Schmuckband Kreuzgang

Die Glocken von St. Joseph Alzey

Glocken Alzey (c) Pfarrer Bretz (Ersteller: Pfarrer Bretz)

Was ist eine neue Kirche ohne ihre Glocken?

Die Glockenweihe am 11. Dezember 1966 – dem dritten Adventsonntag

Mit der Anschaffung dieses Geläutes wurde nun endgültig, nach 70 Jahren das am 04. Mai 1897 gemachte ‚Testament Weisbrod‘ erfüllt, ein Testament zur Anschaffung eines Geläutes, das dem der Nicolai-Kirche ebenbürtig sei.

Die Stiftung musste aber zwei Weltkriege und zwei Inflationen und Währungsreformen überstehen.

Die drei kleineren Glocken waren bereits im Jahr 1960 angeschafft und am 26. Februar 1960 bei Schilling in Heidelberg gegossen worden.

Sie hingen bis zum Abriss der zweiten Josephskirche 1965 dort im Turm.

Nachdem der 33 Meter hohe Campanile fertiggestellt war, entschloss sich die Pfarrgemeinde schon vor der Fertigstellung der Josephskirche selbst die Glocken zu Weihen und Aufzuhängen.

Bereits im Juni 1960 kam der Wunsch auf, die drei Glocken wenigstens aufzuhängen, damit die Gemeinde zu Beerdigung und sonstigen Anlässen über ein Geläute verfügt. Der Guß der beiden neuen großen Glocken, der für Juli/August vorgesehen war verzögerte sich nämlich.

Der Guss erfolgte dann erst am 14. Oktober 1966. Die Firma Schilling meldet am 24. November dann schriftlich den gelungenen Glockenguss, der aber noch von Msgr. Prof.Dr. Köllner, dem Mainzer Glockensachverständigen abgenommen werden muss. Mit Schreiben vom 02. Dezember 1966 bestätigt der Generalvikar, Domdekan Haenlein den Glockenweihtermin unter den gegebenen Kirchenmusikalischen Bedingungen.

Am Freitag, dem 09. Dezember 1966 werden die beiden Glocken nach Alzey gebracht und nach der Glockenweihe von Montag dem 12. Dezember an im Glockenstuhl montiert.

Das Geläute mit seinen Tönen  e‘  g‘  a‘  c‘‘ und d‘‘ harmoniert vollständig mit dem Geläute der Nicolaikirche.

Am Sonntag, dem 11. Dezember 1966, um 15.00 Uhr, es ist der dritte Adventsonntag, werden die Glocken von Domkapitular Dr. Adam Groh in einer kleinen gottesdienstlichen Feier, musikalisch umrahmt vom Kirchenchor, geweiht.  Es schließt sich ein Rundgang über die Kirchenbaustelle an. Die Stadtnachrichten berichten darüber am 13. Dezember 1966.

Im Kirchenführer des Jahres 1971 beschreibt Dekan Nau voller Stolz das nun vollständige Geläut:

  1. Die Christusglocke – Ton: e‘ – 21 Zentner – mit der Aufschrift: Ut Christus honorificetur ab omnibus et in omnibus – Christus möge von allen und in allem geehrtwerden.
  2. Die Marienglocke – Ton: g‘ – 12,20 Zentner – mit der Aufschrift: Ut Maria sit mater omnium Christifidelium – Maria sei die Mutter aller Christgläubigen.
  3. Die Georgsglocke – Ton: a‘ – 8,05 Zentner – mit der Aufschrift: Ut unitatem appetatis – Erstrebt die Einheit
  4. Die Franziskusglocke – Ton: c‘‘ – 5,66 Zentner – mit der Aufschrift: Ut amorem exerceatis – Übt die Liebe.‘
  5. Die Josephsglocke – Ton: d‘‘ – 3,94 Zentner – mit der Aufschrift: Ut plebs sancta fiatis – Werdet ein heiliges Volk.

