Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat Hochschulseelsorgerin Pastoralreferentin Christine Schardt und Diözesanjugendseelsorger Pfarrer Mathias Berger zu Beauftragten für eine queersensible Pastoral ernannt. Zu den Aufgaben, die sie ab dem 1. April übernehmen sollen, zählen Seelsorgeangebote wie Segensfeiern und spirituelle Angebote, Aus- und Fortbildungen zum Thema „Stärkung der Sensibilität für sexuelle Vielfalt“, Öffentlichkeitsarbeit, und die Vernetzung mit weiteren Gruppen und Organisationen. Ein Gottesdienst für die Beauftragung ist geplant, der genaue Termin steht noch nicht fest.
„In vielen Gesprächen der letzten Jahre ist mir deutlich geworden, wie sich Menschen in einer nicht heterosexuellen Orientierung durch die Kirche, ihre Lehre und das konkrete Verhalten ausgegrenzt und verletzt fühlen“, sagt Bischof Peter Kohlgraf. Durch die persönliche Begegnung habe sich in seiner Einschätzung manches verändert. „Ich bin sehr dankbar dafür, dass betroffene Menschen auf mich zugekommen sind und das Gespräch gesucht haben“, betont Bischof Kohlgraf. Neben der individuellen seelsorglichen Begleitung, der Wertschätzung und dem Interesse sei auch eine offizielle kirchliche Vertretung wichtig, die die vielfältigen Anliegen der Menschen nach innen und nach außen aufgreift. „Ich freue mich, mit Pastoralreferentin Christine Schardt und Pfarrer Mathias Berger zwei Beauftragte für das Bistum Mainz vorstellen zu können, die sich in besonderer Weise für die Anliegen einer queersensiblen Pastoral einsetzen werden. Natürlich wünsche ich mir, dass sich alle unsere Seelsorgerinnen und Seelsorger in der Verantwortung sehen, den betroffenen Menschen eine Kultur des Willkommens zu eröffnen.“
Pastoralreferentin Christine Schardt ist Seelsorgerin, Dozentin an den Mainzer Hochschulen und Vorsitzende der Konferenz für Katholische Hochschulpastoral in Deutschland (KHP). „Ich möchte dazu beitragen, dass Kirche ein Ort gelebter Vielfalt von Menschen wird. Jeder Mensch ist ein Geschenk und eine Bereicherung für uns alle“, sagt sie. „Es ist wichtig, ein deutlich sichtbares Zeichen zu setzen, damit sich wirklich alle Menschen willkommen fühlen können und kirchliche Räume als ‚Save Spaces‘, Orte der Toleranz und des gegenseitigen Respektes und der Selbstentfaltung wahrgenommen und erlebt werden können“, betont sie. Die Seelsorgerin setzt sich ein „gegen jede Form der Diskriminierung“. Im Hinblick auf ihre Beauftragung sagt sie: „Wir wollen nicht nur Ansprechperson für junge Erwachsene, Studierende und Mitarbeiter*innen der Hochschulen sein, sondern grundsätzlich für alle Menschen in unserer Diözese.“ Sie möchte Menschen begleiten und ermutigen, ihren eigenen Weg zu gehen. Das Thema queersensible Pastoral habe viele Aspekte, „diese sollten diskutiert und bearbeitet werden. Einen wertvollen Beitrag und eine Aufstellung der zentralen Themen hat #OutInchurch mit seinem Manifest und den Forderungen eingebracht, ebenso wie der Diskurs des Synodalen Weges“.
„Die Lebenswirklichkeit queerer Menschen soll sich auch in der Öffentlichkeit des Bistums niederschlagen,“ erklärt Diözesanjugendseelsorger Pfarrer Mathias Berger seine Beauftragung. „Da geht es etwa um spirituelle Angebote, um Anwaltschaft und Netzwerkbildung sowie um Öffentlichkeitsarbeit und Fortbildungsformate für pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“ Schardt und Berger sind sich einig, dass dies alleine nicht zu schaffen sei, deshalb brauche es über die Kontakte zu den bestehenden Netzwerken wie Queernet oder das Netzwerk katholischer Lesben (NkaL) auch pastorale Netzwerke, die den Menschen für queere Belange zur Verfügung stünden. Beide wollen nicht ausschließlich für Menschen in jüngerem Alter da sein, sondern für Menschen in allen Lebensphasen.
Mathias Berger ist seit neun Jahren BDKJ-Diözesanpräses (Geistlicher Leiter des Dachverbandes der Jugendverbände). Davor war er fast vier Jahre Geistlicher Verbandsleiter bei der Katholischen jungen Gemeinde (KjG) und leitet jetzt das Bischöfliche Jugendamt (BJA) im Bistum Mainz. „Die Normalität und Unbefangenheit, mit der dort schon lang queere Jugendliche und junge Erwachsene Teil des Ganzen sind wünsche ich mir für die gesamte Kirche“, sagt er. „Und ich möchte dabei gerade den Blick auf junge Menschen behalten, bei denen entwicklungspsychologisch die Frage der eigenen sexuellen und geschlechtlichen Identität biographisch ansteht. Wenn Jugendverbände hier selbstverständlich sowohl Schutzräume als Raum für offen gelebte Diversität anbieten ist das für mich modellhaft für die Kirche insgesamt. Es entspricht zu 100 Prozent dem kirchlichen Auftrag, Menschen wertschätzend zu begleiten. Dass so viele Queere genau das von Kirche schon lang nicht mehr erwarten, zeigt, was noch zu tun ist.“
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