Mainzer Bistumsnachrichten Nr. 8 / 2025

Papst Franziskus (c) Deutsche Bischofskonferenz Maximilian von Lachner
Papst Franziskus
Datum:
Di. 29. Apr. 2025
Von:
hoff (MBN)

In der aktuellen Ausgabe mit einem Requiem für Papst Franziskus, einem Totengebet im Mainzer Dom, einem Nachruf von Bischof Kohlgraf für den verstorbenen Papst, und dem Trauergeläut im Bistum, der Ausstellungs-Eröffnung „100 Jahre Dommuseum“, der größten Bibelseite der Welt im Mainzer Dom (bis 31.8.), der Missa Chrismatis mit Bischof Kohlgraf, einem Begegnungstag für Firmbewerber/innen, Gedenkkonzerten zum Kriegsende (8. & 9.5.), sowie der Dokumentation der Predigten von Bischof Peter Kohlgraf im Requiem, an Ostersonntag, in der Osternacht, an Karfreitag und Gründonnerstag.

 

Kohlgraf: Ein großer und inspirierender Christ

Mainz, 26. April 2025: Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer hatte nicht am Requiem teilnehmen können, sich aber bereits am Nachmittag im Beisein von Bischof Kohlgraf und Domdekan Priesel in das Kondolenzbuch im Mainzer Dom eingetragen. (c) Bistum Mainz / Blum
Mainz, 26. April 2025: Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer hatte nicht am Requiem teilnehmen können, sich aber bereits am Nachmittag im Beisein von Bischof Kohlgraf und Domdekan Priesel in das Kondolenzbuch im Mainzer Dom eingetragen.

Requiem für Papst Franziskus / MP Schweitzer trug sich in Kondolenzbuch ein

Mainz. „Wir beten heute für einen großen Papst, und mehr noch, für einen großen Menschen, einen großen und inspirierenden Christen.“ Mit diesen Worten hat der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf den verstorbenen Papst Franziskus gewürdigt. In seiner Predigt beim Requiem des Bistums Mainz am Samstagabend, 26. April, im Mainzer Dom sagte er: „In den Nachrufen der vergangenen Tage ist von vielen seine Liebe zu den Menschen hervorgehoben worden. Besonders seine Liebe zu den Menschen am Rande fällt auf: Wir sehen ihn in Lampedusa, wo er an Tausende ertrunkene Flüchtlinge erinnert. Er hat damals eine mich noch heute berührende Predigt gehalten: Über die vergessene Fähigkeit um diese Menschen zu trauern. Wenn ich an die Härte mancher heutigen politischen Debatten denke, würde ich gerne ermutigen, sich diese Predigt nochmals in Erinnerung zu rufen. Bei allen notwendigen Entscheidungen in vielen Fragen geht es immer um den einzelnen Menschen und seine Würde.“ Papst Franziskus war am Ostermontag (21. April) im Alter von 88 Jahren verstorben und am Samstagmorgen in der Basilika Santa Maria Maggiore in Rom beigesetzt worden.

 

Wörtlich sagte Kohlgraf: „Er kannte die Theologie, war aber kein weltenthobener Gelehrter. Gerade hierzulande hat er manche Reformerwartung enttäuscht, was nicht nur an ihm liegen muss. Es kann auch an einer Erwartung liegen, die den weltkirchlichen Auftrag eines Papstes missversteht oder auch missverstehen will. Der Papst ,vom Ende der Weltʼ hat uns Deutschen ziemlich deutlich gemacht, dass unsere Wünsche und Meinungen nicht der alleinige Schlüssel zum kirchlichen Weltverständnis sind. Die Weltsynode hat allerdings gezeigt, dass viele geringgeschätzte Themen keine allein deutschen oder westeuropäischen Themen sind. Es gehörte seitens des Papstes viel Mut dazu, einen derartigen synodalen Prozess zu beginnen. Das Risiko ist er eingegangen, und er hat neben viel Zustimmung viel Kritik und Widerstand aushalten müssen, wie auch in anderen Fragen.“

 

Der Mainzer Bischof erinnerte unter anderem an die besondere Sympathie von Papst Franziskus für Gefangene und seine Unterstützung von Armen und Wohnungslosen in Rom, ebenso wie seinen „radikalen Pazifismus“ und die „schmerzvollen Lernschritte“ bei der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Kirche. Und weiter: „Er hat eine neue Kultur der Diskussion und des Miteinanders in der Kirche angeregt, er wollte eine synodale Kirche, die nicht vom Machtgefälle zwischen Oben und Unten geprägt ist, sondern vom gemeinsamen Auftrag, das Evangelium in Tat und Wort zu verkünden.“

 

„Wir können es uns nicht mehr leisten, uns permanent selbst zu bespiegeln“

Bischof Kohlgraf erinnerte daran, dass der Glaube für Papst Franziskus „eine Quelle der Freude“ war, wie er es in dem Apostolischen Schreiben „Evangelii Gaudium“ zum Ausdruck gebracht habe: „Die Realität unserer Kirche ist oft wenig von dieser Freude geprägt.“ Und weiter sagte Kohlgraf: „Und hier legt der Papst schon einen Finger in die Wunde. Wir können es uns nicht mehr leisten, uns permanent selbst zu bespiegeln. Er ruft uns weg von unseren scheinbar so wichtigen kircheninternen Themen und ruft, die Menschen in den Blick zu nehmen, die das Evangelium nicht kennen. Es geht nicht um die Bewahrung von Strukturen, sondern um den aktiven, gelebten Glauben – durch mich. Wenn das gelingt, werden sich Strukturen finden. Das ,man müssteʼ ist eine starke Versuchung. Das geht nicht mehr. Auch das hat etwas mit der inneren Freude des Glaubens zu tun.“

 

Weiter sagte Kohlgraf: „Die Zeiten sind vorbei, in denen jemand sagen konnte, für die und die Aufgabe gibt es Zuständige. Für die Verkündigung des Glaubens ist der Pfarrer oder ein anderer Hauptamtlicher zuständig. Nein, jeder kennt Menschen, denen das Evangelium noch unbekannt ist. Ist unser Glaube dann Thema? Es geht nicht mehr um den Erhalt von Gemeinden, sondern um den suchenden Menschen in unseren Städten und Dörfern. Es geht nicht mehr um Traditionen allein, sondern um das Neue des Glaubens. Alle Ebenen der Kirche wurden vom Papst aufgemischt. Als Reaktion zum deutschen Synodalen Weg hatte uns Papst Franziskus am 29. Juni 2019 einen Brief geschrieben, der insgesamt wenig beachtet wurde. Es ging in diesem Brief im Wesentlichen um diesen Auftrag der Weitergabe des Evangeliums, nicht als Methode, sondern aus der persönlichen Freude am Glauben heraus. Dieses Vermächtnis sollten wir lebendig halten.“

 

Ministerpräsident Schweitzer trug sich in Kondolenzbuch ein

Bischof Kohlgraf feierte das Requiem gemeinsam Generalvikar Dr. Sebastian Lang, Domdekan Henning Priesel sowie Mitgliedern des Mainzer Domkapitels. An dem Gottesdienst nahmen unter anderen teil: die Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), Dr. Christiane Tietz, sowie der hessische Staatsminister Armin Schwarz, der Chef der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei, Fedor Rose, die CDU-Fraktionsvorsitzende im Hessischen Landtag und Vorsitzende der Stiftung Hoher Dom zu Mainz, Ines Claus, sowie die Bevollmächtigte des Generalvikars, Ordinariatsdirektorin Stephanie Rieth. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer hatte nicht am Requiem teilnehmen können, sich aber bereits am Nachmittag im Beisein von Bischof Kohlgraf und Domdekan Priesel in das Kondolenzbuch im Mainzer Dom eingetragen. Domdekan Priesel wies dabei darauf hin, dass bereits über 1.000 Seiten im Kondolenzbuch zusammengekommen seien. Das Kondolenzbuch liegt noch bis Sonntag, 27. April, im Mainzer Dom aus. Die musikalische Gestaltung des Requiems hatten übernommen: der Ferienchor der Chöre am Dom unter Leitung von Domkapellmeister Professor Karsten Storck sowie Domkantor Michael Kaltenbach als Kantor und Domorganist Professor Daniel Beckmann an der Domorgel.                                                                          

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Nachricht voraus am 26.4.25                                                                                     tob (MBN)

 

 

 

„Wir wissen unseren Papst Franziskus geborgen in Gottes Händen“

Auch die Bevollmächtigte des Generalvikars, Ordinariatsdirektorin Stephanie Rieth, trug sich in das Kondolenzbuch für Papst Franziskus ein (c) Bistum Mainz/Hoffmann
Auch die Bevollmächtigte des Generalvikars, Ordinariatsdirektorin Stephanie Rieth, trug sich in das Kondolenzbuch für Papst Franziskus ein

Totengebet mit Bischof Peter Kohlgraf für Papst Franziskus im Mainzer Dom

Mainz. Mit einem Totengebet hat das Bistum Mainz des verstorbenen Papstes gedacht. „Ich persönlich bin traurig, dass Papst Franziskus gestorben ist und ich glaube, viele Menschen sind es auch“, sagte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf am Montag, 21. April, im Mainzer Dom. Er danke für die vielen Beileidsbekundungen, die ihn erreicht hätten, sagte Kohlgraf. Papst Franziskus war am Ostermontagmorgen in Rom gestorben.

 

Ihn habe die Todesnachricht erreicht, als er in Mainz-St. Quintin den Gottesdienst gehalten habe, sagte Kohlgraf. Neben der Trauer habe er aber auch gedacht: „Wie passen die Texte des heutigen Tages, die von österlicher Hoffnung sprechen! Wir wissen unseren Papst Franziskus geborgen in Gottes Händen.“ Er sei Papst Franziskus dankbar für seine Ernennung zum Bischof, aber auch dankbar für das, was dieser gesagt, gepredigt und geschrieben habe. Kohlgraf erinnerte auch daran, wie Franziskus sein Papstamt gelebt habe: „Er hat das verkörpert, was er den Kern des Evangeliums – die Barmherzigkeit, die Liebe Gottes – genannt hat.“ Und weiter: Franziskus habe die „Kultur in der Kirche verändert“, sagte der Bischof. Der verstorbene Papst habe eine „neue Form von Miteinander, von Synodalität geschaffen und die Kirche auf einen Weg geschickt, der uns noch Jahre und Jahrzehnte beschäftigen wird“. Mit seinem Segen „Urbi et orbi“ am Ostersonntag „schließe sich ein Leben. Seine letzte Tat war, dass er gesegnet hat“, sagte Bischof Kohlgraf.

