Mit dem großen spirituellen Hunger der ersten Jahrhunderte des zweiten Jahrtausends sind die neuen ‚Bettelorden‘ in Alzey durch das Augustinereremitenkloster St. Peter und dem Kloster der Augustinerinnen Zu den Klingen vertreten.
Der einfache Lebensstil um dem armen Christus zu folgen, ein Leben nach dem Evangelium prägt sie genauso, wie die Zisterzienser.
Nur, die Franziskaner, die Dominikaner und die Augustiner leben als Bettelorden mitten in den Städten. Die Verkündigung und die Seelsorge sind ihre Anliegen, nicht so sehr die Zurückgezogenheit.
1244 erwächst der ‚Ordo Eremitarum sancti Augustine´aus verschiedenen norditalienischen Eremitenkonventen, durch Papst Innocenz IV mit der Bulle ‚Incumbit nobis‘. Als Klosterregel erhalten sie die Regel des heiligen Augustinus.
Augustinus hatte bereits nach seiner Bekehrung in Mailand das Leben in einer geistlichen Gemeinschaft begründet, mit Gebet, Arbeit und Bibelbetrachtung.
In Tagaste gründete er ein Männerkloster. Seine Schwester ein Frauenkloster.
Ebenso gründete und lebte er in Hippo in einer klösterlichen Gemeinschaft und dort, Bischof geworden gründete er nochmals eigens ein Kloster für Kleriker, mit einer klaren seelsorgerlichen Ausrichtung.
Seine Klosterregeln waren als Lebensordnung somit ideal für die Bettelorden, die mitten in den Städten auch die Seelsorge und die Verkündigung des Evangeliums durch Predigt als Aufgabe ergriffen.
Die neue Ordengemeinschaft erweiterte sich nochmals durch Integration von Konventen im Jahr 1256, durch Papst Alexander IV, mit der Bulle ‚Licet Ecclesia‘ in der ‚Magna Unio‘.
1256 wird das erste Augustinerkloster in Deutschland gegründet, Marienthal bei Wesel und 1260 wird das Kloster der Augustinereremiten in Mainz gegründet.
Ende des 13. Jahrhundert gibt es in Deutschland ca 80 Konvente, unterteilt in vier Provinzen.
Das Kloster St. Peter der Augustinereremiten in Alzey wird 1294 erstmals erwähnt. Die Gründung dürfte um 1290 erfolgt sein.
Der Konvent wird von Pfalzgraf Ludwig II gefördert, Kloster und Kirche können innerhalb der Stadtmauern errichtet werden, südlich begrenzt durch die Augustinerstrasse, im Norden und Westen durch die Neugasse und westlich durch die Löwengasse.
Als 1294 die große Zahl der Klöster eine Einteilung in Provinzen erforderlich macht, wird Alzey der Rheinisch-Schwäbischen Provinz zugeordnet.
Das Kloster hat Gewicht, bereits 1294 findet in Alzey ein Provinzialkapitel statt.
1384 bestimmt das Provinzialkapitel in Speyer Alzey als Studienort für die ‚Gramitici‘.
Die Klosterkirche ist dem heiligen Petrus geweiht (Apud S. Petrum in oppido superiorem).
Die Augustiner besaßen pfarrliche Rechte und konnten so Beichte hören und Beerdigungsdienste leisten.
Über die Größe des Konvents selbst ist nichts bekannt, er dürfte aber nicht größer als zwölf Ordensleute betragen haben, da nie in Urkunden ein Subprior erwähnt ist.
Die Mainzer Erzbischöfe fördern den Orden durch Privilegien. 1322 ist Alzey in den Auflistungen noch nicht genannt, wohl aber im Jahr 1328.
Das Kloster besitzt ein großes Areal innerhalb der Stadtmauern, das es 1376 durch Erwerb eines großen Gartengeländes vor den Mauern arrondieren kann. 1491 liegt es im Rechtstreit mit dem Burgvogt Johannes von Morsheim um die Güter des Frauenklosters. Es unterliegt zunächst - 1499 erhält es alle Besitzungen des in dieser Zeit aufgelösten Augustinerinnenklosters ‚Zu den Klingen‘.
Im 16. Jahrhundert kommt es aber dann zum Niedergang. 1536 werden die Wiesen und das Gartengelände verkauft. Zwischen 1536 und 1539 verlassen die Augustiner Alzey.
1551 inkorporiert de Nuntius mit Zustimmung von Papst Julius III die Güter dem Sapienzenhaus und der Schloßkapelle in Heidelberg.
Die Kirche wird zur Kapelle. Die Klostergebäude selbst sind großteils wohl ruinös.
