Sakramente -

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Kirchenfenster (c) sensum

kurz:

Sakramente

„Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar!“ Dieses Geheimnis, das der „Kleine Prinz“ dem Fuchs anvertraut (in: Antoine de Saint-Exupery, Der kleine Prinz), offenbart eine tiefe Weisheit, die jedem unmittelbar einleuchtet. Manchmal ist das Wesentliche eben nicht das, was wir unmittelbar vor Augen haben.

Ähnlich verhält es sich mit den Sakramenten der Kirche. Äußerlich betrachtet sind sie nichts als mehr oder weniger eindrucksvolle rituelle Handlungen: da wird etwas Wasser über den Kopf des Kindes (immer häufiger auch wieder eines Erwachsenen) gegossen, da wird Brot und Wein ausgeteilt, gegessen und getrunken, da werden mit Öl die Handflächen und die Stirn eines Kranken gesalbt.

Das Entscheidende aber, dass nämlich in diesen Zeichen Begegnung mit Jesus Christus geschieht, das kann nur im Glauben und mit dem Herzen erfasst werden.

ausführlich:

Sakramente

Sakramente sind Zeichen- oder Symbolhandlungen, die eine tiefere, religiöse Wirklichkeit vermitteln.

Sie sind eine Form der Kommunikation, der Begegnung zwischen Gott und dem Menschen. In und durch diese Zeichen und Riten begegnet Gott wirklich und unmittelbar dem Menschen. Im Unterschied zur evangelischen Kirche, wo nur Taufe und Abendmahl als Sakramente gelten, kennt die katholische Tradition 7 Sakramente: nämlich Taufe, Firmung, Eucharistie, das Bußsakrament, die Krankensalbung, die Ehe und die Priesterweihe.

Alle Sakramente zeichnen sich durch drei wesentliche Merkmale aus:

  • das äußere Zeichen, nämlich das eigentliche Symbol, der Ritus, die Handlung;
  • die innere Wirklichkeit oder Gnade, die durch das Zeichen vermittelt wird und
  • die Einsetzung durch Jesus Christus.

Da ist also zunächst das äußere Zeichen, also das, was ich sehen, hören, schmecken, spüren kann. Wenn etwa bei der Taufe Wasser übergegossen wird mit den deutenden Worten: „Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes!“, oder wenn bei der Eucharistie der Priester das Brot erhebt mit den Worten Jesu: „Nehmt und esst! Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird!“, oder wenn der Priester im Bußsakrament die Hand auflegt und spricht: „So spreche ich dich los von deinen Sünden…“ Alle diese Zeichen stehen für etwas: Wasser für das neue Leben, das Gott dem Glaubenden schenkt und für die Abwaschung der Sünden, die Lossprechungsformel der Beichte für die vergebende Liebe Gottes.

Aber, und das ist das, was ein Sakrament von einem gewöhnlichen Zeichen unterscheidet: die Riten und Symbole erinnern nicht nur an einen Gott, der uns etwa die Sünden vergeben will, sondern in diesen Zeichen geschieht zugleich, was sie bezeichnen. Sie sind nicht wie zum Beispiel ein Verkehrszeichen, das auf irgendeine Wirklichkeit hinweist, mit der es selbst aber nichts zu tun hat. Die Sakramente sind, wie die Theologen sagen: Realsymbole: sie enthalten und vermitteln die Wirklichkeit, die sie bezeichnen.

Das zweite Wesensmerkmal eines Sakramentes ist die inneren Wirklichkeit, die Gnade, die das Sakrament vermittelt. Nun darf man das freilich nicht falsch verstehen: Sakramente sind nicht ein Zaubertrank, der auf magische Weise unermessliche Kräfte vermitteln will. Die Gnade, die durch das Sakrament vermittelt wird, ist nicht irgendein magischer Hokuspokus, sondern es ist eine Form der Zuwendung Gottes, der Begegnung mit Gott.

Sakramente sind Zeichen der Nähe, der liebenden Gegenwart Gottes. Gott begegnet mir in den ganz unterschiedlichen Situationen und Stationen meines Lebens. Er stärkt mich und stützt mich durch seine heilsame Nähe, die im sakramentalen Zeichen konkret spürbar und erfahrbar wird.

