Mainz. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat am Samstag, 24. Oktober, durch Handauflegung und Gebet Diakon Benjamin Weiß im Mainzer Dom zum Priester geweiht.
In seiner Predigt rief Kohlgraf dazu auf, „keine Berührungsängste gegenüber den Menschen unserer Zeit zu entwickeln“. „Sicher, die Frohe Botschaft ist kein Konstrukt von Menschen, sie ist nicht ,von dieser Welt‘, aber sie ist für diese Welt. Wir dürfen das Evangelium als etwas Herausragendes und Besonderes verkünden, denn das ist die Frohe Botschaft wahrlich. Aber wir dürfen sie nicht derart in eine kirchliche Sonderwelt, eine theologische Fachsprache und in nichtssagenden Formeln verstecken, dass sie ihre Kraft nicht entfalten kann“, sagte er.
Und weiter: „Gerade in den sich verändernden kirchlichen Zeiten und Bedingungen ist es meine große Sorge, dass dieses ,mitten drin‘ immer schwerer möglich sein wird. Es muss aber unser Herzensanliegen sein. Denn auch der menschliche Kontakt, Freundschaften, Begegnungen und auch Konflikte sind notwendige geistliche Erfahrungen im Leben des Priesters.“
Ein Priester müsse sich zu den Letzten begeben, den Abgehängten, die keine Lobby und keine laute Stimme haben. „Nicht nur in der Gesellschaft, auch in der Kirche, geben oft die Lauten, die Fitten, die Starken, das Tempo und die Richtung vor. Wir müssen gut achtgeben, dass auch andere zu Wort kommen. Der priesterliche Dienst hat so auch eine prophetische Dimension. So wie die Propheten der Bibel an den einen Gott erinnern und den Gottesglauben untrennbar mit Liebe, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit verbinden, muss sich der Priester einmischen in Fragen des Glaubens und Fragen des Lebens“, betonte Kohlgraf.
Er sehe einen Priester „notwendigerweise auch mitten unter den ihm anvertrauten Menschen“, hob der Mainzer Bischof hervor. „Ein Priester kann seine Aufgabe nur gut ausfüllen, wenn er sich als Teil des Volkes Gottes versteht. Er ist nicht qua Amt heiliger oder wertiger. Es ist seine Aufgabe, die Gläubigen zu motivieren, zu ermutigen und zu befähigen, das je eigene Charisma, den je eigenen Glaubensweg zu finden und in Kirche und Gesellschaft einzubringen“, sagte er.
Es laufe überall dort in der Kirche schief, wo sich die unterschiedlichen Glieder am Leib Christi „als Konkurrenz oder gar als Bedrohung erleben“. „Es braucht daher die ,Synodalität‘, d.h. das gemeinsame Gehen des Weges, das gemeinsame Ringen um die Unterscheidung der Geister. Der Priester hat nicht per se den engeren Draht zu Christus oder zum Geist Gottes. Von Anfang der Kirche ging es darum, eine Gemeinschaft des Gebets, des Glaubens und der Nächstenliebe zu leben und zu gestalten“, sagte Kohlgraf.
Der Mainzer Bischof wies auch darauf hin, dass sich ein Priester seiner Verantwortung bewusst sein müsse und „einen selbstkritischen Blick“ bewahren sollte. „Und es gilt immer wieder, in Jesus Orientierung zu suchen: Jesus wäscht seinen Jüngern die Füße und gibt uns ein Beispiel, wie er sich immer wieder seiner Macht entäußert, um sie in den Dienst der Menschen zu stellen. Insofern ist es für den Priester geradezu lebenswichtig, sich eine kritische Begleitung zu suchen, und sich immer wieder im Gehorsam gegenüber Gott und auch den Menschen zu üben. Wenn er dies zur Lebenshaltung macht, darf er dankbar seine Aufgabe wahrnehmen“, sagte Kohlgraf.
Vor der Weihe hatte Weiß seine Bereitschaft erklärt, sein Amt im Sinne Christi und der Kirche auszuüben. Anschließend gelobte er dem Bischof und seinen Nachfolgern Ehrfurcht und Gehorsam. Nach der Allerheiligen-Litanei erfolgte die eigentliche Weihe, bei der Bischof Kohlgraf dem Kandidaten schweigend die Hände auflegte. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass sich Gottes Hand auf den zu Weihenden legt und ihn mit seinem Geist erfüllt. In den ausdeutenden Riten erhielt der Neupriester sein Messgewand aus den Händen seines Heimatpfarrers. Anschließend salbte der Bischof ihm die Hände, überreichte ihm Brot und Wein und zeigte ihm schließlich mit einer angedeuteten Umarmung, dass er ihn als Priester in seinen Dienst aufnimmt.