Ansprüche des Ordens 1644 bei der spanischen Besetzung und nochmals 1733 scheitern.
Der Alzeyer Konvent stellt immer wieder herausragende Persönlichkeiten.
Jakob Alberich von Alzey erhält 1468 eine theologische Ausbildung in Perugia. 1467 und 1483 ist er Provinzial-Definitor, 1489 Prior in Alzey, 1489 und 1494 vertritt er das Kloster im Provinzialkapitel. 1496 ist er Rektor der Provinz.
Von 1467 bis 1496 stammen drei Provinzialdefinitoren aus Alzey.
Der Konvent wird in den ‚Observantenstreit‘ hineingezogen.
Der Kurfürst drängt den Papst, das Kloster nach der strengen Observanz zu reformieren. Es gibt doch Aufweichungen, was Armut und Gütergemeinschaft anbelangt. Die Konventualen aber können sich in Alzey behaupten.
1339 wird das Kloster der Augustinerinnen ‚Zu den Klingen‘ in Alzey erstmals erwähnt. Die Gründung selbst wird wohl nicht lange vor 1339 erfolgt sein.
Es ist unklar, ob die kleine Beginengemeinschaft von drei Schwestern, die 1299 in einem Vertrag, als dem Prior von St. Peter als geistlichem Vater unterstellt ist, die Kernzelle dieses Klosters war.
Es ist kein reguliertes Schwesternhaus mit Augustinusregel, das Kloster ist ein echtes Nonnenkloster des Augustinereremitenordens.
1339: ‚ Nonnen zu der Klingen bei Alzey‘; 1343 ‚conventui monalium novi claustri quod ‚zu der clinge‘ nuncupatur in Altzeye‘; 1439: Periorissin und Convent gemeinlich des closters z der clingen - sant Augustini Orden.‘
1373 ist dann eine Priorin erstmals erwähnt und noch 1439 vertritt der Prior die Nonne bei einem Rechtsstreit.
Die Besitzübertragungen des 14. Jahrhunderts zeigen, dass der Konvent von Alzeyer Bürgern und dem regionalen Niederadel gestützt wurde.
Eine wirtschaftliche Krise muss es in der 2. Hälfte des 14. Jhdts gegeben haben - aber in der 1. Hälfte des 15. Jhdts ist das wirtschaftliche Fahrwasser wieder stabil.
Das Kloster lag in der Oberstadt, dem Südwesten der ehemaligen Vorstadt. Eine Peterskapelle ist erwähnt, denn das Kloster lebte in strenger Klausur.
Auch nach der ‚Entfestigung‘ und Niederlegung der Oberstadt (1460-1470) löste sich das Kloster nicht auf, denn 1466 sind Rechtsgeschäfte erwähnt.
Doch bei der Auflösung des Klosters Himmelpforten 1479 scheint auch das Klosterleben in ‚Zu den Klingen‘ erloschen zu sein.
Die Größe des Konvents ist unbekannt.
Von den Priorinnen sind nur zwei namentlich bekannt:
1363 Adelheid von Bechtheim
1378 Agnes von Worms.
Augustins Schriften beginnen mit der Frage, wie die Menschen die wahre Glückseligkeit finden könnten. Es gibt keinen Menschen, der nicht wünscht, glücklich zu sein. Verlangen hat mit Liebe zu tun, denn niemand verlangt nach etwas, was er nicht liebt. Liebe besteht darin, eins zu werden mit dem Objekt, das geliebt wird. Nur das immerwährende und unauslöschliche Gute kann uns wirklich glücklich machen, denn nur so ein Gut schließt jede Angst und jeden Verlust dessen, was geliebt wird, aus. Gott allein kann solche Glückseligkeit garantieren. Liebe vereint uns mit Gott als unserem ewigen, immerwährenden Gut, und lässt uns so teilhaben an Gottes Ewigkeit. Das geschieht nach dem Prinzip, dass ein Mensch das wird, was er liebt: »Lasse ihn die Erde lieben, er wird Erde werden; lasse ihn den ewigen Gott lieben, er wird in Gottes Ewigkeit eingehen.«
Nach Augustinus kann die gesamte Botschaft der Bibel auf die zwei Gebote der Gottesliebe und der Nächstenliebe verkürzt werden. Er schreibt: »Meine Hoffnung in den Namen Christi ist nicht steril, denn ich glaube nicht nur, mein Gott, dass von den beiden Geboten der Liebe das Gesetz und die Propheten abhängen, sondern ich habe auch erfahren, und ich erfahre es noch jeden Tag, dass nicht ein einziges geheimnisvolles oder schwieriges Wort der Schrift mir klar wird, solange ich es nicht mit diesen beiden Geboten betrachte.« Augustinus bleibt hierin der paulinischen Denklinie treu: Liebe ist die Erfüllung des Gesetzes (Röm 13,10) und: Liebe ist das Ziel der Unterweisung (1 Tim 1,5). Das Wort »Ziel« bedeutet nicht, dass die Liebe den Vorschriften ein Ende setzt oder sie abschafft, sondern Liebe ist die Vollendung, an der jedes Gebot gemessen werden sollte. Diese beiden Liebesgebote sind nicht nur für das Neue Testament charakteristisch, sondern auch für das Alte. Daraus folgt: Das Wort Christi »Ich gebe euch ein neues Gebot: Liebt einander, wie ich euch geliebt habe« (Joh 13,34) erneuert nicht nur die Apostel und uns, sondern auch alle Patriarchen, Propheten und Gerechten, die in der Zeit des ersten Bundes lebten.
