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Pilgerwanderung „Zu den Quellen“:Bei schönem Wetter kann jede:r pilgern

Wandergruppe mit Mann im gelben Regenponcho auf nassem Weg, eine Frau mit Schirm und Rucksack, eine weitere Frau mit grünem Poncho
Das Wetter war es nicht, was die Pilgerwanderung „Zu den Quellen“ entlang der Wallfahrtsorte von Wetterau und Vogelsberg zu einem gelungenen Erlebnis machten, sondern die vielfältigen Anregungen durch Menschen und Orte, die Gespräche und Zeiten der Stille, die Bewegung und die Suche nach Quellen und Veränderungen. Da ließ sich die Gruppe auch nicht die Motivation und Stimmung durch Starkregen an zwei von vier Wandertagen vermiesen.
Von:
Andreas Münster

Es waren durchaus die unterschiedlichen Wege und die vielfältige Natur, die den Charakter der Pilgertage von Sonntag (07.09.) bis Freitag (12.09.) ausmachten, breite geschotterte Waldwege und schmale Wiesenpfade, dunkle Laubwälder und weite Ausblicke auf Wiesen und Felder. Aber genauso prägend oder anregend waren die Begegnungen und Gespräche mit dem Menschen vor Ort und untereinander.

Bewegung durch Natur und christliche Kultur

Nach dem Beginn in Bad Vilbel bei schönem Wetter entlang der Nidda und der verschiedenen Mineralquellen, waren die Anforderungen der Strecke am ersten eigentlichen Wandertag noch moderat, dafür waren die Stationen gehaltvoll. Zunächst die Basilika in Ilbenstadt mit dem Grab des Hl. Gottfried von Cappenberg, dann die still im Wald gelegene Kapelle Maria Sternbach und danach eine letzte Rast im Kloster Engelthal. Vielfältige Glaubenszeugnisse, die die Gruppe auf unterschiedliche Weise angesprochen hat.

Der nächste Tag war von der Streckenlänge mit 25 km die „Königsetappe“, die dann auch noch rund zwei Stunden Starkregen mit sich brachte. Doch die Gruppe war motiviert und ließ sich nicht unterkriegen. In der abendlichen Tagesreflexion war ein Thema, wie man sowohl bei der Pilgerwanderung als auch im Leben mit Anstrengungen und Herausforderungen umgeht.

Der dritte Wandertag begann mit dem Besuch oder besser gesagt „Einfühlen“ in die wunderschöne gotischen Kirche von Hirzenhain, die bis zur Reformation ein Wallfahrtsort war. Danach war nach einer dreiviertel Stunde Weg eine Station in der Weidenkirche - ein Projekt eines Naturkünstlers, nämlich eine Kirche nur aus Pflanzen -, ganz anders als gotisch, aber nicht weniger schön. Nach insgesamt rund 20 km mit viel „Hoch und Runter“ stand der Besuch der katholische Kirche Herz Jesu in Schotten an. Die Kirche wurde nach dem zweiten Weltkrieg gebaut und ein Wallfahrtsort der Heimatvertriebenen, die jährlich an das Gelöbnis erinnert, trotz Sehnsuch nach der Heimat auf Gewalt, Rache und Vergeltung zu verzichten.

Der letzte eigentliche Pilgertag begann mit einer Führung durch die evangelische Marienkirche in Schotten mit dem bedeutenden mittelalterlichen Hochaltar und der berührenden Pieta. Der folgende Weg war nicht besonders lang, hatte aber einige Höhenmeter mit sich und wieder Vogelsberger Starkregen. Zum Glück gibt es an der Niddaquelle, dem ersten Ziel, eine Schutzhütte. So war sowohl eine Mittagsrast als auch die Impulse zu den Quellen im Trockenen möglich. Während des Abstechers zum Taufstein, dem höchsten Gipfel des Vogelsbergs und des Bistums Mainz, klarte das Wetter auf und am Hoherodskopf entschädigte der Ausblick zur rund 80 km entfernten Skyline von Frankfurt für manche Nässe.

Bewegungen der Seele

Neben den vielfältigen Wegen und Begegnungen gab es einige durchgängige Themen, die die am Ende sechsköpfige Gruppe beschäftigten. Bleibend war der (erfüllte) Wunsch, mal aus dem Alltag rauszukommen, sich aber auch mit grundlegenden Themen zu beschäftigen: für den einen war es die Frage nach dem Loslassen, für die andere die Besinnung auf die Quellen. Anderen ging es darum, mal in Bewegung zu kommen und waren dann fasziniert, wie stark die Begegnung mit den Menschen (geplant wie ungeplant) zur Reflexion über das eigene Lebenskonzept geführt hat. Für manche wurde die Nuss zu einem begleitenden Symbol. Pfr. Richardt (Ilbenstadt) hatte kurz vor seiner Führung in der Basilika noch ein paar Walnüsse aufgelesen und den Teilnehmer:innen mitgegeben. Der Impuls, welche Nüsse man im Leben vielleicht zu knacken hat, begleitete einige auf dem Weg und spielte dann in der Abschlussreflexion ein Rolle, so z. B. dass man ja erstmal eine kleinere Haselnuss des Lebens knacken kann, bevor man sich an die größer Walnuss macht.

Noch einige Themen mehr machten der Charakter der Gruppe aus, waren sowohl Anlass für liebevolle Spötteleien aber auch ernsthafte Gespräche: Wie wichtig ein Rahmschnitzel sein kann 😉. Wie aufregend (!) die Planung die Rückfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist, wenn es mehre Möglichkeiten gibt. Oder unter welchem Umständen ein Mundraub von einem voll hängenden Apfelbaum zu rechtfertigen ist. Aber das lässt sich schlecht beschreiben, dazu muss man dabei gewesen sein.