Schmuckband Kreuzgang

Kapelle der Rheinhessenfachklinik Alzey

Rheinhessen Fachklinik Kapelle außen (c) Pfarrer Bretz (Ersteller: Pfarrer Bretz)
Rheinhessen Fachklinik Kapelle außen

Die Kapelle des Landeskrankenhauses der Rheinhessen Fachklinik

Es wird Sie wundern, dass in der kleinen Reihe zu den Kirchen unserer Pfarrgruppe ‚Alzeyer Hügelland‘ die Kapelle der Klinik erscheint.
Die Seelsorge in Klinik, Krankenhaus und Senioreneinrichtungen gehört zur Seelsorge der Pfarrgruppe und dem Team der Hauptamtlichen.
Sonntag für Sonntag feiern Menschen aus Klinik und Pfarreien dort Gottesdienst.
Am 2. und 4. Sonntag ist um 9.30 katholischer Gottesdienst in der Kapelle.
Kranke und gesunde, alte und junge Menschen, Frauen und Männer der Pflege- und Heilberufe, Patienten und Angehörige schöpfen Kraft aus der Feier der Liturgie, aus Stille und Gebet.
Mit der Klinik wurde die Kapelle 1904 - 1908 errichtet.
In den Jahren 2008 - 2009 wurde die Kapelle für über 600.000,- Euro renoviert. Das Bistum Mainz beteiligte sich mit 50.000,- Euro.
Im Innenteil des Gemeindebriefes gehen wir nochmals auf Entdeckungstour.
Die Pfarrgemeinde St. Joseph trug nochmals 27.000,- Euro aus Erspartem und aus Spenden bei.
Die Sakristei wurde neu eingerichtet, ebenso die ‚Katholische Ecke‘ an der rechten Seitenschiffwand mit Tabernakel und Marienfigur.
Es ist schön zu erleben, dass in Alzey alte und kranke Menschen dazugehören und nicht isoliert sind.
So gehört die Kapelle der Rheinhessen Fachklinik auch zu ‚unseren‘ Kirchen.

Im Großherzogtum Hessen-Darmstadt war der Bedarf an Betten für seelisch kranke Menschen stark gestiegen. Nach Ausschreibungen und Standortsuche für mehrere Einrichtungen fiel am 01. Juli 1902 in Darmstadt die Wahl für einen der Orte auf Alzey.
Das großherzogliche Bauamt in Mainz begann mit den Planungen. Großherzog Ernst-Ludwig war bestrebt Darmstadt zu einem maßgebenden Zentrum moderner Architektur zu machen. Namhafte Architekten prägten von dort aus den Jugendstil mit. Klare Gliederung der Bauelemente, Verwendung neubarocker Formensprache, geometrische Prinzipien, gediegene Materialien und Funktionalität waren Kennzeichen des ‚Darmstädter Barock‘.
Der Plan von 1905 ordnete die gesamte Anlage mit 17 Gebäuden symmetrisch. Die Mittelachse bildete Verwaltung, Kapelle, Küche und Wäscherei.
Die Gebäude waren im Pavillon-Stil errichtet.
So wuchs ein kleines Dorf und dessen Mitte, die Kirche.


Die Kirche ist ein Saalbau mit eingezogenem Rechteck-Chor und steilem Satteldach. Das Schiff ist ein tonnengewölbter Saal und die Seitenemporen ruhen auf Pfeilern.
Der Chor weist ein kassettiertes Kassettengewölbe auf.

Alexander Beer

Einer der jüngsten Architekten in der Gruppe, der für die Innenausstattung in besonderer Weise verantwortlich ist, war der junge Regierungsbaumeister Alexander Beer. 1873 in Hammerstein, in Westpreußen geboren gehört er seit 1905 dem Bauamt in Mainz an.
Gediegenheit und ästhetische Qualität zeichnen seine Gestaltungen aus.
Steinsichtige Jugendstildekore zieren den Aufgang zur Kanzel und die Mensa des Altares.
Funktionalität und Qualität spiegeln sich in den Messingleuchtern und den wertvollen Heizkörperverkleidungen.


Alexander Beer scheidet 1912 aus dem Staatsdienst aus und wird in Berlin Leiter des jüdischen Bauamtes.
Im März 1943 wird er in das Ghetto Theresienstadt verschleppt, wo er am 08. Mai 1944 umkommt.

Die Orgel des Orgelbauers Heinrich Bechstein - Groß-Umstadt

Die gefundene Bleistiftnotiz auf der Innenseite einer Latte des Orgelspieltisches machte bei der Grundrestaurierung der Orgel gewiss: Die Orgel wurde 1908 von dem Groß-Umstädter Orgelbauer Heinrich Bechstein errichtet. Sie ist eine von mehreren Instrumenten, die er Rheinhessen schenkte: 1899 Bechtolsheim, 1903 Nack und 1908 Wöllstein.
Heinrich Bechstein, aus der berühmten Familie der Bechsteins wurde 1841 in Rotenburg an der Fulda geboren und starb 1912 in Groß-Umstadt.
Das romantisch gestimmte Instrument ist eine pneumatische Orgel mit 7 Registern und 5 Koppeln. Seine Zinnpfeifen stammen aus dem Elsaß.
Bei der Generalüberholung wurden sämtliche Lederbälgchen an den Pfeifen erneuert, der Blasebalg gedichtet und der Orgelmotor ausgetauscht.

Die Katholische Ecke

An der Seitenwand des rechten Seitenganges befindet sich die salopp genannte ‚Katholische Ecke‘.
Auf Steinplatten ruht einerseits der Tabernakel, in dem das Allerheiligste aufbewahrt wird, für die nächsten Gottesdienste und für die Anbetung in Stille mit dem ‚Ewigen Licht‘, das an die Gegenwart des liebenden Christus erinnert.


Auf der zweiten Platte steht die von Edith Maino gestiftete Marienfigur.
Die moderne, farblich gefasste Schnitzfigur ist der sogenannten ‚Dienstboten-Madonna‘ des Wiener Stephansdoms nachempfunden.
In einer Seitenkapelle dort steht die steinerne Marienfigur. Die Überlieferung berichtet, eine Dienstmagd, der von ihrer Herrschaft übel mitgespielt wurde, suchte im Gebet bei Maria Zuflucht. Maria verschaffte der wehrlosen, armen Frau zu ihrem Recht.
Manche/r Betende mag im Beten vor Maria Kraft und Zuversicht schöpfen.

Die Sakristei

Die Kapelle ist sehr funktional, ja multifunktional gebaut. Gegenüber dem Chorraum, der dem Gottesdienst dient, befindet sich die Bühne für Theateraufführungen und Konzerte.
Dahinter die Sprechzimmer und rechts die katholische Sakristei.
Die Pfarrei hat die Kosten von ca. 5.000,- Euro für Tisch, Schubladen und Schränke übernommen. Dort sind die liturgischen Gewänder und die liturgischen Bücher für den Gottesdienst aufbewahrt.

(Pfarrer Wolfgang Bretz)