 

In einem Schreiben vom 08. November 1966 teilt Architekt Ditt der Firma Schilling die Wünsche der Pfarrei bezüglich der Inschriften mit:

‚Für die e‘

+ Christus +

Ut Christus honorificetur ab monibus et in omnibus

gegossen von F.W.Schilling, Heidelberg, aus Mitteln der Alzeyer Weisbrodstiftung   mit Datum

und für die g‘

+ Sancta Maria+

Ut Maria sit Mater omnium fidelium

gegossen  von F.W.Schilling, Heidelberg, aus Mitteln der Alzeyer Weisbrodstiftung  mit Datum’

 

Dekan Nau gibt im Kirchenführer auch die Deutung der Glocken. Die beiden schwersten Glocken wurden nach Christus und Maria benannt, weil beide Personen eine besondere Stellung im Heilswerk der Erlösung haben. St. Georg war der Pfarrpatron der vorreformatorischen Kirche in Alzey zu einer Zeit, in der alle Christen im Glauben geeint waren. Darum die Mahnung zur Einheit. St. Franziskus ist der Vater der Kapuziner, die in der nachreformatorischen Zeit von 1685 bis 1803 hier in Alzey die Seelsorge ausübten. Diese Glocke soll uns zur Liebe mahnen, die der Wesenszug des Heiligen und seines Ordens ist. Nur durch die Liebe kommen wir zur Einheit. St. Joseph ist der Pfarrpatron der drei nachreformatorischen Kirchen in Alzey. Ihn bitten wir darum, daß durch seine Hilfe unsere Gemeinde ein ‚heiliges Volk Gottes‘ werde!‘

 

Segensgebet beim Glockenguss

Allmächtiger Gott, Herr des Himmels und der Erde, die ganze Schöpfung verkündet dein Lob. Sieh auf das Werk unserer Hände und segne dieses flüssige Metall, das für den Guß einer Glocke bestimmt ist. Leite seine feurigen Ströme und schenke unserem Mühen Erfolg. Gib, daß die neue Glocke deinen Namen verherrliche inmitten deiner Gemeinde. Das gewähre uns durch Christus, unseren Herrn. Amen.

 

Segensgebet zur Glockenweihe

Herr des Himmels und der Erde, dich preist die ganze Schöpfung. Im Himmel und auf der Erde erschallt dein Lob. Voll Vertrauen bitten wir dich: Segne  +  diese Glocke, die dein Lob kündet. Sie soll deine Gemeinde zum Gottesdienst rufen, die Säumigen mahnen, die Mutlosen aufrichten, die Trauernden trösten, die Glücklichen erfreuen und die Verstorbenen auf ihrem letzten Weg begleiten. Segne alle, zu denen der Ruf deiner Glocke dringen wird, und führe so deine Kirche von überallher zusammen in dein Reich. Das gewähre uns durch Christus unseren Herrn. Amen.

 

Der Vertrag mit der Glockengiesserei F.W. Schilling

Der Vertrag mit der GLockengiesserei F.W.Schilling in Heidelberg datiert auf den 13. September 1965.

Die beiden neu angefertigten Glocken haben ein Gewicht von 1050 kg und 610 kg und ein Durchmesser von 121cm und 101 cm.

Der Gießerlohn für die 1660 kg berechnet sich auf 2,40 DM als Einheitspreis je Kg, also 3.9884,- DM

Die fünf Armaturen kosten 1.330,- DM für die Glocken e‘ und g‘

und für die drei kleineren Glocken a‘, c‘‘, und d‘‘  895,- DM.

Der Glockenstuhl selbst mit einem Gewicht von 2000 kg kostet 4.400,- DM

Die Montagekosten betragen 800,- DM.

Es werden 1660 kg Bronze für die Glocken benötigt und zusätzlich 83 kg Bronze für den Abbrand.

Insgesamt 1743 kg Bronze zum Tagespreis von 6,60 DM, was eine Summe von 11.503,80 DM ergibt.