Konzelebrant im Mainzer Dom war Regens Dr. Tonke Dennebaum. Die musikalische Gestaltung hatte ein Ensemble des Mainzer Domchors unter der Leitung von Domkapellmeister Professor Karsten Storck sowie Domorganist Professor Daniel Beckmann an der Domorgel übernommen. Am frühen Nachmittag spendete der Neupriester den Primizsegen in einer Andacht in der Seminarkirche in der Augustinerstraße.
Weiß stammt aus der Pfarrei Maria Himmelskron in Heusenstamm (Dekanat Rodgau); hier wird er auch seinen Primizgottesdienst feiern. Der Gottesdienst im Mainzer Dom stand unter der Überschrift „Brannte nicht unser Herz in uns, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schriften eröffnete“. (Lk 24,32) Der Weihegottesdienst war aufgrund der Corona-Pandemie von Juni auf Oktober verschoben worden; wegen der weiterhin aktuellen Coronasituation fand der Gottesdienst unter besonderen Auflagen statt.
Benjamin Weiß wurde am 19. Juli 1983 in Frankfurt/Main geboren. Von 2006 bis 2011 studierte er katholische Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt und anschließend Biowissenschaften an der Goethe-Universität in Frankfurt. Von 2011 bis 2013 studierte Weiß Biologie und katholische Religion auf Lehramt, bevor er im Oktober 2015 ins Mainzer Priesterseminar eintrat. Nach seiner Diakonweihe 2019 war er in der Pfarrei Mariä Himmelfahrt in Friedberg tätig, wo er auch als Kaplan bleiben wird.
Aufgabe eines Priesters ist es, das Evangelium zu verkünden (Lehramt), die Sakramente zu spenden (Priesteramt) und die Gläubigen zu leiten (Hirtenamt). Durch seine Weihe handelt er bei seinem Dienst nicht aufgrund eigener oder verliehener Autorität, sondern in der Person Christi und im Namen der Kirche. Dieses besondere Priestertum ist vom allgemeinen Priestertum aller getauften Gläubigen zu unterscheiden, das vom Zweiten Vatikanischen Konzil neu betont worden ist.
Die Priesterweihe erfolgt im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes durch den Bischof. Dabei wird der Heilige Geist auf den Kandidaten herabgerufen (Epiklese), was zeichenhaft in der Handauflegung durch den Bischof und die anwesenden Priester sowie das Weihegebet deutlich wird. Das Sakrament der Weihe ist in der katholischen Kirche in drei Stufen gegliedert: die Diakonenweihe, die Priesterweihe und die Bischofsweihe. Die erste Heilige Messe eines neu geweihten Priesters wird Primiz genannt. Sie wird in der Regel in dessen Heimatgemeinde gefeiert.
Nach dem katholischen Kirchenrecht kann nur ein getaufter Mann zum Priester geweiht werden. Er muss unverheiratet sein und das 25. Lebensjahr vollendet haben. Das Versprechen der Ehelosigkeit (Zölibat) legt der Kandidat bereits bei seiner Diakonenweihe ab, in der Regel ein Jahr vor der Priesterweihe. Die Ausbildung der Priesteramtskandidaten erfolgt in einem Priesterseminar, in dem die Seminaristen während ihres Theologiestudiums wohnen. Nach dem Studium schließt sich eine praktische Seelsorgsausbildung an.
Umgangssprachlich werden die Bezeichnungen „Priester“ und „Pfarrer“ oft gleichbedeutend gebraucht. Ein Priester trägt den Titel „Pfarrer“ allerdings nur, wenn er von seinem Bischof mit der Leitung einer Pfarrgemeinde beauftragt worden ist. Darüber hinaus sind Priester auch in der Seelsorge für bestimmte Personengruppen (Kategorialseelsorge) oder in der Verwaltung tätig. Neu geweihte Priester werden in der Regel in der Pfarrseelsorge als Kapläne zur Unterstützung und Vertretung eines Ortspfarrers eingesetzt.
Im Beschluss „Die pastoralen Dienste in der Gemeinde“ der Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland (1975) heißt es über das Priesteramt: „Die Sendung des Priesters lässt sich nicht mit Hilfe von einigen nur ihm vorbehaltenen Funktionen umschreiben. Vielmehr übt der Priester den der ganzen Kirche aufgegebenen Dienst im Auftrag Jesu Christi amtlich und öffentlich aus. Durch Verkündigung, Spendung der Sakramente, Bruderdienst, Auferbauung und Leitung der Gemeinde und nicht zuletzt durch sein persönliches Zeugnis soll der Priester die anderen zu ihrem eigenen Dienst bereit und fähig machen.“ (Kapitel 5.1.1.)