Von Donnerstag, 30. September, bis Samstag, 2. Oktober, fand im Congress Centrum der Messe Frankfurt die Zweite Synodalversammlung des Synodalen Weges statt. Erstmals seit eineinhalb Jahren konnten sich alle rund 230 Delegierte sowie die Beraterinnen und Berater aus der Ökumene und aus dem Ausland wieder in Präsenz treffen. Die Mainzer Delegation bestand aus Bischof Peter Kohlgraf, Weihbischof und Generalvikar Dr. Udo Markus Bentz, Martin Buhl (für den Katholikenrat) und Pfarrer Markus Wigbert Konrad (für den Priesterrat). Über die Bundesebene wurden entsandt: Isabella Vergata Petrelli (für die Gemeinden anderer Muttersprache) sowie Daniela Ordowski (für den Bund der Deutschen Katholischen Jugend - BDKJ). Weihbischof Bentz hatte wieder zusammen mit Andrea Heim, der Bundesgeschäftsführerin der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB), einzelne Teile der Tagung moderiert.
Im Mittelpunkt der zweitägigen Versammlung stand die Beratung der Textvorlagen aus den
vier thematischen Foren zu den Themen „Macht und Partizipation“, „Priesterliche Lebensform“, „Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche“ sowie „Sexualmoral“. Die Delegierten hatten bereits in den letzten Wochen Gelegenheit, über ein Online-Programm Änderungsanträge zu formulieren. Die komplette Synodalversammlung war als Livestream im Internet übertragen worden. Die dritte Synodalversammlung ist für 3. bis 5. Februar 2022 in Frankfurt terminiert.
Im Nachgang zur Synodalversammlung haben die Teilnehmer aus Mainz ihre Eindrücke zusammengefasst und teilweise in den sozialen Medien veröffentlicht:
Bischof Peter Kohlgraf schrieb auf Facebook: „Es waren aufregende Tage, viel Textarbeit, Abstimmungen, aber auch schöne Begegnungen und Wiedersehen. Schade, dass die Sitzungen frühzeitig beendet werden mussten, aber folgerichtig. Bei manchem Schwierigem, auch für mich: die Beteiligten sorgen sich um die Kirche und ich mit ihnen. Dennoch erinnere ich an meinen Wahlspruch: das Reich Gottes ist (und bleibt) nahe!“
Weihbischof und Generalvikar Dr. Udo Markus Bentz fand die Beratungen und die ersten Voten insgesamt konstruktiv: „Fast immer ist mit einer mehr oder weniger Dreiviertel-Mehrheit entschieden worden.“ Das sei eine gute Basis für die Weiterarbeit. Es sei deutlich geworden, dass in vielen der Einzelthemen die vorgelegten Texte grundsätzlich in eine gemeinsame Richtung gingen, wenngleich noch keine endgültigen Festlegungen getroffen worden seien. Man könne sehen, dass die eigentliche inhaltliche Arbeit zwischen den Vollversammlungen in den Foren, bei Hearings und in konkreter Textarbeit geschieht. Die Arbeitsweise der Vollversammlung müsse daher noch einmal überdacht werden, so Bentz. Er sagte: „Ich habe den Eindruck, dass sich im engen Zeitrahmen zu wenige Teilnehmer äußern können. Ob die lautesten und aktivsten Diskutanten in den knappen Zeitfenstern auch immer die konstruktivsten Beiträge bringen, sei dahingestellt. Es geht nicht um eine Aneinanderreihung von Statements. Die Vollversammlung braucht noch andere Formen, damit möglichst viele aufeinander hören und miteinander zu einer guten Unterscheidung der Geister kommen können. Darin liegt die Herausforderung echter Synodalität.“
Martin Buhl sagte, er sei „mit einer Portion Ärger über die Entscheidungen des Papstes, die Rücktrittsangebote der (Weih-)bischöfe aus Hamburg und Köln nicht anzunehmen, zur zweiten Vollversammlung des Synodalen Wegs gefahren“. Die Synodalversammlung habe er als sehr ermutigend erfahren: „Ich habe während des gesamten Prozesses ein sehr ernsthaftes und differenziertes Ringen um die Frage erlebt, wie das Evangelium heute in dieser unserer Welt durch uns als Kirche glaubhaft verkündet werden kann.“ Die Diskussionen im Vorfeld zu den Textentwürfen und der Austausch während der Synodalversammlung hätten gezeigt, dass alle Synodale nach einem guten Weg suchen, notwendige Veränderungen in der Kirche verantwortungsvoll anzugehen.