Montage der fünf Glocken, der Guß der beiden neuen Glocken, Glockenstuhl und Armaturen kosten dann insgesamt 22.912,80 DM

 

Kurze Rückblicke zur Glockengeschichte

Die Glockenweihe vom Palmsonntag, dem 03. April 1960

Die Pfarrchronik bewahrt auf den Seiten 291f die Erinnerung an die Glockenweihe des Jahres 1960 auf: Der Verwaltungsrat hatte am 29. April 1959 beschlossen, bereits vor dem Neubau der Kirche drei Glocken gießen zu lassen. Bezahlt wurden sie durch die Stiftung der Geschwister Weisbrod, die für diesen Zweck Äcker und Felder gestiftet hatten. Die Glocken, bei der Firma Schilling in Heidelberg bestellt, wurden dort am 26. Februar 1960 um 17.30 Uhr gegossen. Eine kleine Abordnung von 38 Pfarrangehörigen waren mit Dekan Nau dort. Der Dekan segnet die Arbeiter und den Guß der Glocken.

Eingeklebt, der Zeitungsartikel vom Montag, dem 04. April 1960:

Am Samstag, dem 02. April, dem Samstag vor dem Palmsonntag wurden die Glocken feierlich eingeholt.

Von Heidelberg kommend, wurden sie von der Pfarrjungend im Kettenheimer Grund geschmückt.

Das Transparent lautete:

‚Im Trugbild der Zeit – Mahner der Ewigkeit.‘
Von der Gemeinde wurden die Glocken am Stadthallenplatz empfangen und unter Geleit der Kirchenmusik setzten sie sich durch die St. Georgenstrasse Richtung Roßmarkt und Obermarkt in Bewegung. Ein Glocke vom Turm der Nicolai-Kirche begrüßte – ein ökumenisches Willkommen und ein schönes Zeichen, wie der Pfarrer betonte.

Vom 06. Bis zum 08. April 1960 wurden sie montiert, die kleine Glocke, die der Pfarrei 1942 verblieb wurde abgenommen. Die Montage kostete 235,- DM. Die Elektrifizierung des Geläutes erfolgt dann vom 11. bis zum 13. April.

So konnten, handgeläutet, die neuen Glocken, am Palmsonntag geweiht, in der Osternacht vom 09. auf den 10. April 1960  beim Gloria zum ersten mal erklingen.

 

Die Glockenweihe am Palmsonntag

Am späten Nachmittag des Palmsonntags versammelte sich die Gemeinde um mit Domdekan Kallfelst die Orgelweihe zu begehen. Es war Wetter, wie an einem Sommertag, vermerkt die Chronik.

Pfr. Dusse und Vertreter des evangelischen Kirchenvorstandes nahmen an der Feier teil.  Bürgermeister Bechtolsheimer überbrachte die Grüße des Stadtrates.

 

Schematismus der Diöcese Mainz – 1898

Kirche:

mit Sakristei und Dachreiter (2 Glocken) im südöstlichen Stadtteil neben der ‚großen Stadtkirche‘ gelegen, ist sehr geräumig, hoch und hell, für Predigt leicht. Einige Theile feucht, besonders im Chor. 1836 – 40 im sog. Scheuerstil von Kreisbaumeister Wetter erbaut. Patron: St. Joseph, Schutzpatron. Sonntäglicher Gottesdienst: 7 Uhr Frühmesse, 9 ½  Uhr Hochamt mit Predigt, Nachmittags 2 Uhr Christenlehre und Andacht.

Die Katholiken haben das freie Nutzungsrecht der 3 kleinen Glocken in der evangelischen Kirche und auf diese Weise 5 Glocken im Gebrauch.

 

Karl Johann Brilmayer, Rheinhessen in Vergangenheit und Gegenwart – Reprint von 1909

Alzey – Die jetzige katholische Kirche

Wurde an Stelle der zu klein gewordenen Kapuzinerkirche in den Jahren 1836 – 1840 erbaut und dem hl. Joseph geweiht. Sie hat drei Altäre, den Hauptaltar, den Muttergottes- und den Josephsaltar. Im Turme hängen zwei Glocken. Die große wurde von Hamm in Frankenthal im Jahre 1850 gegossen, sie hat folgende Inschrift: ‚haeC  sVnt  aLzeIae CoLLeCta  a  CIVIbVs  aera tU  qVI  reX  CoeLI  reDDere  pLVra  VaLes.‘‘ (1850). Auf der Rückseite befindet sich das Alzeyer Wappen.

