Die Frauenklöster der Zisterzienser an und in Alzey
Die ‚singenden Steine‘
‚Die singenden Steine‘ heißt der Titel des Romans von dem Architekten Fernand Poullon über den Bau der Zisterzienserabtei LeThoronet in der Provence.
Tausende von singenden Steine sind in den historischen Gebäuden von Alzey versteckt, die Jahrhundertelang den Gesang der Nonnen und Mönche gehört haben. Steine aus Alzeys verschwundenen Klöstern.
‚Geistliche Kraftwerke‘, durch die sich der Himmel der Erde verband.
Historisch greifbar ist oft das ungeistliche, die weltlichen Erbschaften, Grenzstreitigkeiten, die finanzielle Ausstattung der Klöster und der Altäre.
Ganz wenige Namen sind erhalten, keine vollständige Folge der Äbtissinnen und Äbte, der Prioren. Stiftungen von Ritterfamilien zur Mitgift ihrer geistlichen Töchter.
Wir schauen ab 1200 in eine faszinierende Welt von wachsendem, geistlichen Leben. Der Weg von geistlichen Frauengemeinschaften zu Klosterkonventen, die geistlichen Erschlaffungen und Reformen bis zur Aufhebung spätestens in der Zeit der beginnenden Reformation.
Das Kloster ‚Heiligen Geist‘, conventus sanctimonalium sancti spiritus apud sanct Johannem‘ (1300), lag außerhalb der Stadt, zwischen den Wegen nach Dautenheim und nach Framersheim.
1290 nennt Pfalzgraf Ludwig II das Kloster zum Heiligen Geist ein von seinen Vorfahren gestiftetes Kloster. Zu denken ist an Pfalzgraf Ludwig I (1214 - 1228). Es gibt aber weder eine Gründungsurkunde, noch Auskunft über die Regel des Klosters.
Papst Innozenz III beauftragt 1248 die Wormser Dominikaner das Kloster unter die ‚Regel des heiligen Augustinus‘ zu stellen. Sie sollen den Konvent also geistlich begleiten mit dem Ziel die Augustinerregel zu befolgen, die Dominikaner mit den Augustinereremiten teilen.
1262 wird die Kapelle des heiligen Johannes des Täufers, die bisher zur Georgs-Pfarrkirche gehörte dem Kloster übergeben. Sie war ursprünglich vielleicht eine Friedhofskapelle für das fränkische Gräberfeld.
Auf Bitten Ritter Peters von Alzey, übergibt am 27.10.1262 Pfalzgraf Ludwig II die Patronatsrechte von St. Johann an das Kloster Zum Heiligen Geist.
Die Kapelle scheint aber eine eigene ‚Institution‘ geblieben zu sein, denn noch 1391 soll der Kleriker Peter Bormull in ‚Ecclesia St Johannis extra muros‘ eine Pfründe erhalten. Das Recht dazu hat die Äbtissin von Sion, bei Mauchenheim.
Die Frauen werden 1248 moniales und 1262 dominae genannt.
Ob die Regel übernommen wurde ist nicht bekannt.
1271 jedenfalls muss der Antrag auf Inkorporation in den Zisterzienserorden vorliegen, da das Generalkapitel in Citeaux die Äbte Friedrich von Weiler-Bettnach (Villers bei Metz) und Stephan von Eußerthal mit der Visitation beauftragt, um den Antrag zu überprüfen.
Pfalzgraf Ludwig II fördert das Kloster. Er schenkt ihm den Zehnten in den Dörfern Wasenfeld, Rudilesweiler, Werseiler, Uberwald und Hanesham.
1303 befreit Rudolf I Äbtissin und Kloster vom Kleinen Zehnten.
1308 gestattet er aus dem Forst Furholz einen Wagen Holz.
Irgendwann nach 1290 aber vor 1564 scheint das Kloster in das ab 1290 entstandene neue Kloster St. Johann aufgegangen zu sein.
Aber als 1294 die Nonne Jutta den Auftrag erhält die ‚Legenda Aurea‘ zu kopieren, da heißt es ‚virgo ordinis cysterciensis in monasterio sancti spiritus apud Alzey‘. Und 1298 bedenkt Wolfram V von Lewenstein, genannt ‚Der Kleine‘ beide Konvente ‚Heilig Geist‘ und ‚St. Johann‘ getrennt benannt jeweils mit 5 Maltern Hafer und 5 Malter Getreide.
Brück benennt Eberbach als Mutterkloster. Die Vistationsprotokolle sind unvollständig und benennen das Kloster nicht.
Ab 1290 entwickelt sich dann das neue Kloster St. Johann, dass die Johannes-Kapelle in die Klosterbauten integrieren wird.
Das alte Kloster scheint dann aufgegeben worden sein.
