Elfchen im Alten- und Pflegeheim St. Elisabeth in Bürstadt

30 Poeten im Alter von 13 bis 92 Jahren slammen gemeinsam

Poetry Slam Workshop in Bürstadt (c) DiCV Main e.V.
Poetry Slam Workshop in Bürstadt
Datum:
Do. 9. Feb. 2017
Von:
Claudia Betzholz
Bürstadt. „Herzlich willkommen zum „Slam für das WIR“ in Bürstadt. Ich freue mich sehr über dieses große Experiment!“, so begrüßte Ken Yamamoto die Schüler der Erich Kästner-Schule, die Mieter des Betreuten Wohnens und Bewohner des Alten-und Pflegeheims St. Elisabeth am Mittwoch zum Poetry Slam Workshop von youngcaritas und BDKJ im Bistum.

Den 30 Teilnehmern im Alter von 13 bis 92 Jahren war die Aufregung und Spannung anzumerken und die Worte von Elli Behringer trafen wohl auf alle zu: „Ich weiß nicht, was Poetry Slam ist, doch ich lass mich überraschen“, so die 70-jährige Mieterin des Betreuten Wohnens. Zusammen mit Ursel Hanske und Aurelia Arnold saß sie am Tisch mit Daniel, Nikita und Lukas. Elfchen, Rondell, Wortanfangsgedicht, all diese Gedichtformen waren den Schülern zwar durch einen Kurs Kreatives Schreiben vertraut, doch Poetry Slam kannten auch die Achtklässler noch nicht.
Poetry-Slammer Ken Yamamoto gelang es schnell, Unsicherheit bei Alt und Jung zu vertreiben. Einfühlsam und wertschätzend führte der Schriftsteller aus Berlin die Schüler, Bewohner und Mieter durch den Tag. Gestartet wurde mit einer Kennlernrunde in Kleingruppen. An fünf altersgemischten Tischen erzählten die Älteren den Jüngeren von früher. Von den großen Familien, der Nachkriegszeit, dem Spielen auf der Straße, den kratzenden Pullis aus Schafswolle. Aber auch von heute wurde erzählt: Vom Internetcafé, in welchem den Enkeln E-Mails geschrieben werden oder dem ausgefüllten Wochenplan mit Gymnastik, Massage und Handarbeit. Die Schüler waren interessiert, fragten nach, erzählten auch von sich.
Nach dem Kennenlernen wurden die ersten Elfchen geschrieben. Das sind Gedichte, die nur elf Wörtern bestehen dürfen. Es war erstaunlich, wie kreativ und engagiert alle gemeinsam arbeiteten und nachdachten. Mit Mikrophon lasen Schüler und Senioren der großen Runde ihre Werke vor.
Nach gemeinsamem Mittagessen coachte der Profi die jungen und älteren Slammer noch weiter, und viele schrieben einen Brief aus der Zukunft an sich selbst. Lebe dein Leben wie du willst, so der Grundtenor der Briefe der jungen Menschen. „Recht haben sie“, meinte so manche ältere Zuhörerin. „Wir konnten uns früher nicht so entfalten, heute würde ich da einiges anderes machen.
Dann ging es an die Texte, die bei der Präsentation um 15 Uhr vorgetragen werden sollten. Die Eindrücke des Tages, die Erlebnisse, das Gehörte wurde in unterschiedliche Gedichtarten eingearbeitet. Der Briebelsaal füllte sich derweil mit Eltern, Netzwerkpartnern und auch die Bürgermeisterin, der evangelische Pfarrer, Stefanie Rhein, Mitglied der Geschäftsführung des Caritasverbandes Darmstadt und Christoph Schäfer vom Projekt „SoNAh“ des Diözesancaritasverbands - sie alle kamen, um die Ergebnisse des "Slam für das WIR" zum Thema Jung und Alt zu hören.
Und dann folgte eine Präsentation der Schüler und auch von zwei älteren Teilnehmerinnen, die nicht nur Bürgermeisterin Bärbel Schader „eine Gänsehaut“ verlieh. „Die Texte wurden von Herzen vorgetragen, das hat mich sehr bewegt.“ Auch Schulleiterin Stephanie Dekker, die das Kreative Schreiben leitet, war stolz auf ihre Schüler. Die Schule und das Heim pflegen schon seit 25 Jahren Kontakt miteinander, auch durch das Projekt „Old meets Young“. Pfarrer Rainer Heymach war von den Gedichten und Vorträgen so begeistert, dass er ganz spontan ein eigenes Elfchen schrieb. Doris Keinz, ehrenamtliche Mitarbeiterin in der Cafeteria, präsentierte ein Gedicht auf Bürstädterisch zum Poetry Slam und eine Mieterin las einen Brief an ihr „junges Ich“ vor. „Dies war heute eine wunderschöne Begegnung von Jung und Alt“, so Heimleiter Schwering, dem das selbstverständliche Miteinander der Generationen schon seit Jahren ein großes Anliegen ist.
Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Caritas im Bistum Mainz starten youngcaritas und der BDKJ drei weitere Workshops in Worms, Kelsterbach und Mainz mit Ken Yamamoto – zu den Themen Flucht/Heimat, Sucht und Wohnungslosigkeit.
Claudia Betzholz

Fotos und Filmclips aus Bürstadt unter:

www.caritas-bistum-mainz.de/100-jahre-caritas/wir-feiern/youngcaritas-aktion/buerstadt/

Allgemeine Informationen zum „Slam für das WIR“:

www.caritas-bistum-mainz.de/100-jahre-caritas/wir-feiern/youngcaritas-aktion/youngcaritas-aktion