Die kleine Glocke trägt auf der Vorderseite das Bild des hl. Laurentius von Brindisio, auf der Rückseite das Bild des hl. Franziskus. Die Inschrift lautet:

‚Diese Glocke hat fur die P.P. Capuciner in Alzey machen lassen H. Henr. Anton Fabis und dessen Ehegemal Margarita zu laeuten fur Sterbende und Verstorbene  1784  U. F. G. Shrader.

Diese genannten Glocken müssen nun während des Ersten Weltkrieges requiriert worden sein, denn ein Zeitungsartikel, den die Chronik aufbewahrt berichtet voller Stolz, das mit der Kirchenrenovierung in den Jahren 1926 bis 1928 auch drei neue Glocken angeschafft werden konnten.

Für 4.850,- Mark wurden drei Glocken angeschafft: Franziskus – St. Georg – St. Joseph. Dieses Geläute, so berichtet die Pfarrchronik führte aber nicht zur ökumenischen Harmonie.

Man wollte tatsächlich das neue Geläute auf das Geläute der Nicolai-Kirche abstimmen.

Die Firma Hamm, Frankenthal, gab der Pfarrei die Auskunft:

Die Glocken in Nicolai sind gestimmt:  h, d, fis, dis.  Dies war auch der ursprüngliche Plan. Tatsächlich, mit einer Einsparung an Metall, hat die Firma Hamm aber ein Geläute mit der Stimmung c, es, g und b ausgeführt.

Das neue Geläut, dass dann am 14. August 1926 für die katholische Kirche bei Schilling bestellt wurde war gestimmt: gis, h, cis.

Die Pfarrchronik muss dann für das Jahr 1943 den Abtransport der beiden größeren Glocken zu Kriegszwecken berichten.

 

Die Glockenweihe des Jahres 1926

Die Glocken, die Schematismus und Brilmayer beschreiben wurden im Laufe des Ersten Weltkrieges zum Kanonenfutter.

Stolz berichtet die Pfarrchronik auf den Seiten 64ff, dass die Pfarrei am 14.08.1026 drei neue Glocken bestellt:

Gis,  h und cis.

Dann bewahrt die Chronik, eingeklebt eine Reihe von Leserbriefen. Denn, was als ökumenischer Zusammenklang geplant war, entpuppte sich als Disharmonie.

Die Pfarrei hatte sich beim evangelischen Pfarramt erkundigt und man gab die Stimmung der vier Glocken der Nicolaikirche wie bei Hamm in Frankenthal bestellt weiter: h, d,  fis und d.

Woran niemand dachte, Material sparend, hatte Hamm eine leicht andere Disposition gewählt, nämlich: c, es, g und b.

Diese Disharmonie wurde dann im Zweiten Weltkrieg, im Jahr 1942 beseitigt, als die Glocken zu Kriegszwecken eingezogen wurden.

 

Das kleine Handbuch des Bistums Mainz hat dann bereits, die 1960 gegossenen ersten drei Glocken verzeichnet:

Kleines Handbuch des Bistums Mainz - 1963

Pfarrkirche:

St Josef, Eig KathKi, erb 1836/40, kons 30.10.1927 Bi Hugo, Arch Kreisbaumeist Wetter; Halt fix, 2 Salt port; 18 RegOrg, Körfer, Gau-Algesheim 1922/23 (durch Kemper, Lübeck, 1954 überholt); 3 Glocken: 1-Georg-a-427kg,  2-St. Franziskus-c-288kg, 3- St.Josef-d-197kg, alle Bronze, Schilling Heidelberg 1960; WaLuHzg; 350 Sitzpl

(Pfarrer Wolfgang Bretz)