"Welche bedeutenden Veränderungen, Neuerungen sehen Sie im Umfeld auf die Stiftung zukommen? " Interview mit Eberhard Hüser anlässlich des Wechsels im Vorstand der Ökum. Hans-Voshage-Hospizstiftung Mainz im März 2020
Hallo Herr Hüser, wir plaudern hier im Spätsommer auf Ihrer Terrasse bei einer Tasse Kaffee und Sie wirken sehr entspannt und zufrieden.
Vor gut sechs Monaten haben Sie, zusammen mit Herrn Dr. Engelhardt auf eine Wiederwahl Ihrer langjährigen ehrenamtlichen Vorstandsaufgabe in der ökumenischen Hans-Voshage –Hospizstiftung Mainz, verzichtet.
Frage: Was hat Sie bewogen diese langjährige Aufgabe in andere Hände zu geben?
Hr. Hüser: Mit 18 Jahren ist heute ein junger Mensch erwachsen. Auch die Stiftung ist erwachsen geworden. Außerdem habe ich in meinem Beruf gelernt: es ist gut immer wieder einen Schnitt zu machen. Das setzt eigene Kräfte frei und gibt - in diesem Fall - der Stiftung neue Chancen…
Frage: Können Sie sich noch an den Anfang, quasi die Geburtsstunde der Ökumenischen Stiftung erinnern? Wann war das, was war der Anlass und mit welcher Intention erfolgte die Gründung in ökumenischer Trägerschaft?
Herr Hüser: Daran kann ich mich noch gut erinnern. In der ersten Sitzung des neuen Hospizbeirates, an dem ich Anfang 1997 teilnehmen konnte merkte ich: Der Hospizarbeit mangelte es an stabilen Einnahmen. Die Gehälter wurden aus Spenden bezahlt: eine abenteuerliche Situation. In dem Moment erinnerte ich mich daran, dass ich immer wieder gehört hatte: „Jetzt ist eine Zeit, in der müssen Stiftungen gegründet werden.“ Ich wollte eine ökumenische Stiftung mit kirchlicher Stiftungsaufsicht. Als mir klar wurde, dass so etwas in beiden Kirchen bisher nicht vorgesehen war, habe ich bei einem Empfang im Priesterseminar mit Kardinal Lehmann mein Anliegen besprochen. Und schon war der Weg frei, gemeinsam mit der Evangelischen Kirche Hessen und Nassau und dem Bistum Mainz die erste ökumenische Stiftung auf den Weg zu bringen. Es war und ist ein gutes Zeichen, in diesem Arbeitsfeld gemeinsam unterwegs zu sein.
Frage: Wie kam es zu dem Namen Hans-Voshage-Hospizstiftung?
Diese Namensgebung gehört zu den besonderen Kostbarkeiten: Prof. Dr. Hans Voshage ist vor langer Zeit im Kreis seiner Familie gestorben. Ein junger Mediziner, der neu zum Kreis der Familie gehörte, hat dieses Sterben erlebt. Es hat ihn tief berührt. Gleichzeitig hat er gespürt, dass es dem Sterbenden und der Familie gut getan hätte, wenn sie auf qualifizierte Hilfe im Sterben hätten bauen können. Der junge Mediziner war der heutige Prof. Dr. Martin Weber. Er legte den finanziellen Grundstock der Stiftung, in Gedenken an Herrn Voshage: Also ist das Sterben von Herrn Voshage quasi das Grundkapital unserer Stiftung.
Frage: Im Mai des nächsten Jahres planen Sie eine Benefizveranstaltung zum dann 21-jährigen Jubiläum. Wie werden die Menschen, die spenden,auf die Stiftung aufmerksam?
Herr Hüser:. Ich habe immer versucht, das Vertrauen der Menschen zu gewinnen und dieses nicht zu enttäuschen. Mein Kapital ist das Vertrauen Im Vertrauen haben Menschen ihr Finanzkapital der Stiftung überlassen. Immer wieder habe ich in den Hospizmitteilungen kleine Artikel geschrieben, immer wieder habe ich auf den Mitgliederversammlungen des Hospizvereins von der Stiftung erzählt und die Anwesenden gebeten, anderen von den Zustiftungsmöglichkeiten zu erzählen.