 

An dem Totengebet nahmen neben Mitgliedern des Domstifts auch der Generalvikar des Bistums Mainz, Sebastian Lang, sowie die Bevollmächtigte des Generalvikars, Stephanie Rieth, teil. Im Mainzer Dom liegt ein Kondolenzbuch aus, in das sich Besucherinnen und Besucher des Doms eintragen können. Am Samstag, 26. April, um 18.00 Uhr wird im Mainzer Dom ein Requiem für den verstorbenen Papst gefeiert. Bischof Kohlgraf wird dieser Totenmesse vorstehen. Für den verstorbenen Papst hatte am Ostermontagmittag die Martinusglocke des Doms geläutet.

 

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Nachricht voraus am 21.4.25                                                                am (MBN)

 

 

 

Der Papst vom Ende der Welt

Mainz, 26. April 2025: Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf bezeichnet Papst Franziskus in seiner Predigt als großen und inspirierenden Christen. (c) Bistum Mainz / Blum
Mainz, 26. April 2025: Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf bezeichnet Papst Franziskus in seiner Predigt als großen und inspirierenden Christen.

Nachruf auf Papst Franziskus von Bischof Peter Kohlgraf

Mainz. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf in einem Nachruf auf Papst Franziskus, der heute, am Ostermontag, 21. April, verstorben ist. Die Botschaft im Wortlaut:

 

„Papst Franziskus ist tot. Ein einschneidender und trauriger Moment für mich. Und zugleich bin ich dankbar für diesen Papst. „Brüder und Schwestern! Guten Abend!“ So begann sein Pontifikat vor fast zwölf Jahren. Das war der Beginn einer ganz neuen Akzentsetzung in der Kirche. Erstmalig gab es mit dem verstorbenen Papst einen Argentinier, Jesuiten und Papst namens Franziskus. Neu war auch sein Stil: Vom Ende der Welt erlebte er sich vom Konklave als Bischof von Rom geholt. Und aus dieser Perspektive nahm er sowohl Themen als auch Regionen in den Blick, die zuvor nicht zentral im Blickfeld lagen. Als Kardinäle wählte er nicht selten Bischöfen aus Regionen, denen mittlerweile eine Bedeutung zugewachsen ist, die bisher nicht entsprechend beachtet wurde. In Einfachheit und Humor begegnete er unkompliziert seinen Mitmenschen. Er lebte schlicht in einer Zwei-Zimmer-Wohnung im vatikanischen Gästehaus Santa Marta. Mit Sätzen wie „Wer bin ich ihn zu verurteilen?“ initiierte er eine offene Debattenkultur innerhalb der Kirche. Dass ihm die Suche nach einer angemessenen Rolle der Frauen innerhalb der Kirche ein Herzensanliegen war, zeigt sich etwa in der Vergabe von Verantwortung an Frauen wie Schwester Raffaella Petrini, die Papst Franziskus 2025 an die Spitze des Vatikanstaats stellte als auch in der Initiierung einer theologischen Kommission zum Frauendiakonat. Er wollte eine synodale Kirche, die sich, wenn es sein muss, verbeult zeigt und durchaus einem Feldlazarett gleicht, in dem für Menschen in ihrer Gebrochenheit oder sozialen Notlage gesorgt wird. Migration, Kapitalismuskritik und Einsatz für Frieden waren für ihn keine Randthemen. Seine Enzykliken Laudato Si’ und Fratelli tutti handeln zentral von seinem sozialen und ökologischen Engagement für eine Welt im Klimawandel und massiven ungerechten Zuständen. Dies alles zeugt von seinem Vertrauen auf einen Gott der Liebe, von dem er noch im Januar dieses Jahres beim Angelusgebet sprach. Mir persönlich ist die Begegnung mit ihm bei der Privataudienz 2022 und während der Ministrantenwallfahrt nach Rom letztes Jahr in lebendiger Erinnerung. Ein motivierender Mensch. Danke Papst Franziskus.“

 

Hinweise:

  • Heute wird um 12.00 Uhr die Martinusglocke des Doms anlässlich des Tods von Papst Franziskus geläutet
  • Um 16.00 Uhr steht Bischof Peter Kohlgraf für O-Töne im Bischofshaus (Bischofsplatz 2a, 55116 Mainz) zur Verfügung
  • Heute um 17.00 Uhr findet ein Totengebet für Papst Franziskus im Mainzer Dom statt, dem Bischof Peter Kohlgraf vorstehen wird

 

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Nachricht voraus am 21.4.25                                                                                               (MBN)

 

 

Requiem für Papst Franziskus (26.4.)

Gottesdienst mit Bischof Kohlgraf im Dom / Glockengeläut am Freitagabend

Mainz. Mit einem Requiem im Mainzer Dom gedenkt das Bistum Mainz des verstorbenen Papstes. Franziskus war am Ostermontag, 21. April, im Alter von 88 Jahren gestorben. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf wird den Gottesdienst am Samstagabend, 26. April, um 18.00 Uhr im Mainzer Dom feiern. Die Gläubigen im Bistum sind zu diesem Gottesdienst in den Mainzer Dom eingeladen.

 

Darüber hinaus findet am Vorabend der Beisetzung von Papst Franziskus in Rom ein gemeinsames Trauergeläut in den Gemeinden des Bistums Mainz statt: Am Freitagabend, 25. April, wird in allen Kirchen des Bistums Mainz von 19.00 bis 19.30 Uhr ein gemeinsames Trauergeläut stattfinden. Dies haben der Mainzer Generalvikar, Dr. Sebastian Lang, und die Bevollmächtigte des Generalvikars, Ordinariatsdirektorin Stephanie Rieth, in einem Rundschreiben an die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitgeteilt.

 

Bis zum Abend des Beisetzungstages sollen alle Kirchen und kirchliche Gebäuden – soweit dies möglich ist – ihre Anteilnahme durch eine Trauerbeflaggung zum Ausdruck bringen, also durch das Hissen der Kirchenfahne auf Halbmast oder mit Trauerflor. Außerdem soll in jedem Pastoralraum bzw. jeder bereits neu gegründeten Pfarrei des Bistums Mainz ein Requiem bzw. ein besonderes gottesdienstliches Gedenken gehalten werden.

 

Nachricht voraus am 23.4.25                                                             tob (MBN)

 

 

 

Ausstellung „100 Jahre Bischöfliches Dom- und Diözesanmuseum“ eröffnet

Mainz, 26. April 2025: Museumsdirektor Dr. Winfried Wilhelmy bei der Eröffnung der Ausstellung „Von der Samenhandlung zum Kindergeburtstag. 100 Jahre Bischöfliches Dom- und Diözesanmuseum“. (c) Bistum Mainz / Blum
Mainz, 26. April 2025: Museumsdirektor Dr. Winfried Wilhelmy bei der Eröffnung der Ausstellung „Von der Samenhandlung zum Kindergeburtstag. 100 Jahre Bischöfliches Dom- und Diözesanmuseum“.

Zehn Vitrinen und ausgewählte Objekte zeigen Entstehung & Entwicklung des Hauses

 

Mainz. Im Rahmen des Jubiläumsjahres hat Museumsdirektor Dr. Winfried Wilhelm am Samstagnachmittag, 26. April, die Ausstellung „Von der Samenhandlung zum Kindergeburtstag. 100 Jahre Bischöfliches Dom- und Diözesanmuseum“ eröffnet. Zehn Vitrinen und ausgewählte Objekte aus zehn Jahrzehnten stellen den Besucherinnen und Besuchern die Entstehung und Entwicklung des Hauses vor. Wegen der Trauer um Papst Franziskus fand die Ausstellungseröffnung ohne die eigentlich geplante Modenschau sowie musikalische Beiträge statt. Um 18.00 Uhr feierte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf im Mainzer Dom das Requiem des Bistums Mainz für den verstorbenen Papst Franziskus.

 

Das Bischöfliche Dom- und Diözesanmuseum Mainz war durch Beschluss des Mainzer Domkapitels am 28. Oktober 1924 gegründet worden. Bereits acht Monate später - am 12. Juni 1925 – konnte das Mainzer Dom- und Diözesanmuseum in den ehemaligen Kapitelsälen am Domkreuzgang eröffnet werden. Mit einer Ausstellungsfläche von mittlerweile über 3.000 Quadratmetern gehört es zu den fünf größten Diözesanmuseen in Deutschland. Aus den 208 Exponaten des Eröffnungstages sind mittlerweile über 30.000 Exponate geworden.

 

Weitere Sonderausstellungen

Aktuell sind außerdem zwei weitere Ausstellungen im Mainzer Dom- und Diözesanmuseum zu sehen: „Die ganze Welt auf Pergament. Die Chorbücher aus dem Mainzer Karmeliterkloster“ (noch bis 15. Juni) sowie „Vom Bombenkrieg gezeichnet. Vergessene Fragmente erzählen Geschichte“ (noch bis 27. Juli). Den Abschluss der Sonderausstellungen zum Jubiläumsjahr bildet die Ausstellung „Von Albrecht von Brandenburg zu Abraham Röntgen – Meisterwerke des Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseums aus Renaissance und Barock“ (17. Oktober bis 21. Dezember 2025).

Hinweis: dommuseum-mainz.de                                                                  

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Nachricht voraus am 26.4.25                                                             tob (MBN)

 

 

 

 

Größte Bibelseite der Welt im Mainzer Dom (bis 31.8.)

Mainz, 28. April 2025: Präsentation der Bibelseite im Mainzer Dom (v.l.n.r.): Domdekan Henning Priesel, Oberbürgermeister Nino Haase und Drucker Markus Kohz. (c) Bistum Mainz / Blum
Mainz, 28. April 2025: Präsentation der Bibelseite im Mainzer Dom (v.l.n.r.): Domdekan Henning Priesel, Oberbürgermeister Nino Haase und Drucker Markus Kohz.