Gott ist Liebe. Indem er sich als gut und erbarmungsvoll offenbart, offenbart sich Gott als Liebe. Daraus entsteht für uns ein Anreiz, eine Bitte und letztlich ein Gebot, die Menschen so zu lieben, wie Gott sie liebt. Die höchste Form der Liebe zu unseren Brüdern und Schwestern besteht darin, diese mit der Liebe Gottes zu lieben, die uns durch den Heiligen Geist geschenkt wurde. So ist unsere Liebe Teilhabe an der Liebe Gottes, die alle Menschen umfasst, sogar unsere Feinde. Unsere Liebe muss die Liebe Gottes spiegeln. Wenn Augustinus von Liebe spricht, meint er Liebe als ein göttliches Geschenk, die den menschlichen Willen mit einem neuen Verlangen ausstattet, einem Streben nach göttlicher Wahrheit, nach Weisheit, Frieden und Gerechtigkeit.
Mit einer solchen Liebe zu lieben, schließt alles aus, was sündhaft ist, nämlich egoistische oder einnehmende Gier, Stolz, Anmaßung, Selbstruhm oder -ehre, und dass man nur den eigenen Profit sucht. Der Tatsache, dass Liebe ein Geschenk Gottes ist, entspricht der Vorrang der Liebe zu Gott, denn er allein kann sich uns selbst geben. Er hat uns zuerst geliebt. Aber das gleiche Prinzip entspricht der Liebe zum Nächsten. Der Heilige Geist in uns entzündet uns ebenso, den Menschen neben uns zu lieben. Nach Augustinus reicht eine einfache natürliche Liebe nicht aus, denn dann könnten wir schnell Gott als unser höchstes Gut vernachlässigen. Die anderen wie uns selbst zu lieben bedeutet, dass er oder sie sein oder ihr Gut dort finden, wo wir selbst es finden, nämlich in Gott. Nur in diesem Licht können wir Augustins berühmten Ausspruch richtig verstehen: »Liebe, und tue, was du willst. Denn aus dieser Wurzel kann nur Gutes hervorgehen.« Liebe ist das schwierigste Gesetz, das wir haben; es meint niemals, dass wir frei seien zu tun, was uns gerade einfällt.
Das 11. bis 13. Jahrhundert war für West- und Mitteleuropa die große Zeit der Städtegründungen. Sie boten als Warenumschlagsplätze die notwendigen Voraussetzungen für die Niederlassung des Handwerks. Und schließlich machte „Stadtluft frei" - zumindest, wenn man in einer Stadt das Bürgerrecht erwerben konnte, das im Allgemeinen von einer Tendenz zur Freiheit gekennzeichnet war.
Auch die Religiosität der Städter befand sich im Wandel und ihre Beziehung zur Kirche war nicht selten spannungsgeladen. Denn zum einen hatte manch ältere Stadt um die Unabhängigkeit von einem bischöflichen Landesherrn gekämpft, zum andern erlebte man die kirchliche Hierarchie dem alten feudalen System näher als der bürgerlichen Welt. So waren die Bettelorden in den Städten durchaus willkommen, zwar nicht bei der eingesessenen Geistlichkeit, aber bei den Stadträten. Die Bürger kannten sie bald als gute Prediger und Beichtväter. Durch die Betreuung von Bruderschaften waren sie ein wichtiger Faktor im städtischen Sozialleben. Ihre Ausbildung war fundiert, so dass sie auch in Humanistenkreisen mitreden konnten. Und dass sie sich nicht zu schade waren zum Betteln und überwiegend vom Ertrag ihrer Arbeit lebten, brachte ihnen sogar Popularität bei denen ein, die in der sozialen Rangordnung einen niedrigeren Stand einnahmen. In einigen Städten war ihnen sogar die Betreuung der Spitäler für die Aussätzigen, die jedes Recht verloren hatten, anvertraut. Ihre Seelsorge war eben ein bisschen anders als die in den Pfarreien. Auf diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass sich auch unser Bettelorden, die Augustiner-Eremiten, nach seiner Gründung 1256, blitzschnell verbreitete.