Das Kloster St. Johann ist an die Kirche/Kapelle St. Johann vor den Mauern von Alzey gelegen, zwischen den Wegen nach Framersheim und Dautenheim.
Der alte Kapellenbau wird erweitert zu einer dreischiffigen Zisterzienserinnenkirche mit 5/8 Chor und Nonnenempore.
Das linke Seitenschiff ist Teil des Kreuzganges.
Wie Heilig-Geist erhält es 1298 von Wolfram V von Lewenstein eine Schenkung von 5 Maltern Getreide und 5 Maltern Hafer.
Die finanzielle Lage im Anfang war schwierig. 1299 verkauft das Kloster die Hälfte einer Mühle bei Bischheim. 1314 aber konnten bereits wieder verpfändete Güter eingelöst werden.
Das neue Kloster hat sicher große Baukosten aufgeworfen.
Wie Grabungen von 1963 zeigen, war die Kirche 40 Meter lang, der Kreuzgang im Geviert 30 Meter und das Klostergebäude mit allen wichtigen Räumen im Erdgeschoss (Kapitelsaal, Speisesaal) war 50 Meter lang und zweigeschossig. Ein freistehendes Steinhaus könnte für den Klerus bestimmt gewesen sein.
Eine Aufzeichnung des 17. Jhdts benennt vier Altäre neben dem Hauptaltar, der der heiligen Maria Magdalena geweiht ist:
Michaelsaltar, Nikolausaltar, Altar der heiligen Katharina und der Altar der heiligen Margareta.
Aus dem Jahr 1335 gibt es eine Altarstiftung von Priester Heinrich Vinke von Gabsheim über 30 Malter Korn für den Kaplan.
Ältester Teil der Kirche ist ein rechteckiger Teil des Schiffs, wohl das Schiff der alten Johanneskapelle.
Der westliche Teil ist zweigeschossig und trägt die Nonnenempore.
Das Kloster wird 1303 vom großen und kleinen Zehnten für alle Erträge Bäumen, Feld und Garten innerhalb der Klostermauern befreit.
1308 ist ihnen gestattet eine Karren Brennholz aus dem Vorholz zu holen.
Wie viele Zisterzienserklöster so leidet das Kloster im 15. Jahrhundert unter dem Niedergang der klösterlichen Disziplin.
Der Vaterabt von Eberbach erscheint 1441 zur Visitation ‚vistationem et correctione secundum statum ordinis‘. Und 1479 erwähnt der Kurfürst lobend, dass sich das Klosterleben erneuert hat.
Im Jahr 1501 leben im Kloster
17 Chorfrauen, 12 Laienschwestern und 6 Schülerinnen (davon 3 Töchter des Pfalzgrafen).
Im Jahr 1502 leben im Kloster
12 Chorfrauen, 13 Laienschwestern und 5 Schülerinnen.
Für die Schülerinnen bestand keine Verpflichtung ins Kloster einzutreten.
Der Konvent ist vorwiegend ein Adelskonvent mit den Töchtern der Ritterschaft und Adels aus der Umgebung.
Namentlich fassbar:
Esel von Bechtolsheim, Krieg von Osthofen, Gans von Otzberg, von Koppenstein, von Morschheim, Faust von Stromberg, von Hirsch, Wolf von Sponheim.
Das Kloster erhält Einkünfte aus 22 Ortschaften.
Als Äbtissinen sind faßbar:
1486 Lisa von Otberg
1500 Elisabeth von Wallbrunn
1517 Elisabeth von Koppenstein.
1557 Johannet Stebin
Zum Kloster gehört am südlichen Stadtrands Alzeys ein Hof, ebenso ein Hof in Alsheim, Albisheim, Dalheim, Ensheim, Freimersheim und Frettenheim.
Der Stadthof des Klosters liegt in der Vorstadt, in der Froschaue, nördlich der Selz.
Das reformatorische Schlusskapitel des Klosters beginnt bereits 1527. Der Burggraf verlangt vom Eberbacher Abt Laurentius, dass er den Zisterziensermönch zurückbeordert und den Weg für einen ‚ehrenbaren‘ sprich protestantischen ‚Priester‘ frei macht.
Bei Tod der Äbtissin Johannet Stebin wird keine Äbtissin gewählt. Die Priorin Elisabeth Maschalkin leitet den Konvent.
Am 28.04.1563 verlangt der Superintendent den Verzicht des Ordenshabits. Die Nonnen widersetzen sich.
Die Nonnen reichen ergebnislos eine Bittschrift an den Kurfürsten gegen die Aufhebung des Klosters ein.
Es wird 1564 in ein Spital umgewandelt.
Sie müssen einen reformatorischen Prediger anhören und beteuern, den neuen Lehren, so mit ihrem Gewissen irgendwie vereinbar ja folgen zu wollen.