Bibel-Leseecke in Seitenkapelle / Umfangreiches Begleitprogramm

 

Mainz. Bis zum 31. August wird im Ostchor des Mainzer Domes die größte Bibelseite der Welt ausgestellt. Sie misst fünf mal 7,20 Meter und zeigt die erste Seite des Johannes-Evangeliums aus der sogenannten „Shuckburgh-Bibel“. Der Mainzer Oberbürgermeister Nino Haase präsentierte die im Dom aufgehängte Bibelseite am Montagmittag, 28. April, gemeinsam mit dem Mainzer Domdekan Henning Priesel vor Journalisten im Mainzer Dom. In der Allerheiligenkapelle im Mainzer Dom wird im Rahmen des Begleitprogramms bis zum 31. August eine Leseecke mit verschiedenen Bibelausgaben – für Kinder und Erwachsene - zu finden sein. In einem Gästebuch haben die Besucherinnen und Besucher die Möglichkeit, ihre Lieblings-Bibelstelle aufzuschreiben.

 

Gedruckt wurde die Bibelseite am Samstag, 26. April beim Eröffnungsfest des Kultursommers. Oberbürgermeister Haase dankte Markus Kohz, der die Seite als verantwortlicher Drucker der Internationalen Gutenberg-Gesellschaft mit seinem Team im Hochdruckverfahren erstellt hatte. Der Druck bei der Kultursommer-Eröffnung am Fischtorplatz erfolgte mittels eines computergefrästen Holzklischees, über das mehrfach ein Auto fuhr. Der Kultursommer steht unter dem Motto „Forever young“ und erinnert an den 625. Geburtstag von Johannes Gutenberg.

 

„Der Druck der größten Bibelseite der Welt war ein beeindruckendes Spektakel. Es freut mich sehr, dass sie mit der Ausstellung im Mainzer Dom nun auch weiterhin Aufmerksamkeit bekommt und von Mainzerinnen und Mainzern sowie natürlich auch den Gästen unserer Stadt als ein Highlight im Jahr des 625. Geburtstags des großen Erfinders Johannes Gutenberg noch weiter bestaunt werden kann“, sagte Oberbürgermeister Nino Haase.

 

Domkonzert zum Gutenberg-Jubiläum (24.8.)

 

Der Mainzer Domdekan Henning Priesel stellte das Begleitprogramm für die Ausstellung der Bibelseite im Mainzer Dom vor, das zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Bistum Mainz vorbereitet haben. Neben der Bibel-Ecke im Dom ist außerdem die Sonderausstellung „Die ganze Welt auf Pergament. Die Chorbücher aus dem Mainzer Karmeliterkloster“ im Mainzer Dom- und Diözesanmuseum mit einem entsprechenden Begleitprogramm bis zum 15. Juni verlängert worden. Zum Abschluss der Hängung findet außerdem ein Domkonzert mit rund 200 Mitwirkenden zum Gutenberg-Jubiläum statt. Am Sonntag, 24. August, um 17.00 Uhr präsentieren die Chöre am Dom gemeinsam mit dem Philharmonischen Staatsorchester Mainz und dem Collegium Musicum der Johannes Gutenberg-Universität Mainz die Sinfoniekantate „Lobgesang“ von Felix Mendelssohn.

Domdekan Priesel betonte: „Die riesige Seite der Gutenberg-Bibel passt gut in den Ostchor des Mainzer Doms. Sie ist im Wortsinne der Aufhänger für viele kreative Angebote, die wir zum 625. Jubiläum in den nächsten Wochen für Groß und Klein im Dom und im Dom- und Diözesanmuseum veranstalten. Johannes Gutenberg ist ein großer Sohn der Stadt Mainz, wo anders, als im Dom also, könnte die größte Bibelseite passend präsentiert werden? Einmalig. Das muss man gesehen haben!“

Hinweis: Auf der Internetseite bistummainz/bibelseite finden sich alle Informationen zu den begleitenden Angeboten im Mainzer Dom.

 

Fotos unter www.bistummainz.de/presse

 

Nachricht voraus am 28.4.25                                                             tob (MBN)

 

 

 

 

„Von Nächstenliebe reden, ohne rot werden zu müssen“

Bischof Peter Kohlgraf segnet das Öl in der Missa Chrismatis (c) Bistum Mainz/Hoffmann
Bischof Peter Kohlgraf segnet das Öl in der Missa Chrismatis

Predigt von Bischof Peter Kohlgraf bei traditioneller Missa Chrismatis im Mainzer Dom

Mainz. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf ist in seiner Predigt in der traditionellen Missa Chrismatis am Montagabend, 14. April, im Mainzer Dom auf die Bedeutung der heiligen Öle eingegangen. Er bezeichnete sie als „sakramentale Zeichen für die Nähe Gottes, der den Menschen in verschiedenen Lebenssituationen berührt“.

 

„Wer in Taufe und Firmung gesalbt wird, ist König, Priester und Prophet, wie Christus selbst. König sein bedeutet in der Vorstellung dieser Welt groß sein, Macht haben. Die Bibel beschreibt die unendliche Macht Christi: Er wird über alles herrschen, selbst über den Tod“, sagte Kohlgraf. Er betonte gleichzeitig: „König sein bedeutet für Christus aber auch: klein sein, unscheinbar sein, bei den Kleinsten und Ärmsten sein.“ Mit der Salbung in Taufe und Firmung, aber auch in der Weihe gehe eine Pflicht einher, so Kohlgraf: „Königinnen und Könige sind wir als Gesalbte nicht, um uns über andere zu erheben.“ Stattdessen sei die christliche Botschaft mit einem Auftrag verbunden: „Jesus erwartet keine Unmöglichkeit, sondern die Aufmerksamkeit gegenüber dem Menschen in Not. Der erste und wichtigste Dienst am König Christus ist dieser einfache Dienst am Menschen“, führte Kohlgraf aus. Und weiter: „Ich kann nicht Christus lieben, und den Ärmsten verachten. Die Kirche selbst soll in ihrer Art arm sein, so sein, dass ein Armer in ihr Heimat finden kann. Sie soll so sein, dass wir von Nächstenliebe und Fürsorge reden können, ohne rot werden zu müssen.“

 

Zum Propheten berufen

„Wer gesalbt wird, ist zum Propheten, zur Prophetin berufen“, sagte Kohlgraf weiter in seiner Predigt. Der Bischof sieht die Rolle dieser „Propheten nicht als Wahrsager, sondern als Menschen, die einen guten und tiefen Blick für die Realität der Gegenwart haben.“ Sie hätten die Aufgabe, zu „Vermittlern göttlicher Zuwendung zu werden.“ Kohlgraf forderte die Anwesenden auf: „Wir alle sollen Propheten sein: realistische Menschen, die diese Zeit als ihre Zeit wahrnehmen und gestalten.“

 

Zum Abschluss seiner Predigt sagte Kohlgraf: „Wir weihen die Öle, und sie werden in unseren Gemeinden Verwendung finden. Sie werden eine Möglichkeit sein, von Gott berührt und verändert zu werden. Sie sind die eigentliche Ressource unserer Kirche und unseres Bistums. Mögen sie viele Menschen zu Königen, Priestern und Propheten verwandeln, mögen sie helfen, in den Herausforderungen des Lebens zu bestehen, mögen sie heilen und Frieden schenken.“

 

Geistlicher Tag für Priester und Diakone

Konzelebranten des Gottesdienstes waren Generalvikar Dr. Sebastian Lang, Domdekan Henning Priesel, Pater Joshy Pottackal O Carm., Pfarrer Frank Blumers und die Mitglieder des Domstiftes. Zur Konzelebration waren darüber hinaus alle anwesenden Priester des Bistums eingeladen. Der Gottesdienst war eingebettet in einen Geistlichen Tag für alle Priester und Diakone des Bistums. Im Gottesdienst hatten die anwesenden Priester ihre Bereitschaftserklärung zum priesterlichen Dienst erneuert. Die musikalische Gestaltung hatte ein Vokalensemble des Mädchenchors am Dom und St. Quintin unter der Leitung von Domkantor Michael Kaltenbach übernommen sowie Domkantorin Jutta Hörl. Der Mainzer Domorganist Professor Daniel Beckmann, spielte die Domorgel.

 

Weihe der Heiligen Öle

Im Rahmen der Missa Chrismatis weihte Kohlgraf das Katechumenenöl (mit dem Taufbewerber und Taufbewerberinnen gesalbt werden), das Krankenöl (zur Spendung der Krankensalbung) und das Chrisam (das bei der Spendung der Taufe, des Firmsakramentes und der Priesterweihe Verwendung findet). Im Anschluss an die Missa Chrismatis nahmen Vertreter aus allen Pastoralräumen die heiligen Öle mit in die Pfarreien des Bistums.

 

Fotos unter www.bistummainz.de/presse

 

Nachricht voraus am 14.4.25                                                                            hoff (MBN)

 

 

 

 

Rund 430 Firmbewerber*innen bei Begegnungstag im Mainzer Dom

Die Firmspender beantworteten die Fragen der Jugendlichen (c) Bistum Mainz/Hoffmann
Die Firmspender beantworteten die Fragen der Jugendlichen

Jugendvesper mit Bischof Kohlgraf und Begegnungsgruppen in der Innenstadt

Mainz. Am Samstagnachmittag, 12. April, sind rund 430 Firmbewerber*innen aus dem ganzen Bistum Mainz zusammen mit etwa 86 Begleitpersonen zu einem Begegnungstag nach Mainz gekommen. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hatte die Firmbewerber aus dem Bistum mit den anderen Firmspendern zu dem Begegnungstag eingeladen. Der Tag stand unter der Überschrift „Zum Leben berufen! Christ-Sein erleben in vielen Facetten“. In den Begegnungen am Nachmittag ging es um die Vielfalt, mit welcher der eigene Weg als Christin oder Christ gestaltet werden kann. Die zahlreichen Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner kamen mit den Jugendlichen darüber ins Gespräch, wie sie ihr eigenes Leben aktiv als Christen gestalten.