Damit entsprechen die Sakramente im Übrigen genau der Art und Weise, wie wir Menschen „gestrickt“ sind. „Ganzheitlichkeit“ ist in den letzten Jahren ein zentrales Stichwort geworden. Gemeint ist damit die schlichte Tatsache, dass der Mensch ein Wesen aus Leib und Seele ist, und dass beides nicht voneinander zu trennen ist. Seelische Probleme haben Auswirkungen auf die leibliche Gesundheit und umgekehrt. Dieser Grundverfasstheit des Menschen als Leib-Seele-Einheit entspricht die Art und Weise, wie uns Gott in den Sakramenten begegnet: eben nicht nur über den Kopf, über die Vernunft, den Verstand. Sondern das Heil, die Begegnung mit Gott geschieht in den sakramentalen Zeichen leiblich erfahrbar: ich kann die heilsame Nähe und Liebe Gottes im buchstäblichen Sinn spüren, fühlen, schmecken. Deshalb stehen die Sakramente grundsätzlich an den sogenannten Knotenpunkten des menschlichen Lebens (Geburt, Erfahrung von Gemeinschaft, Erwachsenwerden, Krankheit, Schuldigwerden, Entscheidung zur Partnerschaft...).

Bleibt noch das dritte Merkmal, das ein Sakrament ausmacht: die Einsetzung durch Jesus Christus. Und an diesem Punkt wird es richtig schwierig. Sakramente im eigentlichen Sinn sind nur die Zeichen, die unmittelbar von Jesus Christus eingesetzt wurden. Bei der Eucharistie ist das noch unstrittig: die Evangelien berichten übereinstimmend vom letzten Abendmahl. Bei den meisten anderen Sakramenten ist es erheblich schwieriger: Wann genau hat Jesus die Priesterweihe eingesetzt? Als er seine Jünger berief? Oder als er sie ausgesandt hat? Und wann hat er das Ehesakrament eingesetzt? Genau aus diesem Grund hat Martin Luther den größten Teil der klassischen Sakramente abgelehnt: weil er keinen ausdrücklichen Beleg für die Einsetzung durch Jesus erkennen konnte. Nun, die katholische Tradition versteht „Einsetzung“ anders: Hier geht es nicht um ein historisch festzumachenden Datum oder Wort Jesu, mit dem er dieses oder jenes Sakrament eingesetzt hat. Gemeint ist vielmehr, dass die Sakramente Wurzeln im konkreten Tun und Handeln Jesu haben: in seiner heilenden Zuwendung zu den Kranken etwa, in der immer wieder den Sündern zugesagten Vergebung, in der Berufung und Aussendung der Jünger. Die „Einsetzung“ der Sakramente in einem tieferen Sinn geschieht schließlich am Kreuz: durch seine liebende Hingabe und seine Auferstehung empfangen die Sakramente ihre Heilsbedeutung. Die konkrete Ausgestaltung der sieben Einzelsakramente geschieht schließlich in der Praxis der Kirche. Weil und insofern die Kirche selbst von Christus kommt und er in seiner Kirche lebendig bleibt, sind die Sakramente von Christus eingesetzt, auch dann, wenn sie sich in ihrer konkreten Gestalt erst im Laufe der Geschichte entfaltet und entwickelt haben.

Die Kirche hat auch immer deutlich gemacht, dass es zwischen den sieben Sakramenten durchaus auch Unterschiede in der Bedeutung gibt. Vor allem zwei Sakramente hatten von Anfang an eine ganz herausgehobene Bedeutung vor allen anderen, nämlich Taufe und Eucharistie, die deshalb auch die Hauptsakramente („sacramenta maiora“) genannt wurden, während die anderen fünf als Nebensakramente („sacramenta minora“) bezeichnet werden. Warum ausgerechnet Taufe und Eucharistie eine so besondere Bedeutung zukommt, liegt auf der Hand: wenn die Kirche selbst der lebendige Leib Christi ist, dann kommt dem Sakrament, das in diesen Leib eingliedert (der Taufe) und dem Sakrament, das diese lebendige Gemeinschaft immer neu verwirklicht, eine besondere Bedeutung zu. Der Katechismus der Katholischen Kirche ordnet die 7 Sakramente in drei Gruppen: Taufe, Firmung und Eucharistie sind die Sakramente der Initiation, also der Eingliederung in die Kirche; Buße und Krankensalbung werden als Sakramente der Heilung bezeichnet; das Weihesakrament und die Ehe sind schließlich die Sakramente des Dienstes für die Gemeinschaft oder auch Standessakramente.

Autor(en): Tobias Schäfer