„Himmlische Harmonie“

Präsentieren die Ausstellung (von links): Dr. Christiane Schäfer, Professor Dr. Ansgar Franz und Dr. Hedwig Suwelack (c) Bistum Mainz/Hoffmann
Datum:
Do. 3. Nov. 2022
Von:
hoff (MBN)

Die Mainzer Martinus-Bibliothek, Wissenschaftliche Diözesanbibliothek im Priesterseminar, eröffnet am Freitag, 4. November, um 18.00 Uhr gemeinsam mit der Forschungsstelle Kirchenlied und Gesangbuch der Universität Mainz die Ausstellung „Himmlische Harmonie“, in der es um die Geschichte der Gesangbücher im Bistum Mainz geht. Anlass für die Ausstellung ist die Veröffentlichung des Buches „Die Lieder des Mainzer Gotteslobs. Geschichte - Musik - Spiritualität.“ mit Kommentaren zu Liedern des Mainzer Eigenteils im Gotteslob, das Anfang September erschienen ist.

Gesangbuch aus Straßburg aus dem Jahr 1616 (c) Bistum Mainz/Hoffmann

„Gesangbücher repräsentieren Gebrauchslieder“, erklärte Ansgar Franz, Professor für Liturgiewissenschaft und Homiletik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. „Im Gegensatz zu einem Gedicht, etwa von Johann Wolfgang von Goethe, entwickelten sie sich im Laufe der Zeit weiter. Jede Gemeinde singt sich ihren eigenen Text zurecht. Vor allem an der Entwicklung der Texte lässt sich gut ablesen, wie sich die Frömmigkeit der Menschen verändert hat, und auch, in welchem kulturellen Kontext die Lieder gesungen wurden“, sagte er vor Journalisten am Donnerstag, 3. November. Das Lied „Es ist ein Ros‘ entsprungen“ etwa erschien im Jahr 1599 in Köln und hatte ursprünglich nur drei Strophen. Ihm wurden 20 Strophen hinzugefügt: „Es entwickelte sich zu einem langen Erzähllied“, sagte Franz. Im aktuellen „Gotteslob“ hat das Leid wieder nur drei Strophen.

 

Der Gemeindegesang während der Messe war etwas, für das sich Martin Luther einsetzte. „Für ihn war der Gesang der Anteil der Gläubigen an der Liturgie“, erklärte Franz. In der katholischen Kirche spielte der Gemeindegesang hingegen eher eine Rolle bei Wallfahrten und Prozessionen. „In Mainz gab es jedoch die Besonderheit des Mainzer Cantual von 1605“, sagte Dr. Christiane Schäfer, Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Gesangbucharchivs. Dabei handelt es sich um ein Gesangbuch, in dem lateinische und deutsche Lieder für verschiedene Anlässe wie Gebet und Wallfahrt festgehalten sind, auch für den Gebrauch deutscher Lieder in der Messe. Neben Liedern enthielten die Gesangbücher auch klare Anweisungen für die musikalische Ausgestaltung. Schäfer zitierte ein Beispiel aus Ernst Xaver Turins „Neues christkatholisches Gesang- und Gebetbuch für die Mainzer Erzdiözes, Mainz 1787“: „Lieber weniger gebetet und gesungen, als durch ein übereiltes Gemurmel und Geschrei den Gottesdienst fruchtlos und verächtlich gemacht!“

In insgesamt zwölf Vitrinen zeichnet die Ausstellung die Geschichte des Gesangbuchs in Mainz nach, wobei in der zwölften Vitrine auf die jeweilige Drucktechnik in den verschiedenen Jahrhunderten eingegangen wird. Es sind zum Beispiel „Not-Gesangbücher“ aus dem Zweiten Weltkrieg zu sehen, und die Ausstellung geht auf die Entwicklung zum ersten Gotteslob mit Stammteil und Diözesanteil ein, das im Jahr 1975 eingeführt wurde. „Wir konnten für die Ausstellung eine beträchtliche Fülle an Gesangbüchern aus unseren beiden Instituten zusammentragen“, sagte Dr. Hedwig Suwelack, die Leiterin der Martinus-Bibliothek. Viele der Bücher aus dem Bestand der Martinus-Bibliothek stammen aus dem Nachlass von Geistlichen. „Uns gemeinsam ist unser Interesse und unsere Begeisterung für Überlieferungsformen“, sagte sie in Bezug auf die Zusammenarbeit mit der Johannes Gutenberg-Universität. Damit die Lieder nicht nur in gedruckter Form vorliegen, sondern auch hörbar werden, enthält jede Vitrine QR-Codes, mit denen die Lieder per Handy angehört werden können.

Eröffnung und weiteres Programm

Kettelersches Gesangbuch aus dem Jahr 1874 (c) Bistum Mainz/Martinus-Bibliothek

Die Ausstellung wird am Freitag, 4. November, um 18.00 Uhr von Dr. Hedwig Suwelack gemeinsam mit den Mitgliedern der Fachstelle für Kirchenlied und Gesangbuch, Professor Ansgar Franz und Dr. Christiane Schäfer, eröffnet. Musikalisch gerahmt wird die Ausstellungseröffnung von Mechthild Bitsch-Molitor (Institut für Kirchenmusik).

Am Sonntag, 20. November, gibt es um 18.00 Uhr eine Führung durch die Ausstellung. Im Anschluss um 19.00 Uhr findet ein Präsentationskonzert in Mainz, St. Quintin statt unter dem Titel „Mein Mund besinge tausendfach. Typisch Mainz – ein Streifzug durch das Mainzer Gotteslob“. Professor Franz gibt Erläuterungen, Diözesankirchenmusikdirektor Lutz Brenner wird an der Orgel spielen, ein Vokalensemble unter der Leitung von Regionalkantor Alexander Müller wird singen.  

Das zweite Präsentationskonzert findet statt am Sonntag, 29. Januar 2023. Nach der Führung durch die Ausstellung um 18.00 Uhr schließt sich um 19.00 Uhr das Konzert in St. Quintin an. Dieses Konzert steht unter dem Titel „Singt Gott den neuen Lobgesang „Neu in Mainz“ ‒ Importe aus der fremdsprachigen Ökumene im Mainzer Gotteslob“. Musikalisch begleitet wird es von Lutz Brenner an der Orgel und dem Vokalensemble unter der Leitung von Alexander Müller. Ergänzt wird das Konzert durch Erläuterungen von Professor Franz.

 

Hinweise: 

  • Nähere Informationen zur Ausstellung im Internet unter bistummainz.de/bildung/martinus-bibliothek/benutzung/weitere-angebote/Himmlische-Harmonie/
  • Weitere öffentliche Ausstellungsführungen am 25. November, 9. Dezember, 13. Januar und 27. Januar, jeweils von 17.00 bis 18.00 Uhr
  • weitere Führungen auf Anfrage, E-Mail an: martinus.bibliothek@bistum-mainz.de
  • Öffnungszeiten der Bibliothek: Montag bis Freitag, 9.00 Uhr bis 12.30 Uhr und 13.30 Uhr bis 18.00 Uhr, Grebenstraße 8, 55116 Mainz, Eintritt frei
  • Mechthild Bitsch-Molitor, Ansgar Franz, Christiane Schäfer (Hg.): Die Lieder des Mainzer Gotteslobs. Geschichte - Musik - Spiritualität. Verlagsgruppe Patmos, Ostfildern 2022. 848 Seiten, 60,00 Euro. ISBN 978-3-7867-3269-3.