 

Beim Auftakt am Nachmittag im Mainzer Dom stellten sich die Firmspender im Gespräch mit den Moderatoren Maria und Hendrik Landua vor. Die Jugendlichen hatten die Möglichkeit, direkt im Dom über ihre Mobiltelefone Fragen an den Bischof und die weiteren Firmspender zu stellen. Neben Fragen rund um die Themen Berufung und Firmung wurde etwa auch gefragt, ob die Firmspender mit ihren Aufgaben und dem Zustand der Kirche zufrieden seien. Neben Bischof Kohlgraf waren der Mainzer Generalvikar, Dr. Sebastian Lang, Domdekan Henning Priesel, die Domkapitulare Hans-Jürgen Eberhardt, Professor Dr. Franz-Rudolf Weinert, Klaus Forster und Michael Ritzert sowie Offizial Olaf Lindenberg zum Begegnungstag gekommen.

 

Nach der Begrüßung im Dom waren die Firmbewerber mit ihren Katecheten zu verschiedenen Begegnungen unter anderen mit Seelsorgerinnen und Seelsorgern sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Ordinariat, dem Dom- und Diözesanmuseum, der Dombauhütte, aber auch Ordensgemeinschaften und kirchlichen Gruppen wie „Christians for Future“ die Mainzer Innenstadt eingeladen. Zum Abschluss des Tages feiert Bischof Kohlgraf mit den Firmbewerbern eine Jugendvesper im Mainzer Dom. Diese wird musikalisch gestaltet von der Band „Um Himmels Willen“ aus Münster (Hessen). Organisiert worden war der Tag vom Bischöflichen Jugendamt.

 

Fotos unter www.bistummainz.de/presse

 

Nachricht voraus am 12.4.25                                                      hoff (MBN)

 

 

 

 

Gedenkkonzerte zum 80. Jahrestag Ende des Zweiten Weltkriegs (8. & 9.5.)

Schirmherrschaft von Ackermann und Kohlgraf für Engagement katholischer Schulen

 

Mainz/Trier. Anlässlich des 80. Jahrestages zum Ende des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai 2025 veranstalten die Schulorchester des Bischöflichen Angela-Merici-Gymnasiums (Trier), der St. Lioba-Schule (Bad Nauheim) sowie des Theresianums, des Willigis-Gymnasiums und der Maria Ward-Schule (alle Mainz) gemeinsam zwei besondere Gedenkkonzerte: Aufführungen des rund 80 Jugendliche umfassenden Orchesters gibt es bei freiem Eintritt am Donnerstag, 8. Mai, um 21.00 Uhr im Dom zu Trier sowie am Freitag, 9. Mai, um 19.30 Uhr in Mainz-St. Bonifaz. Auf dem Programm stehen Werke von Bohuslav Martinu (Lidice), Benjamin Britten (3. Satz aus der Sinfonia da Requiem) und Arvo Pärt (Cantus), die dem Anlass entsprechend inhaltliche Bezüge aufweisen. Die Schirmherrschaft für das Mainzer Konzert hat der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf übernommen, für das Konzert in Trier der Trierer Bischof Stephan Ackermann.

 

In seinem Grußwort für das Mainzer Konzert schreibt Bischof Kohlgraf: „Das bewusste Erinnern an ein Kriegsende ist daher ein Ereignis, das Zuversicht schaffen kann: Krieg muss nicht das letzte Wort haben.“ Und weiter: „Individuelles und staatliches Handeln können einen Beitrag leisten, Kriege zu verhindern und Frieden zu ermöglichen. Es ist eben nicht egal, ob wir uns für Frieden engagieren oder nicht. Freilich können wir nicht wissen, was wann zum Frieden führt oder auch nicht. Aber eben nichts zu tun, scheint mir keine gute Idee zu sein. Wenn nun Musik- und Deutschlehrkräfte zusammen mit der jungen Generation von fünf Bistumsschulen zweier Bistümer anlässlich des 80. Jahrestages „Ende 2. Weltkrieg“ mit einem Musik- und Textprojekt ein Zeichen gegen das Vergessen setzen, scheint mit das eine gute Idee zu sein, die dem Frieden dient.“

 

Die Musiklehrkräfte der beteiligten Schulen sehen angesichts aktueller politischer Entwicklungen in unserem Land, aber auch angesichts insbesondere des Krieges in der Ukraine, mehr denn je einen Auftrag an uns alle, an diesem besonderen Datum innezuhalten. Dabei ist den Verantwortlichen wichtig, dass in diesem Fall – und abseits der gewohnten Gedenkveranstaltungen – die junge Generation ein Zeichen gegen das Vergessen oder gar Verdrehen setzt. Hinzu kommt, dass sich hier fünf Bistumsschulen zweier Bistümer zusammenschließen. Mit dieser außergewöhnlichen Verbindung wird sichtbar, dass dieser Ansatz weit über das eigene Schulgelände hinausgeht und eine besondere Verbindung untereinander besteht, zudem eine besondere Verantwortung kirchlicher Schulen innerhalb unserer Gesellschaft gesehen wird.

 

Beim Konzert in Mainz wird über die genannten Schulen hinaus der Mädchenchor am Dom und St. Quintin mit rund 80 Sängerinnen mitwirken; in Trier werden Teile von John Rutters Requiem vom Chor des Bischöflichen Angela-Merici-Gymnasiums vorgetragen. Ergänzt wird das Programm jeweils durch Textbeiträge von Schülerinnen und Schülern. Die Aufführung im Trierer Dom findet im Rahmen der dortigen Heilig Rock-Tage statt und wird durch Bischof Ackermann begleitet. Der Eintritt zu beiden Konzerten ist frei. Um Spenden am Ende der Konzerte wird herzlich gebeten.

 

Nachricht voraus am 25.4.25                                                                                     tob (MBN)

 

 

 

 

Dokumentation: Ein großer und inspirierender Christ

Bischof Kohlgraf feierte Requiem für Papst Franziskus im Mainzer Dom

 

Mainz. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat am Samstagabend, 26. April, ein Requiem für Papst Franziskus gefeiert und ihn in seiner Predigt gewürdigt. Im Folgenden dokumentieren wir den Predigttext im Wortlaut:

 

Wir beten heute für einen großen Papst, und mehr noch, für einen großen Menschen, einen großen und inspirierenden Christen. In den Nachrufen der vergangenen Tage ist von vielen seine Liebe zu den Menschen hervorgehoben worden. Besonders seine Liebe zu den Menschen am Rande fällt auf: Wir sehen ihn in Lampedusa, wo er an Tausende ertrunkene Flüchtlinge erinnert. Er hat damals eine mich noch heute berührende Predigt gehalten: Über die vergessene Fähigkeit um diese Menschen zu trauern. Wenn ich an die Härte mancher heutigen politischen Debatten denke, würde ich gerne ermutigen, sich diese Predigt nochmals in Erinnerung zu rufen. Bei allen notwendigen Entscheidungen in vielen Fragen geht es immer um den einzelnen Menschen und seine Würde.

 

Wir sehen den verstorbenen Papst kniend vor Gefangenen, denen er am Gründonnerstag die Füße wäscht. Zu Gefangenen hatte er offenbar eine besondere Sympathie, noch am vergangenen Gründonnerstag hat er schwerkrank ein Gefängnis besucht. In einem Interview hat er diese Sympathie einmal erklärt: Immer, wenn er ein Gefängnis besuche, denke er, auch du könntest dort gefangen sein. Niemand hatte zu Beginn seines Lebens eine Garantie dafür, einen geraden Weg zu gehen.

 

In Rom hat er Maßnahmen ergreifen lassen, die den vielen Wohnungslosen und Armen rund um den Petersdom ein Stück Würde zurückgab: Zuwendung, Nahrung, Kleidung, Duschen.

 

Dieser Papst konnte deutlich werden, wenn es um die Würde der Menschen am Rande ging. Man könnte viele Beispiele nennen. Auch sein persönlich bescheidener Lebensstil überzeugte viele. Er sorgte sich um die Zukunft der gemeinsamen Erde, die die eine Menschheitsfamilie bewohnt.

 

Er sprach sich für einen radikalen Pazifismus aus, der manchen auch irritierte. Ich vermute, er hätte manchem Kritiker seiner Friedensbotschaft entgegnet, ob dieser denn wirklich glaube, mit Gewalt und Gegengewalt, durch Drohungen und Säbelrasseln ließe sich ein dauerhafter und gerechter Frieden herstellen.

 

In der schweren Frage der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Kirche musste er sicher, wie viele, schmerzvolle Lernschritte gehen.

 

Er hat eine neue Kultur der Diskussion und des Miteinanders in der Kirche angeregt, er wollte eine synodale Kirche, die nicht vom Machtgefälle zwischen Oben und Unten geprägt ist, sondern vom gemeinsamen Auftrag, das Evangelium in Tat und Wort zu verkünden.

 

Er kannte die Theologie, war aber kein weltenthobener Gelehrter. Gerade hierzulande hat er manche Reformerwartung enttäuscht, was nicht nur an ihm liegen muss. Es kann auch an einer Erwartung liegen, die den weltkirchlichen Auftrag eines Papstes missversteht oder auch missverstehen will. Der Papst „vom Ende der Welt“ hat uns Deutschen ziemlich deutlich gemacht, dass unsere Wünsche und Meinungen nicht der alleinige Schlüssel zum kirchlichen Weltverständnis sind.

 

Die Weltsynode hat allerdings gezeigt, dass viele geringgeschätzte Themen keine allein deutschen oder westeuropäischen Themen sind. Es gehörte seitens des Papstes viel Mut dazu, einen derartigen synodalen Prozess zu beginnen. Das Risiko ist er eingegangen, und er hat neben viel Zustimmung viel Kritik und Widerstand aushalten müssen, wie auch in anderen Fragen.

 

Wir alle sind nun eingeladen, nicht über einen Nachfolger zu spekulieren, sondern um einen guten Nachfolger zu beten, der, so Gott will, die eingeschlagenen Wege weitergeht. Papst Franziskus hat den Zusammenhang zwischen Glauben und Leben überzeugend verkörpert. Das haben auch viele Kommentare hervorgehoben. Heute Abend lohnt es sich neben allen sozialen und ethischen Fragen auch seine Botschaft des Glaubens zu betrachten, die mindestens genauso so vielfältig ist. Er hat einmal gesagt: „Solange es in den Büchern bleibt, ist das Leben immer einfach, aber inmitten der Winde und Wellen des Alltags ist es etwas ganz anderes.“ Mit seinen Themen der Barmherzigkeit und der Vergebung hat er uns immer wieder – manchmal provozierend – in das Zentrum der Botschaft Jesu geholt. Er hat oft von der Freude am Glauben gesprochen, von der Freude am Evangelium. Christinnen und Christen erfreuen sich nicht an der Schönheit der Sprache des Glaubens oder der biblischen Texte, sie lassen sich ergreifen vom Wort Gottes. Die Freude drängt dazu, dieses Wort zu leben, es aus den Regalen zu holen und ins Leben zu übersetzen. Das Wort Gottes bleibt kein toter Buchstabe, es soll lebendiges Wort werden.