„Gefreut hat mich, dass durchweg in allen Abstimmungen deutlich wurde, dass ein überwiegender Teil der Synodalen und ein großer Teil der Bischöfe den durch die Texte vorgegebenen Weg der Erneuerung mitgehen wollen. Es gab nie mehr als 30 Gegenstimmen (bei gut 200 Anwesenden), sodass mindestens die Hälfte der Bischöfe der Grundausrichtung der Textvorlagen zugestimmt hat“, sagte Buhl. Beeindruckend fand er die geistliche Grundstimmung der Versammlung: „Das Innehalten im Gebet, das gemeinsame Feiern der Eucharistie und das Bewusstsein, von der Gemeinschaft getragen zu sein, haben die Synodalversammlung geprägt.“ Eine Begebenheit lässt ihn allerdings ratlos zurück: „Wie es gelingen mag, die Minderheitsmeinungen so ins Gespräch mit der Mehrheit der Synodalen zu bringen, dass ein Ausgleich möglich ist. Im Moment habe ich den Eindruck, dass das nicht zu schaffen ist.“
Pfarrer Markus Wigbert Konrad erlebte die Atmosphäre im Großen und Ganzen sehr wertschätzend. Er sagte: „Die breite Zustimmung zur Weiterentwicklung der - aus meiner Sicht - verengten Sexualmoral zu einer Beziehungsmoral halte ich für einen echten Meilenstein. Einige Statements - gerade wenn es um das Thema Missbrauch geht, beschämen und erschüttern mich sehr. Gerade dann, wenn nicht angemessen in der Wortwahl darauf reagiert wird.“ Das Bistum sei im Blick auf die angenommenen Vorschläge synodal bereits gut aufgestellt. Er sei gespannt auf die weitere Entwicklung. Im Hinblick auf die Erlaubnis für Laien, zu predigen, sagte Konrad: „Die Predigterlaubnis für theologisch fundiert ausgebildete Frauen und Männer ist eigentlich schon längst überfällig. Die Komplexität der Erfahrungen macht es geradezu notwendig, das Evangelium aus verschiedenen Sichtweisen heraus zu deuten - und das auch in der Eucharistiefeier.“
Isabella Vergata Petrelli musste das Erlebte, besonders das abrupte Ende aufgrund fehlender Beschlussfähigkeit, erstmal verarbeiten. „Aber ich bin dankbar für diese wertvollen Tage, für die richtungsweisenden Beratungen, die guten Entscheidungen, für das ehrliche Ringen und den (ehrenamtlichen) Einsatz. Die Kirche lebt und sie ist vielfältig!“ Vergata Petrelli betonte, dass die Versammlung unter internationaler Beobachtung stehe, und man froh sein könne über den erfolgreichen Verlauf. Gleichwohl hatte sie ein ambivalentes Gefühl bei der Anreise, weil sie die Nachrichten aus Rom ratlos gemacht hatten.
„Jetzt denke ich: Wir waren mutig und dürfen weiterhin mutig sein. Wir dürfen nicht vergessen, weiter zu gehen auf dem Weg. Die Aussage, die mir in Erinnerung bleiben wird, stammt vom Betroffenenbeirat und lautet: ‚Der Weg ist noch lang, aber wir stellen fest, der Weg entgeht beim Stehen!‘“ Und sie fügte hinzu: „Lasst uns gemeinsam weiterhin auf dem Weg gehen und dabei die Gemeinden anderer Muttersprache nicht vergessen.“
Daniela Ordowski sagte: „Die Synodalversammlung hat gezeigt, dass sich eine große Mehrheit deutlich für die notwendigen Reformen in der Kirche stark macht und konstruktiv mitarbeitet, um die strukturellen Gründe für sexualisierte Gewalt in unserer Kirche zu beseitigen. Ich setze auf den Mut aller Teilnehmer*innen, auch insbesondere der Bischöfe, die wichtigen Schritte umzusetzen und keinen Raum für Menschenfeindlichkeit zu lassen.“
Stichwort: Der Synodale Weg
Der Synodale Weg ist die gemeinsame Suche der deutschen Bischöfe und der Laien in der katholischen Kirche nach Antworten auf die gegenwärtige Krise, die unter anderem durch die Veröffentlichung der MHG-Studie „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ (September 2018) deutlich geworden ist. In einem auf zwei Jahre angelegten gemeinsamen Synodalen Weg will die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) nach Schritten zur Stärkung des christlichen Zeugnisses suchen.
Hinweis: bistummainz.de/synodaler-weg