P. Dominik Wernicke
"Zu allererst sollt ihr einmütig zusammenwohnen wie ein Herz und eine Seele auf dem Weg zu Gott." (cf Regel 1,2) "Die Tatsache, dass ihr mehr Sorge für die Belange der Gemeinschaft als für eure eigenen an den Tag legt, ist deshalb ein Prüfstein für euren Fortschritt. So wird sich in allem, was die vergängliche Not des Menschen betrifft, etwas Bleibendes und Überragendes zeigen, nämlich die Liebe." (cf Regel 5,2)
Die Sendung Jesu Christi war es, Gottes Anwesenheit unter uns Menschen in Wort und Tat zu verkünden und erfahrbar zu machen. Als augustinische Ordensleute wollen wir in seiner Nachfolge und als Gemeinschaft, die an ihn glaubt, ebenso ein Zeichen seiner Anwesenheit in der Menschheitsgeschichte sein. Das Leben in Gemeinschaft soll Abbild des trinitarischen Geheimnisses Gottes sein, sowie Erfüllung des Gebotes der Hingabe in Liebe ("Liebt einander wie ich euch geliebt habe!" Joh 15,12).
Die angestrebte Einheit des Herzens und des Geistes macht es notwendig, immer wieder die Versöhnung zu suchen, die Trennung zu überwinden, die Einheit in der Vielfalt zu suchen und die Berufung zur Liebe zu reflektieren. Vorbild und Beispiel ist hierbei die Urgemeinde von Jerusalem. Wie diese soll die Mönchsgemeinschaft durch ihr Leben als Widerschein der Liebe Gottes diese bei den Menschen aufstrahlen lassen. Die augustinische Gemeinschaft ist somit prophetisches Zeichen der Einheit mit der Kirche und der ganzen Menschheitsfamilie, die das Ideal der gelungenen Einheit oft schmerzlich vermissen muss, sei es in den kleinen wie in den globalen Lebensräumen. Auf dem Fundament des Lebens in Gemeinschaft teilen wir alle materiellen wie geistigen Werte und erfahren dadurch Kraft für unsere apostolische Tätigkeit, für unseren Dienst an den Mitbrüdern und den uns anvertrauten Mitmenschen.
In der Gestaltung unseres Lebens ist uns unser Ordensvater Augustinus zutiefst vorbildlich, der seinen Dienst als Mönch, Seelsorger und Bischof ausgehend von einer tiefen Gotteserfahrung vollzog. So suchen auch wir beharrlich die Verbindung mit Gott im Gebet und in der Betrachtung des Wortes Gottes, das wir mit dem täglichen Leben zu verbinden suchen.
Wie unser Vater Augustinus wollen wir das Geheimnis Gottes und das Geheimnis des Menschen tiefer zu verstehen und zu ergründen suchen. Augustinus war sein ganzes Leben lang davon überzeugt, dass die rationale Fähigkeit zum Verstehen und Lieben der größte Schatz des Menschen ist. Deshalb ist das Studium, der Bereich der Bildung, der Aus- und Weiterbildung als Suche nach Wahrheit ein besonderer augustinischer Dienst in der Kirche. Dafür erscheint uns der Dialog zwischen Glaube und Kultur notwendig.
Als geistige und materielle Gütergemeinschaft fühlen wir uns zur Solidarität verpflichtet mit den Menschen, die "auf der Schattenseite" der Welt leben müssen, und wissen uns dem Gebot der Gottes- und Nächstenliebe verpflichtet, die zu einer liebenden Hingabe an die Menschen führt, die unter den vielgestaltigen Formen der Armut leiden.
Augustinerorden Literatur
-----Adolar Zumkeller, Das Mönchtum des heiligen Augustinus, Augustinus Verlag, Würzburg, 1950.
-----Winfried Hümpfner, Adolar Zumkeller, Die Regeln des heiligen Augustinus, übertragen und eingeleitet, in: Hans Urs von Baltasar, Die großen Ordensregeln, Johannes Verlag, Einsiedeln 1974, S. 137-171.
-----David Gutierrez, Die Augustiner im Mittelalter 1256-1356, Geschichte des Augustinerordens, Erster Band, Teil 1, Augustinus Verlag, Würzburg, 1985.
-----Hermann Josef Kugler, Über allem die Liebe, Die Augustinerregel als spiritueller Wegweiser, Sankt Ulrich Verlag, Augsburg, 2008.
(Pfarrer Bretz)