 

In seiner letzten Enzyklika „Dilexit nos“ – „er hat uns geliebt“ hinterlässt uns Papst Franziskus sein Glaubensvermächtnis. Das Wort Gottes ist kein toter Buchstabe, es ist eine lebendige Person, Jesus Christus selbst. In ihm zeigt uns Gott seine unendliche Liebe, er schenkt uns sein Herz. Die Enzyklika ist ein sehr persönlicher Text zur Herz-Jesu-Verehrung. Und es ist Aufgabe und Chance derer, die an Christus glauben, der Welt und den anderen Menschen ebenfalls das Herz zu öffnen. Es ist an uns allen, dass das Wort nicht in den Büchern bleibt. Für Papst Franziskus war der Glaube eine Quelle der Freude. Er hat darüber einen großen Text mit dem Titel „Evangelii Gaudium“ – „Die Freude des Evangeliums“ geschrieben: „Ich lade jeden Christen ein, gleich an welchem Ort und in welcher Lage er sich befindet, noch heute seine persönliche Begegnung mit Jesus Christus zu erneuern oder zumindest den Entschluss zu fassen, sich von ihm finden zu lassen, ihn jeden Tag ohne Unterlass zu suchen. Es gibt keinen Grund, warum jemand meinen könnte, diese Einladung gelte nicht ihm, denn niemand ist von der Freude ausgeschlossen, die der Herr uns bringt. … Hier bin ich wieder, um meinen Bund mit dir zu erneuern. Ich brauche dich. Nimm mich noch einmal in deine erlösenden Arme.“

 

Liest man den Text des Papstes, so geht es jedenfalls mir, erfasst mich eine eigenartige Unruhe. Vieles kann ich sofort unterschreiben. Die Realität unserer Kirche ist oft wenig von dieser Freude geprägt: Gewohnheiten und Traditionen lassen wir nur ungern in Frage stellen, unterschiedliche Gruppen in der Kirche streiten geradezu unversöhnlich. Wir sind schon sehr mit uns selbst beschäftigt. Das betrifft ja nicht nur die großen Themen, über die gestritten wird. Wie schwer ist es für manches Seelsorgeteam, ihre Gemeinden zusammenzubringen. Und hier legt der Papst schon einen Finger in die Wunde. Wir können es uns nicht mehr leisten, uns permanent selbst zu bespiegeln. Er ruft uns weg von unseren scheinbar so wichtigen kircheninternen Themen und ruft, die Menschen in den Blick zu nehmen, die das Evangelium nicht kennen. Es geht nicht um die Bewahrung von Strukturen, sondern um den aktiven, gelebten Glauben – durch mich. Wenn das gelingt, werden sich Strukturen finden. Das „man müsste“ ist eine starke Versuchung. Das geht nicht mehr. Auch das hat etwas mit der inneren Freude des Glaubens zu tun.

 

Die Zeiten sind vorbei, in denen jemand sagen konnte, für die und die Aufgabe gibt es Zuständige. Für die Verkündigung des Glaubens ist der Pfarrer oder ein anderer Hauptamtlicher zuständig. Nein, jeder kennt Menschen, denen das Evangelium noch unbekannt ist. Ist unser Glaube dann Thema?

 

Es geht nicht mehr um den Erhalt von Gemeinden, sondern um den suchenden Menschen in unseren Städten und Dörfern.

 

Es geht nicht mehr um Traditionen allein, sondern um das Neue des Glaubens. Alle Ebenen der Kirche wurden vom Papst aufgemischt. Als Reaktion zum deutschen Synodalen Weg hatte uns Papst Franziskus am 29.06.2019 einen Brief geschrieben, der insgesamt wenig beachtet wurde. Es ging in diesem Brief im Wesentlichen um diesen Auftrag der Weitergabe des Evangeliums, nicht als Methode, sondern aus der persönlichen Freude am Glauben heraus. Dieses Vermächtnis sollten wir lebendig halten.

Papst Franziskus war ein betender Mensch. Wir sahen ihn oft im Gebet, besonders vor langen und schwierigen Reisen in der Kirche Santa Maria Maggiore, in der er auch begraben ist. Gebet war für ihn nicht eine Leistung. Beten hieß für ihn, Liebe auszudrücken. Er hat einmal gesagt: „Wenn wir anbeten, entdecken wir, dass das christliche Leben eine Liebesgeschichte mit Gott ist.“

 

Beten war für ihn Hören. Hier ist die Verbindung zur Synodalität in der Kirche. Die Kirche findet dann einen gemeinsamen Weg, wenn sie gemeinsam auf das Angebot der Liebe hört, und dann dem anderen Menschen mit der Haltung des Interesses und des Zuhörens begegnet.

 

Gebet war für Papst Franziskus eine Schule des Hinhörens. Einmal hat er es so formuliert: „Das Hören ist immer der Beginn eines Weges. Der Herr verlangt von seinem Volk dieses Hören des Herzens, eine Beziehung zu ihm, dem lebendigen Gott.“

 

Und er sprach einmal davon, dass wir ein „kniendes Herz“ bräuchten. Ein betender Mensch öffnet sich so Gott und dem Nächsten. Hier zeigt sich der Zusammenhang zwischen Glauben und Leben, zwischen Betrachtung und Aktion, auch zwischen Gebet und politischer Wirksamkeit der Kirche. Dieses trennen zu wollen, ist ein Verrat am Evangelium und dem Lebensbeispiel Jesu. Vieles gäbe es noch zu sagen über das spirituelle Erbe unseres verstorbenen Papstes.

 

Sein Begräbnisort zeigt seine Liebe zu Maria, der Mutter Jesu, unserer Mutter. Sein Schreiben über die Freude am Evangelium schließt Papst Franziskus mit einem Gebet zur Gottesmutter:

 

Jungfrau und Mutter Maria,
vom Heiligen Geist geführt
nahmst du das Wort des Lebens auf,
in der Tiefe deines demütigen Glaubens
ganz dem ewigen Gott hingegeben.
Hilf uns, unser » Ja « zu sagen
angesichts der Notwendigkeit, die dringlicher ist denn je,
die Frohe Botschaft Jesu erklingen zu lassen.

Erwirke uns nun einen neuen Eifer als Auferstandene,
um allen das Evangelium des Lebens zu bringen,
das den Tod besiegt.
Gib uns den heiligen Wagemut, neue Wege zu suchen,
damit das Geschenk der Schönheit, die nie erlischt,
zu allen gelange.

Stern der neuen Evangelisierung,
hilf uns, dass wir leuchten
im Zeugnis der Gemeinschaft,
des Dienstes, des brennenden und hochherzigen Glaubens,
der Gerechtigkeit und der Liebe zu den Armen,
damit die Freude aus dem Evangelium
bis an die Grenzen der Erde gelange
und keiner Peripherie sein Licht vorenthalten werde.

Mutter des lebendigen Evangeliums,
Quelle der Freude für die Kleinen,
bitte für uns.
Amen. Halleluja!

 

In den Armen des Auferstandenen möge Papst Franziskus nun die wahre Freude erfahren, die uns allen verheißen ist.

(MBN)

 

 

 

 

 

Dokumentation „Die Hoffnung lässt nicht zugrunde gehen“

Pontifikalamt an Ostersonntag mit Bischof Kohlgraf im Mainzer Dom

 

Mainz. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat am Ostersonntag, 20. April, im Mainzer Dom das Pontifikalamt gefeiert und dabei die Predigt gehalten. Der Gottesdienst wurde auf der Internetseite des Bistums live gestreamt. Im Folgenden dokumentieren wir den Predigttext im Wortlaut:

 

„Die Hoffnung lässt nicht zugrunde gehen“ – unter diesem Leitwort hat nach dem letzten Weihnachtsfest das Heilige Jahr begonnen. Nun feiern wir Ostern, das Fest der Hoffnung schlechthin. Der Papst wünscht uns allen, dass wir wieder mit Hoffnung in die Zukunft blicken können. Das Wort Gottes solle uns helfen, persönliche Hoffnungsgründe in dieser Welt und in dieser Zeit zu finden. Heute feiern wir den Sieg des Lebens über den Tod, den Sieg des Lichtes über die Finsternis. Ein stärkeres Fundament der Hoffnung kann es wohl nicht geben. In schwierigen Zeiten hat der Apostel Paulus einmal mit starken Worten seinen Glauben formuliert: „Was kann uns scheiden von der Liebe Christi? Bedrängnis oder Not oder Verfolgung, Hunger oder Kälte, Gefahr oder Schwert? […] Doch in alledem tragen wir einen glänzenden Sieg davon durch den, der uns geliebt hat. Denn ich bin gewiss: Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges noch Gewalten, weder Höhe noch Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.“ (Röm 8,35-39). Es gibt nichts, was uns von der Liebe des Auferstandenen trennen kann, das ist für den Apostel sein Glaubens- und Hoffnungsfundament, das ihn leben lässt. Wie viele Menschen haben sich in den Jahrhunderten des Christentums von diesem Glauben tragen lassen. Weder die Zeitgenossinnen und Zeitgenossen Jesu waren Träumende, sie kannten die Höhen und Tiefen des Lebens. Auch war der Glaube an den Sieg des Lebens über den Tod keine jenseitige Vertröstung, er half unzähligen Menschen, die Wirklichkeit nicht nur auszuhalten, sondern aktiv im Glauben zu gestalten. Viele solcher Glaubenszeugnisse sind uns erhalten. Es sind die Lebensgeschichten großer Glaubenszeuginnen und Glaubenszeugen, aber es sind auch Lebenszeugnisse sogenannter „kleiner“, normaler Menschen.

