Datum:
Di. 6. Juli 2021
Von:
tob (MBN)

Mainz. Die Mainzer Martinus-Bibliothek kann pünktlich zum Dürer-Jubiläumsjahr 2021 eine wieder entdeckte Handschrift zu einem frühen Werkkatalog Albrecht Dürers präsentieren. Dürer wurde vor 650 Jahren, am 21. Mai 1471 in Nürnberg geboren. Die lange verschollene und wieder entdeckte Handschrift, die in zwei Manuskripten erhalten ist, stammt von dem Frankfurter Kunstschriftsteller Henrich Sebastian Hüsgen (1745–1807), der auch Jugendfreund und Korrespondenzpartner Goethes war.

Der Direktor der Martinus-Bibliothek, Dr. Helmut Hinkel, und der Mainzer Kunsthistoriker Dr. Gerhard Kölsch präsentierten die Manuskripte am Dienstag, 6. Juli, in der Mainzer Martinus-Bibliothek vor Journalisten. Kölsch, der Spezialist für Frankfurter Künstler und Kunstsammlungen der Goethezeit ist, gibt außerdem in einem aktuellen Beitrag für das Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts erstmals Einblicke in den Inhalt der Handschrift.

Hüsgen hatte bereits 1778 das erste wissenschaftliche Verzeichnis der Dürer-Stiche herausgegeben, mit großem Erfolg bei Sammlern und Kunstfreunden. Er beschloss eine Überarbeitung zur Zweitauflage, die mit dem genannten Manuskript um 1800 vollendet war, aber nie zum Druck kam und in Vergessenheit geriet. Die Handschrift gelangte über Umwege in die Mainzer Martinus-Bibliothek und wurde fast zweihundert Jahre von der Forschung übersehen. Dr. Hinkel hatte die Manuskripte vor rund zwei Jahren durch Zufall wiederentdeckt. „Ich wusste, dass das wichtig ist, habe aber nicht gleich die Dimension des Ganzen erkannt“, berichtet Hinkel. Für Dr. Kölsch war dann schnell klar, dass es ein Volltreffer ist.“

Es sei aus verschiedenen Briefen bekannt gewesen, dass es die Arbeiten für eine zweite Auflage des Werkkataloges gebe, erläuterte Dr. Gerhard Kölsch. „Hüsgen hatte das Manuskript auch an Johann Wolfgang von Goethe geschickt. Es war für mich als Kunsthistoriker aber extrem aufregend, diese Manuskripte tatsächlich einmal in Händen zu halten.“ Hüsgen gelte als erster Kunsthistoriker überhaupt. Inhaltlich sei es ihm in der Zweitauflage darum gegangen, aus dem reinen Werkverzeichnis der Kupferstiche von 1778 „ein Lesebuch zu machen. Er wollte Geschichten und Legenden hinter den Kupferstichen Dürers aufschreiben“, sagte Kölsch. Er hoffe, dass der Fund und die Publikation nun weitere Forschungen dazu anrege. Finanziell gefördert wurde die Arbeit von Dr. Kölsch zu den Manuskripten von der Adolf und Luisa Haeuser-Stiftung für Kunst und Kulturpflege.

Hinweise: 

  • Gerhard Kölsch: „Vom ‚Raisonnierenden Verzeichnis‘ zum ‚Menschen-Spiegel‘. Zwei wieder gefundene Manuskripte des Dürer-Werkkatalogs von Henrich Sebastian Hüsgen, in: Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts 2020, S. 7-75.
  • www.bistummainz.de/martinus-bibliothek