Es heißt, die Kirche sei von aller ‚papistischer Abgötterei‘ gereinigt worden. Es handelt sich wohl um Heiligenbilder oder Statuen.
Die Nonnen treten aber nicht in den neuen Glauben über.
Die Priorin Elisabeth Maschalkin und die Chorfrau Ursula Wolf von Sponheim und Laienschwestern bleiben zunächst im Kloster, siedeln aber 1574 in andere Klöster.
Auf den Erlass von Kaiser Ferdinand II auf Restitution der Klöstergüte während der spanischen Besatzung, nimmt t Abt Leonhard von Eberbach am 20.07.1629 symbolisch Besitz vom Kloster. Nach dem Schwedeneinfall versucht im September 1636 Abt Wilhelm von Eußerthal wieder in den Besitz von St. Johann von Weidas zu gelangen.
Gebäudeteile werden als Hofgut erhalten, dann aber 1780 endgültig abgerissen.
Das Kloster Himmelsgarten, in der südlichen Vorstadt gelegen ist das einzige Zisterzienserinnenkloster innerhalb der Stadtmauern.
1281 ist es erstmals erwähnt, als die ‚Äbitssin Agnes zugunsten des Deutschen Ordens auf Güter in Weinheim verzichtet - Agnes abatissa apud ortus celi in alzeya ordinis cisterciensis.
Und in einer Urkunde von 1479 heißt es:
Monasterium monalium beate Marie et undecimmillium virginum ac sancti Johnni in himmelgarten.‘
Vaterabt ist der Abt von Eberbach. In den Protokollen der Visitationen ist das Kloster nicht erwähnt.
Die Klosterkirche könnte eine frühmittelalterliche Friedhofskirche zum fränkischen Gräberfeld gewesen sein.
Wir wissen nichts Näheres über den Bau, nur über die Altäre.
1378 werden ein Marienaltar und ein Georgsaltar genannt.
1387 ein dem heiligen Saturnius geweihter Altar.
Es gab auch einen Katharinenaltar.
Einige der Kapläne mit den ihnen zugeordneten Altäre und die damit verbundene Pfründe sind bekannt.
Um 1470 spricht eine Urkunde von ‚septem perpetua beneficia sine cure' - was auf sieben Altäre weist, die zur Zeit nicht von einem Priester betreut werden.
1471 wendet sich der Kurfürst Friedrich I und Burggraf an Papst Sixtus IV, da die Äbitssin das Kloster heruntergewirtschaftet habe und nur noch vier Nonnen im Kloster seien.
Der Dekan des Mainzer Mariengredenstiftes wird vom Papst mit der Visitation betraut, inklusive der päpstlichen Vollmacht das Kloster gegebenenfalls aufzuheben.
Am 11. Januar 1479 hebt Sixtus IV das Kloster auf.
Die drei verbliebenen Nonnen werden mit dem nötigen Unterhalt in anderen Klöstern untergebracht.
Die Güter und Einkünfte fallen der neuen Pfarrkirche und dem dort im Aufbau befindlichen Kollegiatsstift zu.
Die beweglichen Güter und die liturgischen Geräte fallen der neuen Pfarrkirche St. Nikolaus zu.
Die gestifteten Altäre werden in die Pfarrkirche übertragen.
Das Seelgerät (Messe für bestimmte Verstorbene und Jahrgedächtnisse) soll in einer neu zu errichteten Saturniuskapelle verrichtet werden. Diese wird nie gebaut, sondern in der Pfarrkirche gibt es einen dem heiligen Saturnius geweihten Altar.
Der Konvent scheint überwiegend aus niederadligen oder nichtadligen Klosterfrauen bestanden zu haben.
Die Stiftungen und Schenkungen stammen überwiegend aus dem Niederadel der Region.
Der ursprüngliche Besitz der Abtei lag in der Gemarkung von Weinheim.
Die Gebäude wurden umgehend niedergelegt, waren sie bei der Stadtmauer immer wieder Opfer von Kämpfen um die Stadt.
http:⁄⁄www.klosterlexikon-rlp.de
http: www.Regionalgeschichte.net
-Brilmayer, Karl Johann: Rheinhessen in Vergangenheit und Gegenwart. Neudruck. Würzburg 1985.
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Pfälzisches Klosterlexikon, Handbuch der pfälzischen Klöster, Stifte und Kommenden Bd.1 A-G, hg. Jürgen Keddigkeit u.a., Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde, Kaiserslautern, 2014.
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-Alberich Martin Altermatt HG., Zisterzienserinnen und Zisterzienser, Lebensbilder aus dem Zisterzienserorden, Kanisius Verlag, Freiburg/Schweiz, 1998, ISBN 978-3-85764-483-4
(Pfarrer Bretz)