Frage: 20 Jahre sind eine lange Zeit, die Hospizbewegung ist aus dem Nischendasein herausgetreten. Wie konnten und können Sie mit der Stiftung helfen?
Herr Hüser: Eine großartige Erfahrung ist es für mich, wie der ambulante Hospizverein zu einer wirkungsvollen Bewegung und Institution mit einer komplexen Struktur geworden ist und die Hospizszene in Mainz mit viel Vertrauen untereinander und ohne Eifersucht und Konkurrenz arbeitet. Eine echte “Hospizfamilie in Mainz“. Gern haben wir diese Entwicklung mit der jährlichen Rendite des Stiftungskapitals unterstützt.
Frage: Rückblickend und mit Blick in die Zukunft: Welche bedeutenden Veränderungen, Neuerungen sehen Sie im Umfeld auf die Stiftung zukommen?
Herr Hüser: Gemeinsam mit vielen anderen Verantwortlichem muss das Thema eines „guten Sterbens“ auch in den Krankenhäusern und Altenpflegeheimen angegangen werden. Dabei kann die Stiftung mit ihren Möglichkeiten Startimpulse geben. So z.B. hat die Startförderung für eine Supervision für Mitarbeitende in der Begleitung von Sterbenden die Atmosphäre in einem Altenheim spürbarverbessert.
Frage: Gibt es ein Ereignis, ein Erlebnis, dass Sie in Ihrer langjährigen Tätigkeit so beeindruckt hat, dass Sie es gerne mitnehmen und bewahren möchten, als Erinnerung, als Geschenk?
Herr Hüser: Es gibt so viele kostbare Erinnerungen, die in meiner inneren Schatzkiste verwahrt sind. Nach der Urlaubszeit 2001 haben wir in der Zeit der Umstellung von den Nationalwährungen auf den Euro in allen Kirchen in Mainz eine Restdevisenkollekte angeboten. Das viele übrige Geld aus dem Urlaub war ja bei der nächsten Reise wertlos. Wir haben dieses Geld in den schweren Beuteln sortiert, Bekannten für ihre noch anstehende Reisen in die jeweiligen Länder mitgegeben und die Beträge dann in Euro auf unserem Konto gutgeschrieben. „Kleine Münze Hoffnung, uns umsonst geschenkt…“
Ein anderes Highlight war und ist die Fotoausstellung „Wegbegleiter im Sterben“, die bisher an über 20 Orten in Deutschland gezeigt wurde und immer wieder nachgefragt wird. Durch ihre berührenden Fotos hat sie den Hospizgedanken in die Öffentlichkeit getragen und viele interessante Gespräche ermöglicht.
Frage: Was schreiben Sie den beiden neuen Nachfolgern, Herrn Schofer und Herrn Gabel und auch Frau Helga Nose als dritte im Vorstand als wohlmeinenden Rat oder Gedanken in das Übergabebuch?
Herr Hüser: Bleiben Sie ruhig und gelassen, seriös und glaubwürdig. So werden Sie das Vertrauen der Menschen gewinnen. Und halten Sie den Kontakt mit Menschen, bleiben Sie Ihnen zugewandt mit Engagement und Humor.
Frage: Und zum Schluss ein kleiner Ausblick: Worauf darf man sich beim Jubiläumskonzert im kommenden Jahr in St. Stephan freuen?
Herr Hüser: Ich bin gespannt wie die Orgelmusik und die vorgetragenen Texte das ausgewählte Thema „…dass sie das Leben haben und es in Fülle haben“ interpretieren. Dies in enger Beziehung mit den Chagall-Fenstern wird das wesentliche Hospizthema zeigen.
Lieber Herr Hüser, danke für das Gespräch, die offenen Worte und die angenehme Gesprächsatmosphäre – trotz Abstands wegen Corona.
Sie und Ihre VorstandskollegInnen haben unendlich viel Aufbauarbeit geleistet, die Stiftung gestärkt und zu einem verlässlichen Partner gemacht.
Als Ihr Nachfolger sage ich -auch im Namen des neuen Vorstands: Danke für dieses Erbe.
Ich wünsche Ihnen alles Gute, Gottes Dank und Segen.
Das Interview führte Heribert Gabel, Vorstandsvorsitzender Ökumenische Hans.-Voshage-Hospiz-Stiftung, Mainz.