Mainz. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat am Samstag, 6. Juli, durch Handauflegung und Gebet Lukas Tyczka aus St. Peter und Paul in Bad Hönningen im Mainzer Dom zum Priester geweiht. In seiner Predigt sagte der Bischof zum Weihekandidaten: „Christus will nicht ohne uns Menschen wirken. Wir sind seine Hände, die Gutes tun, seine Füße, die anderen das Evangelium bringen, seine Lippen, durch die er die frohe Botschaft verkündet. Christus ist oft ohnmächtig, wenn wir uns ihm verweigern und ihn nicht erfahrbar machen. Vor allem menschlichen Tun steht jedoch die Gnade. Sie ist das entscheidende Heilmittel gegen jede selbstgemachte Überforderung, gegen jeden menschlichen moralischen und spirituellen Perfektionismus und gegen das Selbstbild der eigenen Unentbehrlichkeit. In dieser seltsamen Spannung vollzieht sich die Nachfolge, auch der priesterliche Dienst. Tun Sie, was Sie können, aber verfallen Sie nicht in Selbstüberschätzung.“
Der Gottesdienst stand unter dem Leitwort „Meine Gnade genügt dir; denn die Kraft wird in der Schwachheit vollendet.“ (2 Kor 12,9) und wurde als Live-Stream auf den Kanälen des Bistums Mainz übertragen.
Wörtlich sagte der Bischof: „Der Glaube an die Berufung aus Gnade ist die eigentliche Grundlage für eine besondere Berufung in einen kirchlichen Dienst. Weder ich noch Sie stehen hier, weil wir besonders gute oder moralisch herausragende Menschen sind, sondern weil wir gerufen sind in den Dienst des größeren Gottes, der uns zutraut, sein Evangelium weiter zu geben.“ Und weiter: „Priester und andere Gläubige in einem besonderen Dienst sollen nicht belehren, sondern bezeugen, woraus und aus welchen Quellen sie leben. Aus der Gnade leben heißt demnach, aus den Quellen zu schöpfen, die Gott uns anbietet. Priester und andere Gläubige bedürfen der Sakramente, des Wortes Gottes, der Erfahrung der Glaubensgemeinschaft der Kirche, dies sind die Quellen unseres Glaubens. Wie Paulus müssen wir uns die Liebe und Zuwendung Gottes nicht verdienen.“ Trotzdem sei „jeder und jede in der Nachfolge Jesu gerufen, in Tat und Wort zu bezeugen, was die eigene Glaubenserfahrung ist. Nur reden allein genügt nicht, es wird immer auch darum gehen müssen, das Evangelium Wirklichkeit werden zu lassen“, sagte Kohlgraf.
Vor der Weihe hatte Tyczka seine Bereitschaft erklärt, sein Amt im Sinne Christi und der Kirche auszuüben. Anschließend gelobte er dem Bischof und seinen Nachfolgern Ehrfurcht und Gehorsam. Nach der Allerheiligen-Litanei erfolgte die eigentliche Weihe, bei der Bischof Kohlgraf dem Kandidaten schweigend die Hände auflegte. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass sich Gottes Hand auf den zu Weihenden legt und ihn mit seinem Geist erfüllt. In den ausdeutenden Riten erhielt der Neupriester sein Messgewand aus den Händen von Pfarrer Erik Wehner, dem Leitenden Pfarrer des Pastoralraumes Gießen-Stadt, wo Tyczka zuletzt als Diakon eingesetzt war. Anschließend salbte der Bischof ihm die Hände, überreichte ihm Brot und Wein und zeigte ihm schließlich mit einer angedeuteten Umarmung, dass er ihn als Priester in seinen Dienst aufnimmt. Als Kaplan wird Tyczka im Pastoralraum Worms tätig sein.
Konzelebranten im Mainzer Dom waren unter anderen Regens Michael Leja und Spiritual Philipp Müller; an dem Gottesdienst nahmen neben Generalvikar Dr. Sebastian Lang auch weitere Mitglieder des Mainzer Domkapitels sowie die Bevollmächtigte des Generalvikars, Ordinariatsdirektorin Stephanie Rieth, teil. Die musikalische Gestaltung hatte der Mainzer Domchor unter Leitung von Domkapellmeister Professor Karsten Storck sowie Domorganist Professor Daniel Beckmann an der Domorgel übernommen. Am frühen Nachmittag spendete der Neupriester den Primizsegen in einer Andacht in der Seminarkirche in der Augustinerstraße. Der Neugeweihte wird Sonntag, 7. Juli, um 13.30 Uhr seine erste Heilige Messe (Primiz) als Priester in Gießen-St. Bonifatius feiern.
Aufgabe eines Priesters ist es, das Evangelium zu verkünden (Lehramt), die Sakramente zu spenden (Priesteramt) und die Gläubigen zu leiten (Hirtenamt). Durch seine Weihe handelt er bei seinem Dienst nicht aufgrund eigener oder verliehener Autorität, sondern in der Person Christi und im Namen der Kirche. Dieses besondere Priestertum ist vom allgemeinen Priestertum aller getauften Gläubigen zu unterscheiden, das vom Zweiten Vatikanischen Konzil neu betont worden ist.
Die Priesterweihe erfolgt im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes durch den Bischof. Dabei wird der Heilige Geist auf den Kandidaten herabgerufen (Epiklese), was zeichenhaft in der Handauflegung durch den Bischof und die anwesenden Priester sowie das Weihegebet deutlich wird. Das Sakrament der Weihe ist in der katholischen Kirche in drei Stufen gegliedert: die Diakonenweihe, die Priesterweihe und die Bischofsweihe. Die erste Heilige Messe eines neu geweihten Priesters wird Primiz genannt. Sie wird in der Regel in dessen Heimatgemeinde gefeiert.
Nach dem katholischen Kirchenrecht kann nur ein getaufter Mann zum Priester geweiht werden. Er muss unverheiratet sein und das 25. Lebensjahr vollendet haben. Das Versprechen der Ehelosigkeit (Zölibat) legt der Kandidat bereits bei seiner Diakonenweihe ab, in der Regel ein Jahr vor der Priesterweihe. Die Ausbildung der Priesteramtskandidaten erfolgt in einem Priesterseminar, in dem die Seminaristen während ihres Theologiestudiums wohnen. Nach dem Studium schließt sich eine praktische Seelsorgsausbildung an.
Umgangssprachlich werden die Bezeichnungen „Priester“ und „Pfarrer“ oft gleichbedeutend gebraucht. Ein Priester trägt den Titel „Pfarrer“ allerdings nur, wenn er von seinem Bischof mit der Leitung einer Pfarrgemeinde beauftragt worden ist. Darüber hinaus sind Priester auch in der Seelsorge für bestimmte Personengruppen (Kategorialseelsorge) oder in der Verwaltung tätig. Neu geweihte Priester werden in der Regel in der Pfarrseelsorge als Kapläne zur Unterstützung und Vertretung eines Ortspfarrers eingesetzt.