 

Ich möchte nicht in einer Zeit gelebt haben, von der etwa ein Historiker in einem Buch erzählt. Er rekonstruiert die Lebensgeschichte einer hessischen Bauersfamilie im 16. und 17. Jahrhundert. Zum Alltag dieser Familie gehören die Hungersnöte: Wie oft verfault die Ernte auf den Feldern, plündernde Soldaten vernichten regelmäßig die materielle Lebensgrundlage, die Angst vor der Pest ist allgegenwärtig, jedes zweite Kind überlebt die ersten Lebensjahre nicht. Staunend fragt der Historiker nach den Kraftquellen dieser Familie, die immer wieder neu angefangen hat. Und er weiß nur die eine Antwort zu geben: der Himmel war allgegenwärtig, die Leute glaubten fest daran, dass es gut weitergeht. Und diese Hoffnung, mehr noch, diese feste Überzeugung gab ihnen Kraft, weiter zu leben und immer wieder neu zu beginnen. Dieser Glaube wurde gefeiert in den Gottesdiensten, in denen sie die Speise des ewigen Lebens empfingen, in denen sie das Wort Gottes hörten, das ihnen die Augen öffnete für Gottes Lebenskraft. Der Glaube, dass nichts sie von der Liebe des Auferstandenen trennen kann, hat vielen Menschen die Kraft gegeben, nicht verzweifelt die Hände in den Schoß zu legen, sondern weiter zu gehen. Der Historiker nennt sein Buch: „Die verlorenen Welten“. Tatsächlich ist uns diese Perspektive weitgehend verloren gegangen. Damit aber auch für viele Menschen die Fähigkeit, über das Alltägliche, das Machbare und Planbare hinauszuschauen. Wie arm wird damit aber oft der Alltag, wie hoffnungslos jeder Schicksalsschlag. Die Kirche müsste der Raum dieser großen Sehnsucht sein, der weiten Perspektive auf die Ewigkeit, auf eine Liebe, die im Leben und im Tode trägt.

 

Der Papst spricht im Heiligen Jahr davon, dass wir Pilgerinnen und Pilger der Hoffnung sein sollen. Der Osterglaube bewährt sich, indem wir Wege gehen. Auch die Osterzeugen des ersten Tages werden losgeschickt. Sie sollen den Glauben und ihre Erfahrungen weitererzählen. Die frühchristliche Gemeinde wird sich als Gemeinschaft auf dem Weg beschreiben. Denn sie sind davon überzeugt, dass sie eine österliche Aufgabe in dieser Welt haben. Dass der Auferstandene auch in dieser Zeit die Wege der Menschen mitgeht, dass uns auch heute nichts trennen kann von seiner Liebe. Ich bin diese Tage gefragt worden, welche Hoffnung das Osterfest in diesen Zeiten geben könne. Natürlich ist der Glaube an den Sieg des Lebens über den Tod keine einfache Lösung für alle konkreten Probleme dieser Welt. Aber er ist für mich eine starke Motivation, die Welt mitgestalten zu wollen, dass sich das Licht des Auferstandenen durchsetzen kann, das oft klein ist. Aber was wäre, wenn ich nicht anfangen würde, diesem Licht Raum zu geben? Ohne diesen Glauben würde mir die wichtigste Perspektive und Ermutigung fehlen.

 

Natürlich bedrängt mich das Thema des Friedens. Besonders in diesem Jahr will ich die Hoffnung auf einen gerechten Frieden nicht aufgeben. Diesen Frieden wird es nicht durch „Deals“ geben, sondern nur, wenn gerechte Lösungen gesucht werden. Ich sehe gerade in diesen Tagen, wie absurd zum Beispiel der Krieg Russlands gegen die Ukraine ist. Zwei Gruppen von Menschen, die sich in diesen Tagen vielleicht auch „Frohe Ostern“ wünschen, stehen sich hier gegenüber. Menschen, die in den Gottesdienst gehen und hören, dass Christus auferstanden ist und seine Jüngerinnen und Jünger aussendet, sein Licht weiterzugeben. Und dann wird geschossen, auf Brüder und Schwestern. Ich bete in diesen Tagen dafür, dass bei so manchem Verantwortlichen das Gewissen wach werden möge. Am schlimmsten ist es, wenn der christliche Glaube sogar als Rechtfertigung für Unterdrückung und Gewalt herhalten muss, und das gilt nicht nur für das genannte Beispiel.

 

Das Jahr der Hoffnung ermutigt uns, Leben weiter zu geben, nicht allein im biologischen Sinn. Der Papst erinnert daran, wie viele menschliche Beziehungen und Einschätzungen allein auf dem wirtschaftlichen Gesichtspunkt beruhen. Wir sind berufen, Beziehung zu leben, Versöhnung zu stiften, Menschen zu werden, die zusammenführen und nicht spalten. Leben kann dort entstehen, wo gerade Menschen ohne Stimme und Lobby durch uns eine Zuwendung erfahren, die ihnen etwas von der Liebe zeigt, die uns geschenkt ist. Die Welt braucht jedes einzelne persönliche Glaubenszeugnis in Tat und Wort. Viele Menschen werden durch kein Glaubensfundament mehr getragen. Sie mögen nichts vermissen. Vor diesem Hintergrund hat der Autor Tomáš Halík einmal geschrieben, wie nahe er sich als Priester oft den Atheisten fühlt: Gott ist oft so fern, Gott schweigt, der Tod scheint zu siegen. Und diese Erfahrung bedrängt auch den glaubenden Christen. Was den Priester Halík von manchem Atheisten unterscheidet, sagt er, ist die Geduld und die Hoffnung. Er ist nicht fertig mit dem Geheimnis Gottes, er trägt das Geheimnis Gottes mit sich. Wenn Gott beweisbar wäre, wäre er nicht Gott, dann wäre er menschliches Konstrukt. Der bewusste Atheist aber hat sich endgültig entschieden. Habe Geduld, die Frage offen zu halten, sagt er. Wenn es Gott gibt, wenn Christus auferstanden ist, ist es doch auch für dich eine großartige Perspektive. Und was verlierst du, wenn du das Geheimnis offenlässt und nicht vorschnell beantwortest? Ich bin persönlich unendlich dankbar, dass ich glauben darf. Ich will mir wenigstens die Frage offenhalten und ich glaube, dass es eine Gesellschaft bereichern würde, wenn die Menschen ebenfalls nicht aufhören würden, nach Gott und dem Auferstandenen zu fragen. Denn wir brauchen auch als Gemeinschaft ein Fundament der Hoffnung in diesen Zeiten. Das kann nicht allein meine persönliche Glückssuche sein. „Die Hoffnung lässt nicht zugrunde gehen“ – heute dürfen wir neu diese Hoffnung ergreifen, feiern, und dann leben. Möge der Auferstandene und nahe sein und bleiben, so dass uns nichts scheiden kann von seiner Liebe, die uns in ihm geschenkt ist.

 

(MBN)

 

 

Dokumentation: Gottesdienst in der Osternacht

Predigt von Bischof Peter Kohlgraf im Mainzer Dom

 

Mainz. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat die Osternacht am Samstag, 19. April, im Mainzer Dom gefeiert und dabei die Predigt gehalten. Der Gottesdienst wurde auf der Internetseite des Bistums live gestreamt. Im Folgenden dokumentieren wir den Wortlaut seiner Predigt:

 

Ostern führt uns zum Wesentlichen. Oft ist es nicht so einfach, Erstrangiges von Zweitrangigem zu unterscheiden, auch in der Kirche nicht. Mancher wirft der Kirche und ihren Verantwortlichen auch vor, Fragen zu beantworten, welche die Menschen gar nicht stellen. Die alten Hauptfragen der Menschen lauten: Wo komme ich her, wo gehe ich hin, was soll ich tun, um ein gutes, glückliches Leben für mich und andere zu führen? In vielen Religionen und Weltanschauungen haben Menschen über Jahrtausende diese Fragen gestellt, und sie haben in ihrem Glauben und Nachdenken Antworten gefunden oder wenigstens zu geben versucht. Heute müssen wir feststellen, dass diese alten Fragen für viele Menschen keine Fragen mehr sind. Es genügt, die Zeit zwischen Geburt und Tod einigermaßen gut zu füllen, und was das bedeutet, will jeder Mensch für sich allein bestimmen. Das Osterfest führt in die großen Themen von Leben, Tod und Ewigkeit. Christinnen und Christen finden Antworten im Glauben an Jesus Christus, den Auferstandenen. Gibt das Osterfest heute Antworten auf Fragen, die sich niemand mehr stellt? Für mich jedenfalls bleiben die Fragen wichtig und ich bin über die österlichen, hoffnungsvollen Antworten froh. Ostern führt uns zum Wesentlichen, nämlich zur Frage nach meinem eigenen Leben, meiner Herkunft und meiner Zukunft, nach meiner Hoffnung, die mich trägt, gerade auch in den Zeiten von Ängsten und Sorgen um den Frieden, um die Zukunft dieser Erde. Christinnen und Christen denken nicht über das Leben an sich nach, sondern es geht um mich persönlich, um mein Leben, so wie um das Leben jedes einzelnen Menschen. Jeder Mensch ist unverwechselbar, einmalig, vom Anfang bis zum Ende seines Lebens. Darum wird die Kirche nicht aufhören, für das Leben in allen Phasen zu sprechen. Das Großartige in dieser Osternacht ist, dass diese Fragen nicht theoretisch diskutiert, sondern gefeiert werden. Wir erleben mit allen Sinnen: wie das Licht die Finsternis verwandelt, wir hören das Wort Gottes, das uns durch die Geschichte Gottes mit den Menschen führt. Gott zeigt sich immer als ein Gott, der treu zum Menschen steht; wir danken für unsere Taufe, die uns ewiges Leben geschenkt hat, wir feiern Eucharistie und gehen in eine tiefe Lebensgemeinschaft mit dem Auferstandenen ein.

