100 Jahre Basilica minor in Seligenstadt

Basilica minor in Seligenstadt (c) Bistum Mainz/Hoffmann
Datum:
Do. 22. Mai 2025
Von:
hoff (MBN)

Seligenstadt. „Eine solche Kirche zu bauen ist ein Glaubenszeugnis“, sagt Pfarrer Stefan Selzer über das Stifterpaar Einhard und Emma, die in der Basilica minor in Seligenstadt beigesetzt sind. Im Jahr 830 nach Christus begann Einhard (770-840) mit den Baumaßnahmen an der heute noch in großen Teilen erhaltenen Kirche, die im Jahr 1825 von Papst Pius XI. zur Basilica minor erhoben wurde. Dieses 100-jährige Jubiläum ist eingebettet in die Feierlichkeiten zu 1200 Jahren Klostergründung, die ebenfalls dieses Jahr stattfinden.

 

Gewölbe über dem Altar der Basilica minor in Seligenstadt (c) Bistum Mainz/Hoffmann

Der Kirchenbau steckt voller Zahlensymbolik, wie Pfarrer Selzer bei einem Rundgang erklärt. „Das Verhältnis von Seitenschiff zu Mittelschiff ist eins zu zwei“, nennt er ein Beispiel. Die Zahl eins stehe für den einen Gott, die zwei „Für das Wesen von Mann und Frau. In ihrer Liebe zueinander bilden sie die göttliche Liebe ab. Die Zahl drei wird somit zur kleinsten Dimension göttlicher Liebe auf der Erde“, erklärt er. Selzer ist Pfarrer der Pfarrei Seligenstadt, zu der auch die Basilica minor gehört.

Pfarrer Stefan Selzer neben dem Sarkophag des Gründerpaars Einhard und Emma (c) Bistum Mainz/Hoffmann

Einhard, der Erbauer der Basilika, wurde um 770 geboren und in der Klosterschule Fulda ausgebildet. Später wurde er Berater Karls des Großen. Im Jahr 827 schickte Einhard seinen Sekretär nach Rom, um dort Reliquien zu besorgen. Dieser brachte Reliquien der Heiligen Marcellinus und Petrus mit, die heute das Zentrum der Basilika bilden. Deshalb heißt die Kirche auch Pfarrkirche St. Marcellinus und Petrus. Die Reliquien werden in einem Reliquienschrein im Altar aufbewahrt. Einhard wollte gemeinsam mit seiner Frau nah an den Reliquien beigesetzt werden. Deshalb befand sich die Grabstätte des Stifterehepaares ursprünglich direkt unterhalb des Altars, zugänglich in Form einer halbrunden Ringkrypta, in welcher auch die Reliquien der Heiligen ruhten. Bei einem Umbau im Jahr 1240 wurden die Zugänge zur Krypta zerstört, weil neue Vierungspfeiler starke Fundamente benötigten. Damals erhielt die Basilika einen kreuzförmigen Grundriss, zuvor hatte sie die T-Form einer klassischen römischen Basilika.

Zeit der Barockisierung

Altarraum mit Altar mit Reliquien (rechts) von Marcellinus und Petrus und dem Hochaltar aus dem ehemaligen Karthäuserkloster Mainz (c) Bistum Mainz/Hoffmann

Im 18. Jahrhundert erlebte die Basilika eine weitgehende Barockisierung. Die Flachdecken in Langhaus und Querhausflügeln wurden entfernt und durch hölzerne Scheingewölbe ersetzt. Diese und weitere Baumaßnahmen sind nachzulesen im Kunstführer „St. Marcellinus und Petrus – Einhard-Basilika Seligenstadt“, erschienen im Schnell und Steiner-Verlag.

 

erhaltene Teile der Ringkrypta unterhalb des Altars in Seligenstadt (c) Bistum Mainz/Hoffmann

Landeskonservator Dr. Otto Müller setzte sich für einen Rückbau der barocken Elemente ein. Im Jahr 1937 verfasste er dazu einen „Vorbericht“. In den Folgejahren wurde die bis dahin nur vermutete karolingische Krypta freigelegt, und das barocke hölzerne Scheingewölbe im Langhaus durch eine schlichte Kassettendecke aus Holz ersetzt. Erhalten geblieben ist der barocke Einhard-Sarkophag aus dem Jahr 1722, der sich heute in der „Einhard-Kapelle“ befindet. Pfarrer Selzer würde sich wünschen, dass die letzte Ruhestätte des Stifterpaares wieder ihren ursprünglichen Platz unterhalb des Altars einnehmen könnte. 

