Bentz: Es braucht auch den Mut zum Außergewöhnlichen

Pontifikalamt zum Hochfest des heiligen Martinus im Mainzer Dom

Mainz, 14. November 2021: Weihbischof Bentz bei seiner Predigt zum Hochfest des heiligen Martinus im Mainzer Dom, dessen Darstellung im Chorgestühl links im Bild zu sehen ist. (c) Bistum Mainz / Blum
Datum:
So. 14. Nov. 2021
Von:
tob (MBN)

Mainz. Der Mainzer Weihbischof und Generalvikar, Dr. Udo Markus Bentz, hat dazu auf-gerufen, „aufzubrechen und gezielt Ausschau zu halten nach Lücken, die im Zusammenhalt der Gesellschaft und im Leben von Einzelnen klaffen“. Es sei für die Kirche nicht mehr möglich, „sich nur mehr auf unsere gewohnten Strukturen, Einrichtungen, kirchlichen Lebensgewohnheiten zu verlassen. Als Kirche geben wir mit vielem Durchschnittlichen der Welt Bestand und das ist gut so. Es braucht aber auch den Mut zum Außergewöhnlichen, wie die Tat des Heiligen Martin, um der Welt ihren Wert zu geben.“ 

Mainz, 14. November 2021: Weihbischof Bentz beim Gottesdienst zum Hechfest des heiligen Martinus im Mainzer Dom. (c) Bistum Mainz / Blum

Das sagte Weihbischof Bentz in seiner Predigt zum Hochfest des heiligen Martinus (11. November), Patron des Mainzer Domes und des Bistums Mainz, am Sonntag, 14. November, im Mainzer Dom.

Ausgangspunkt seiner Predigt war sein Besuch des Caritas-Projekts „we-care-Mainz“ am Martinstag, bei dem junge, schwer erreichbare Menschen im Alter von 15 bis 25 Jahren direkt auf der Straße Hilfsangebote erhalten. „We-care-Mainz“ gehe ganz bewusst in Lücken des Hilfesystems. Mit dem Projekt zeige die Caritas „ihren besonderen Sinn zum Außergewöhnlichen, um solche Lücken zu schließen“, sagte Bentz. Er verwies darauf, dass die Kirche immer den Mut hatte, in solche Lücken zu gehen und erinnerte etwa an die diakonischen Schwestern- und Brüderkongregationen des 19. Jahrhunderts, die sich der sozialen Not während der Industrialisierung zuwandten.

Mainz, 14. November 2021: Gottesdienst zum heiligen Martin mit Weihbischof Bentz im Mainzer Dom. (c) Bistum Mainz / Blum

Der Mut zum Außergewöhnlichen erfordere zum einen „die Bereitschaft und Fähigkeit, von den Menschen her zu denken und nicht von unseren Programmen und Strategien“ und zum anderen „die Absichtslosigkeit, ohne den Hintergedanken, wie wir als Kirche dadurch vielleicht profitieren könnten“. Am Ende seiner Predigt erinnerte Weihbischof Bentz an ein Wort von Papst Franziskus zum Welttag der Armen, der in der Kirche am 14. November begangen wird: „Nicht wir evangelisieren die Armen. Die Armen evangelisieren uns, weil sie uns das Antlitz des barmherzigen Vaters erkennen lassen.“ Auch für ihn sei gerade nach dem Besuch des „we-care-Mainz“-Projekts deutlich geworden, das die Menschen in den Lücken in der Gesellschaft „uns helfen und evangelisieren, auch in dem Sinne, dass die uns als Kirche von so manchen festgefahrenen Fixierungen auf uns selbst befreien können“. Die musikalische Gestaltung des Gottesdienstes hatten die Domkantorei St. Martin und die Mainzer Dombläser unter der Leitung von Domkapellmeister Professor Karsten Storck. An der Orgel des Mainzer Domes spielt Domorganist Professor Daniel Beckmann.

Caritas-Projekt „We-care-Mainz“

„We-care-Mainz“ ist ein Projekt des Caritas-Beratungs- und Jugendhilfezentrums St. Ni-kolaus, des Jobcenters Mainz sowie der Stadt Mainz, das Anfang 2020 gegründet wurde, um Zugang zu jungen, schwer erreichbaren Menschen zu bekommen. Dabei sind Streetworkerinnen und Streetworker unter anderem auf den Straßen der Stadt unterwegs, um Jugendliche und junge Erwachsene anzusprechen und Hilfe anzubieten.

Stichwort: Heiliger Martin

Mainz, 14. November 2021: Auch der Gottesdienst zum Martinstag mit Weihbischof Bentz fand unter Corona-Einschränkungen statt. (c) Bistum Mainz / Blum

Am 11. November gedenken die Katholiken des heiligen Martin (Martinus). Die nach ihm benannten Umzüge erinnern an die Legende, wonach Martin noch als römischer Soldat seinen Mantel mit einem frierenden Bettler geteilt haben soll - erst später wurde er Bischof von Tours. Martin wird meist hoch zu Pferd bei der Mantelteilung dargestellt, so beispielsweise auch beim Dachreiter auf dem Westchor des Mainzer Domes. Im Bistum Mainz sind 22 Kirchen dem heiligen Martin geweiht, neben dem Mainzer Dom unter anderen die Basilika in Bingen.

Martin wurde um das Jahr 316 in der Stadt Sabaria geboren, die heute in Ungarn liegt. Der Sohn eines römischen Tribuns trat auf Wunsch seines Vaters in die römische Armee ein. Nach seiner Bekehrung ließ sich Martin im Alter von 18 Jahren taufen, quittierte seinen Dienst und wurde zunächst Missionar. Seit 371 war er Bischof von Tours und widmete sich der Mission der noch weitgehend heidnischen ländlichen Gebiete. Er starb am 8. November 397 auf einer Seelsorgereise. Sein Grab in Tours galt als fränkisches Nationalheiligtum. Sein Mantel wurde als so genannte „Reichskleinodie“ verehrt und auf Feldzügen mitgeführt. Sie wurde in einem besonderen kleinen, dem Gottesdienst geweihten Raum aufbewahrt, der danach Kapelle (von lateinisch „cappa“, zu deutsch „Mantel“) genannt wurde. Der Kult um den heiligen Martin breitete sich rasch in Liturgie und Volksfrömmigkeit aus. Martin war einer der ersten Nichtmärtyrer, der als Heiliger verehrt wurde.

Zumeist am Vorabend des 11. November ziehen Kinder mit häufig selbst gebastelten Laternen zu einem Martinsfeuer. Sie werden dabei von einem Reiter begleitet, der, mit römischem Helm und Purpurmantel bekleidet, an den Soldaten Martin und dessen gute Tat erinnern soll. Die Martinsgans erinnert an die Legende, nach der sich der Heilige in einem Gänsestall versteckt haben soll, um seiner Wahl als Bischof zu entgehen. Die schnatternden Tiere verrieten ihn jedoch.