 

Woher komme ich, das einzigartige Geschöpf? In einem Buch finde ich Fragen von Kindern zum Leben. Die kleine Barbara fragt ihre Großmutter: „Wo war ich, als ich noch nicht geboren war?“ „Noch nicht auf der Welt“, antwortet diese. Aber wo war ich genau, fragt das Mädchen weiter. Schließlich gibt sie sich selbst eine Antwort: Ich war in Gott versteckt. Sicher hat es eine Zeit gegeben, in der ich biologisch nicht vorhanden war, aber in Gott verborgen. Er hat mich gewollt, ich bin nicht nur eine biologische Maschine, die isst und trinkt, und eines Tages ihre Funktionen einstellen wird. Wo komme ich her? Ich komme aus der Liebe Gottes, er hat mich in die Welt hineingestellt. Darin besteht die Würde des Menschen, meine Würde, die Würde jedes Menschen, ob arm oder reich, ob gesund oder krank, ob jung oder alt, ob Einheimischer oder Fremder. Wir leben in einer Welt, in der Wert und Würde leicht im Messbaren festgemacht wird. In der Arbeitswelt, in der Bildungslandschaft, und auch in unserer Bewertung alter und kranker Menschen gilt das oft genug. Ich kann etwas leisten, also bin ich, ist die Botschaft, die immer wieder in unserer Welt zu hören ist. Ich bin geliebt, also bin ich, das ist die christliche Botschaft. Das ist die christliche Antwort auf die Frage nach der Herkunft des Menschen, meiner Herkunft. Gibt es Augenblicke, in denen wir uns wertlos fühlen? Wir sollten unseren Ursprung nicht vergessen. In der Taufe, derer wir heute gedenken, hat Gott uns Würde und ewiges Leben zugesprochen: Du bist mein geliebtes Kind. Das ist der tiefste Grund dafür, dass es mich gibt. Ostern feiern wir nicht nur einmal im Jahr. Der Sonntag als Tag der Auferstehung ist in der christlichen Tradition der Tag der Schöpfung. Wenn wir den Sonntag feiern, feiern wir dieses Geschenk des Lebens, feiern wir diese unsere Herkunft aus der Liebe Gottes. Machen wir den Sonntag zum Werktag ohne Inhalt, werden wir vielleicht nach und nach auch den Blick für die eigene Würde und Größe verlieren. Jeder Sonntag ist Woche für Woche ein Tag des Lebens, ein Tag des Dankes, an dem deutlich werden soll, dass wir nicht aus Leistung heraus Würde haben, sondern als Geschöpfe Gottes, die er zum Leben berufen hat.

 

Wo gehe ich hin? Wir alle haben ein Verfallsdatum, hat einmal Bischof Franz Kamphaus gesagt. Der christliche Glaube schaut auf die Kraft des Lebens und der Liebe mitten im Tod. Ein altes Lied beschreibt die bittere Wirklichkeit: Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen. Diese Erfahrung macht jeder, schon im Prozess des Älterwerdens. Ostern dreht den Gedanken um: Mitten im Tod umfängt uns das Leben. Davon berichten die Ostertexte in unglaublicher Radikalität. Der Tote lebt, das Grab ist leer. Das träumen die Jünger nicht, sondern sie werden fast mit Gewalt auf diese österliche Kraft gestoßen. Der christliche Glaube ist da sehr direkt. Es ist immer wieder erstaunlich, dass die Frauen und die Apostel Jesus nicht erkennen. Auferstehung ist keine Wiederbelebung ins irdische Leben. Der auferstandene Christus ist, so können wir mit der kleinen Barbara formulieren, „in Gott versteckt“. So wie wir aus Gott kommen, wird unser Leben auch wieder in ihm münden. Dort wird er alle Tränen abwischen. Es geht nicht um eine ewige Langeweile, sondern um eine Erfahrung endgültiger Liebe, die mich und hoffentlich „die Vielen“ umfangen wird.

 

Was muss ich hier tun, um gutes Leben zu finden? Das ist eine andere Frage, die sich die Menschheit seit Jahrtausenden stellt. Es gibt den Alltag, es gibt das Leid. Wir leben im Glauben, nicht im Schauen. Den Himmel auf Erden werden wir nicht finden. Und dennoch leben wir anders, wenn wir aus der österlichen Hoffnung leben, wenn wir wissen, wo wir herkommen und welches Ziel vor uns steht. Wir sind ja nicht allein auf dem Weg. Wie die Jünger damals erfahren, begleitet uns der auferstandene Christus unerkannt. Er ruft uns immer wieder beim Namen. Er berührt uns auch durch Menschen, die uns Leben geben. Er sendet uns als aufmerksame Zeuginnen und Zeugen und Wegbegleiter für andere. Wenn Christinnen und Christen heute einen Auftrag haben, dann den, Menschen in allen Lebensphasen nicht allein zu lassen, Menschen der Hoffnung zu sein. Und auf der Suche zu bleiben nach dem verborgenen Gott, der in Christus mit uns geht.

 

Eine Geschichte erzählt: Ein Kind kommt weinend zum Großvater und klagt: „Ich habe mich versteckt, aber meine Freunde haben mich nicht gesucht.“ Der Großvater, ein Gelehrter antwortet: „So spricht Gott, ich verstecke mich, aber keiner sucht mich.“ Die Osterevangelien sind Geschichten, die vom Verstecken und Suchen erzählen. Christus ist verborgen, aber im Menschen und in der Welt da. Wir sollten von den Jüngern im Evangelium das Suchen und Ausschauhalten lernen. Und wenn viele Menschen heute nicht mehr suchen und fragen, nach Gott und dem Leben, sollten wir stellvertretend die Augen aufhalten und die Hoffnung wachhalten in dieser Welt, die so sehr geliebt wird, dass Gott seinen Sohn hingab, in den Tod, ihn aber zum Leben auferweckte, damit wir alle leben können. In dieser Nacht bekommen wir Antworten auf große Fragen. Wir feiern das Leben, zu dem wir berufen sind, und das wir bezeugen und weiterschenken dürfen.

 

(MBN)

 

 

 

 

 

Dokumentation: Karfreitag im Mainzer Dom

Predigt von Bischof Peter Kohlgraf bei Feier vom Leiden und Sterben Christi

 

Mainz. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat an Karfreitag, 18. März, im Mainzer Dom die Karfreitagsliturgie begangen und dabei die Predigt gehalten. Im Folgenden dokumentieren wir den Predigttext im Wortlaut:

 

„Das ist der König der Juden“ – in diesem Schild am Kreuz auf Golgotha ist die ganze Verachtung für diesen Jesus aus Nazareth ausgedrückt. Eine Kreuzigung kann man sich in seiner Phantasie nicht grausam genug vorstellen, und dabei dem Spott und der Verachtung ausgesetzt zu sein, war Teil des Geschehens. Für Christen ist diese jedoch die Zusammenfassung ihres Glaubens: Dieser Gekreuzigte ist der König der Juden, der Sohn Gottes, der Erlöser. Paulus fasst die Erfahrung zusammen, die wir bis heute machen können. Entweder man glaubt es und es bleibt nicht ohne Folgen für das eigene Leben, oder man hält es für Dummheit oder für ein Ärgernis. An das Kreuz oder besser an den Gekreuzigten sollte man sich nicht gewöhnen. Wie oft ist diese Szene künstlerisch dargestellt worden. Der leidende und sterbende Christus mit der Krone auf dem Haupt, die ihn als König der Welt ausweist. Und dann die offenen Arme, die die ganze Welt zu umfangen scheinen, auch mich, der ich das Kreuz betrachte. Im Lukasevangelium antwortet der Gekreuzigte auf den Hohn und die Verachtung mit der Bitte um Vergebung für seine Mörder („Vater, vergib ihnen…“), und mit dem Versprechen an den Verbrecher neben ihm, in das Paradies zu kommen. Als Jesus gefangen genommen wird und Petrus das Schwert zieht, weist Jesus ihn scharf zurecht: Lass es! Nicht weiter! Und er heilt den Soldaten, der ihn fesseln soll (Lk 22,51). Gewaltlos, vergebungsbereit, die Arme offen, in der eigenen tiefen Not ein Auge für das Heil des anderen, so wird im Lukasevangelium der sterbende König der Welt gezeichnet. Ich betrachte dieses Bild in einer Zeit, in der wir in der Kirche viel über Macht sprechen und um die Bedeutung von Macht ringen. Bischöfen wird Machterhalt vorgeworfen, andere kämpfen um Teilhabe an der Macht.

 

Alle Glieder der Kirche sollten sich daran erinnern, wie dieser König seine Macht ausgeübt hat. Und dass er wiederholt seine Jünger davor gewarnt hat, nicht zu sein wie die Herrscher dieser Welt, die sich über ihre Macht definieren. Gehen wir davon aus, dass Jesus das ernst gemeint hat und ernst meint: Achtet darauf, dass ihr nicht an eure eigene Macht denkt. Macht korrumpiert nicht selten den Menschen, und es ist ein Alarmsignal, wenn in der Kirche zu viel davon die Rede ist – von allen Seiten. Und wie sehr Macht derzeit das Miteinander in dieser Welt prägt, zeigt uns jeden Morgen der Blick in die Nachrichten. Jesus hatte schon vor 2000 Jahren einen guten Blick für das, was wir auch heute erleben. Er als Sohn Gottes zeigt sich am heute besonders, unvergleichlich und daher bis heute herausfordernd: Ich sehe die offenen Arme Jesu in einer Zeit der kleiner werdenden Kirche. Nicht selten nehme ich die Versuchung wahr, sich frustriert im Blick auf die scheinbar guten alten Zeiten zurückzuziehen und einzuigeln. Als Kirche müssen wir sozusagen diese offenen Arme Jesu für alle Menschen darstellen und verwirklichen. Er ist das Heil für alle Menschen. Diese Botschaft dürfen wir nicht in kleine Gruppen einschließen. Wenn der Verbrecher in das Paradies gekommen ist, darf ich auch für mich und für alle Menschen hoffen. Ich höre Jesu Gebet für seine Feinde. Die Feindesliebe ist der Ernstfall der Liebe im Evangelium. Seine Freunde zu lieben ist keine große Kunst. Aber für die Feinde zu beten, ihnen Achtung entgegenzubringen, ist der Kern der Liebesbotschaft Jesu. Als Osama bin Laden bei einem Militäreinsatz ums Leben kam, betonte der Vatikan damals, dass ein solcher Tod kein Grund zur Freude sein dürfe. Ich habe damals diese Einschätzung wiederholt, als der selbsternannte Kalif des „IS“ sich mit seinen Kindern in die Luft gesprengt hatte. Ein Grund zum Jubeln kann das nicht sein. Es gab wenige, aber mehrheitlich gehässige Kommentare im Internet dazu. Eine Person schrieb damals: „Feindesliebe kann auch krankhaft werden“. Wie ernst nehme ich Jesus am Kreuz? War er naiv? Ich glaube das nicht. Ich versetze mich in die Szene und halte ihm unsere Zeit hin mit dem vielen Hass und der zunehmenden Hetze gegen Andersdenkende und Minderheiten. Gibt es eine krankhafte Liebe? Heute diskutieren wir über die Würde des Menschen, und die Gesellschaft spaltet sich erneut. Ich bewundere Jesu Gewaltlosigkeit. Ich tue dies in einer Zeit der weltweiten Aufrüstung, des zunehmenden Waffenhandels. In diesen Monaten gedenken wir der Zerstörung vieler Städte, auch in unserem Bistum. Wir erinnern an das Ende des II. Weltkriegs, wir sehen die schrecklichen Bilder aus den Konzentrationslagern im Mai 1945. Krieg und Hass führen nie zum Segen. Wenn wir heute das Kreuz verehren, ist das etwas anderes als ein „Hofknicks“. Es ist die Bitte, etwas von diesem Gekreuzigten zu lernen. Der gekreuzigte Christus darf uns nicht gleichgültig sein. Es ist wahr: Sein Beispiel ist eine Torheit oder ein Ärgernis, wenn wir es ernst nehmen.