Klostergarten Seligenstadt (c) Bistum Mainz/Hoffmann

Die Basilika beherbergt zahlreiche weitere Kunstschätze, etwa die so genannte Seligenstädter Madonna aus dem 13. Jahrhundert, und einen Hochaltar aus dem 1782 aufgelösten Kartäuserkloster. Doch die Kirche ist kein Museum, die Pfarrei nutzt das Gotteshaus zu Gottesdiensten und anderen liturgischen Anlässen. Zum Beispiel nutzt Pfarrer Selzer gerne den Chorraum vor dem Hochaltar, um Jugendliche auf die Firmung vorzubereiten, Taufen zu feiern, und zur Laudes einzuladen.

Prälatur Kloster Seligenstadt (c) Bistum Mainz/Hoffmann

Die Basilika gehört der Pfarrei, das Kloster selbst, sowie der Klostergarten, und weitere Gebäude wie eine Orangerie, eine Prälatur und eine Mühle samt Klosterbäckerei gehören dem Land Hessen und werden von „Staatliche Schlösser und Gärten Hessen“ verwaltet, gehegt und gepflegt. Beim Gang durch den Klostergarten verwundert es nicht, dass Seligenstadt ein beliebtes Ausflugsziel ist: Gärtnerinnen und Gärtner jäten die Kräuterbeete, Zierblumen erblühen in allen erdenklichen Farben.

Stichwort: „Basilica minor“

Das Wappen von Papst Franziskus kennzeichnet die Kirche als Basilica minor (c) Bistum Mainz/Hoffmann

Seit 1925 trägt die Basilika in Seligenstadt den Ehrentitel „Basilica minor“. Dieser Titel wird durch den Papst an bedeutende Kirchen unabhängig ihres Baustils verliehen. Gelegentlich werden diese Kirchen auch „Basilica pontifica“ („Päpstliche Basilika“) genannt. Eine „Basilica minor“ ist am Wappen des regierenden Papstes über dem Eingangsportal zu erkennen. Die Verleihung des Ehrentitels „Basilica minor“ bezweckt die Stärkung der Bindung der einzelnen Kirchen an den römischen Bischof und soll die Bedeutung dieser Kirche für das Umland in besonderer Weise hervorheben. Zurzeit tragen in Deutschland 73 Kirchen diesen Titel.

Das Jubiläumsprogramm bis zum Ende des Jahres im Überblick:

Blick vom Klostergarten auf die Kirche St. Marcellinus und Petrus Seligenstadt (c) Bistum Mainz/Hoffmann

Juni

 

Sonntag, 1.6.

Wallfahrt zu Ehren der Heiligen Marcellinus und Petrus

9.30 Uhr | Basilika - Pontifikalamt mit S.E. Erzbischof Dr. Nikola Eterović, Apostolischer Nuntius in der Bundesrepublik Deutschland Prozession mit den Reliquien der Heiligen Marcellinus und Petrus durch die Altstadt; anschließend Pfarrfest

15.00 Uhr | Basilika - Vesper mit Choralschola

 

Montag, 9.6.

20.00 Uhr | Basilika - Seligenstädter Klosterkonzerte: „Feuerzungen“

Festliche Klänge zum Pfingstfest Ingo de Haas (Violine), David Wolf (Klarinette), Sabine Schlesier (Violoncello), Joachim Enders (Orgel und Truhenorgel), Karten: 20 Euro; Schüler, Studierende, Schwerbehinderte 15 Euro

 

Juli

Mittwoch, 2.7.

18.00 Uhr | Winterrefektorium - Vortrag: Einhard – ein Lebensbild Dr. Hermann Schefers zur Stellung Einhards am Hof Karls des Großen

 

August

Sonntag, 24.8.

9.30 Uhr | Basilika Festgottesdienst anlässlich der Kirchweihe und 1200 Jahre Kloster Seligenstadt, Sakramentsprozession durch die Altstadt

12.00 Uhr | Klosterhof - Brotbacken

12.30 Uhr | Keltergarten - Bürgerfest mit musikalischer Unterhaltung und Klosterführungen, Mittagessen und Kaffee und Kuchen

 

September

Freitag, 12.9.

18.30 Uhr | Kloster, Abtssaal in der Prälatur - Vortrag: 1725 - 1825 - 1925. Die Geschichte eines Jubiläums, Dr. Manfred Schopp über die Tradition der Jubiläumsfeste der Klostergründung

 

Oktober

Freitag, 24.10.

20.00 Uhr | Basilika - Vortrag: Anima forma corporis

Pfarrer Stefan Selzer über die baugeschichtliche Entwicklung der Basilika im Kontext der Theologiegeschichte

 

November

Samstag, 1.11.

20.15 Uhr | Basilika - Konzert: Wir feiern das Jahr! Ein musikalischer Streifzug durch das Kirchenjahr mit den Chören der Germania 03 Seligenstadt