 

(MBN)

 

 

 

 

Dokumentation: Gründonnerstag im Mainzer Dom

Predigt von Bischof Peter Kohlgraf beim Abendmahlamt

 

Mainz. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat an Gründonnerstag, 17. April, im Mainzer Dom das Abendmahlamt gefeiert und dabei die Predigt gehalten. Im Folgenden dokumentieren wir den Predigttext im Wortlaut:

 

Am Abend vor seinem Leiden feiert Jesus mit seinen Jüngern das Abendmahl. Dabei erinnert er an Gottes große Taten in der Geschichte seines Volkes. Er verschenkt sich denen, die ihm nachfolgen, in den Gestalten von Brot und Wein, in denen er immer bei ihnen bleiben wird. Er spricht dann von dem, was kommen wird, vom Verrat und der Feigheit seiner Freunde. In der Nacht werden wir ihn im Garten sehen, wo er vor Angst Blut schwitzt. Jesus hat offenbar auch Angst. In dieser Angst ist er vielen Menschen nahe.

 

Eine der für mich eindrucksvollsten Texte findet sich im 5. Kapitel des Hebräerbriefs: „Er (Jesus) hat in den Tagen seines irdischen Lebens mit lautem Schreien und unter Tränen Gebete und Bitten vor den gebracht, der ihn aus dem Tod retten konnte, und er ist erhört worden aufgrund seiner Gottesfurcht. Obwohl er der Sohn war, hat er durch das, was er gelitten hat, den Gehorsam gelernt.“ (5,7f.).

 

Der Text ist schon aus der Erfahrung von Ostern, der Auferweckung Jesu, geschrieben. Am heutigen Abend erlebt Jesus noch nicht seine Rettung, sondern heute Abend erleben wir seine Tränen, seine Bitten, seine Angst, das Gefühl der Verlassenheit. Bereits die frühen Christengemeinden staunen darüber, dass Jesus diesen Weg vieler Menschen mitgegangen ist und tatsächlich den Weg der Angst, des Leidens und des Todes bis zum Letzten mitgegangen ist.

 

Jesus hat Angst, so wie wir oft Angst haben. Und da kommt nicht einfach das Licht vom Himmel, das alles in ein schönes, tröstliches Licht taucht. Angst gibt es im persönlichen Leben, Angst vor Krankheit und Sterben, Angst vor Einsamkeit, Angst vor Verlusten und Veränderungen, Angst vor Bedrohungen vieler Art. Angst ist ein Zeitgefühl, Angst vor Krieg und dem Ausgeliefertsein gegenüber manchen Entwicklungen, die man kaum beeinflussen zu können scheint. Angst hat mit Enge zu tun, dem Gefühl, nicht mehr handeln zu können, nicht mehr atmen zu können, dass das Leben außer Kontrolle gerät.

Ich stelle mir vor, dass auch Jesus an diesem Abend regelrecht nach Luft rang, im Garten, am Tag vor seinem Leiden, das sich abzeichnet. Im schlimmsten Fall ist jemand durch Angst gelähmt. Was tut Jesus? Er schafft es, sich nicht nur um sich selbst zu drehen. Das beeindruckt mich immer wieder. Er weiß, was kommt, und gerade in dieser Situation öffnet er sich für die anderen. Er schenkt sich ihnen. Damit hört er auf, sein Leiden als blindes sinnloses Schicksal zu deuten. Er verwandelt Brot und Wein in seinen hingegebenen Leib und sein vergossenes Blut. Und er sucht Gemeinschaft mit seinen Freunden an diesem Abend. Nach Ostern wird er diese Gemeinschaft mit den Frauen und Männern in seiner Nachfolge erneuern und verewigen.

 

Ich habe in meiner Zeit als Priester und Seelsorger viele beeindruckende Menschen kennengelernt. Nicht wenige hatten viel Leid zu tragen. Ich denke manchmal zurück an eine Frau aus meinen ersten Priesterjahren, der ich monatlich die hl. Kommunion nach Hause brachte. Schon lange war sie bettlägerig. Ich kann nur sagen, dass sie eine derartige Freundlichkeit ausstrahlte, dass ich immer froher weggegangen bin, als ich gekommen war. Auf ihre Art hat sie es geschafft, sich nicht in ihrem Leid und ihrer Krankheit zu vergraben, sondern Freude zu verbreiten. Jedes Leben ist einzigartig, ich will sie nicht einfach mit Jesus und seinem Umgang mit dem Leiden vergleichen. Aber ihre Freundlichkeit kam aus einem tiefen Glauben. Ein wenig hat auch sie sich selbst verschenkt.

 

Ich denke an eine andere Person, die viel Leid erfahren hat, sie hatte Kinder verloren, schließlich auch ihren Gatten. Ich traf sie in der Kirche immer wieder, man merkte ihr die Traurigkeit an. Aber man merkte ihr auch einen tiefen Glauben an, dass es sich lohnt, weiterzugehen.

 

Solche Menschen haben auch mich immer wieder gestärkt, es gibt sie auch heute. Menschen, die sich von Angst nicht würgen lassen, die sich nicht im eigenen vergraben, sondern weitergeben, was sie trägt, auch ihre Fragen, ihre Zweifel, aber eben auch ihre Hoffnungen. Am Ende geben viele nicht etwas, sondern sich selbst. Das bringt uns in die Nähe Jesu.

 

Ich erschrecke manchmal vor den banalen Antworten, wenn Menschen kundtun, die Frage nach dem Leben, dem Sterben, die Frage nach Gott bewege sie keinesfalls. Sich die Frage zu stellen, wo denn in meinen Ängsten und in den Ängsten und Sorgen anderer Gott vorkomme, ist die anspruchsvollere Aufgabe und die Frage, deren Beantwortung nicht leicht ist.

 

Jesus bricht seine Angst auf, indem er sich den Menschen und ihren Themen öffnet und sich ihnen schenkt. Ich kann mich von Angst würgen lassen und mich auf mich und meine Themen zurückziehen. Jesu Weg scheint mir der hoffnungsvollere zu sein. Wer sich geben kann, gewinnt. Jesus öffnet sich auf für den Willen des Vaters.

 

„Was Gott tut, das ist wohlgetan“ – so singen wir in einem Kirchenlied. Das singt sich leichter, als es wirklich zu glauben. Gott ist auch für Jesus an diesem Abend nicht nur der liebende Vater, sondern auch der große Unbekannte. Kann man das so sagen? Ich glaube, dass Jesus auch hier vielen Menschen heute nahe ist. Am Ende betet er so, wie er es uns im „Vater unser“ gelehrt hat: „Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.“ Wenn dies mehr ist als eine Gebetsformel, ist das der tiefste Ausdruck des Vertrauens in diesen Gott, der auch durch das Tal des Todes trägt. Jesus musste Gehorsam lernen, so sagt der Hebräerbrief.

 

Anders als Antworten der Tradition manchmal sagen, ist es vielleicht gar nicht der Wille des Vaters, der das Leiden des Sohnes fordert. Diese Vorstellung macht vielen zu Recht Bauchschmerzen. Vielleicht ist es die Erkenntnis Jesu des Sohnes, dass er nun diesen Weg gehen muss, und er erkennt, dass der Vater dabei ist und ihn nicht verlässt.

 

Wir wissen es nicht, wir sehen Jesu Angst, seine Hingabe an die Menschen und an Gott, seinen Vater. Jesus lässt sich von der Angst nicht würgen, nicht lähmen. Ich weiß nicht, ob mir das in einer schlimmen Situation gelingen wird. Aber ich bete nicht nur heute darum. Dass mich Angst nie lähmen wird, dass ich mich nicht in mich selbst zurückziehe, sondern dass ich Knoten lösen kann durch die Hinwendung zu anderen und dadurch, dass ich mich in Gottes Hände gebe.

 

Zum heiligen Jahr der Hoffnung hat das Bistum Mainz einen Kartensatz herausgegeben unter dem Motto: Hoffnungsvoll. Dort findet sich eine Karte unter dem Stichwort Trost. Und zitiert ist ein Satz aus dem Johannesevangelium, aus den Abschiedsreden Jesu: „Amen, amen, ich sage euch: Ihr werdet weinen und klagen, aber die Welt wird sich freuen; ihr werdet bekümmert sein, aber euer Kummer wird sich in Freude verwandeln.“ (Joh 16,20). Heute Abend erleben wir die Angst und die Klage Jesu, aber wir erleben auch die österliche Vorahnung: Wer sich hinschenkt, wird das Leben gewinnen. Wir sind heute eingeladen, uns in dieses Vertrauen und diese große Hoffnung hineinzugeben, auch mit unseren Ängsten und Fragen. Ich will von Jesus lernen, in meiner Angst nicht selbstbezogen zu werden, sondern offen zu bleiben für die Menschen, die mich brauchen und offen für Gott, der mich und uns trägt.

 

(MBN)