Informationsoffensive gegen katholischen Rechtspopulismus notwendig

Andreas Püttmann sprach über „Radikalisierungstendenzen am rechten Rand der Kirche“

Andreas Püttmann (c) Bistum Mainz / Blum
Datum:
Fr. 3. Feb. 2017
Von:
tob (MBN)
Mainz. Zu einer „Informationsoffensive gegen katholischen Rechtspopulismus“ hat der Publizist Dr. Andreas Püttmann aufgerufen. Es sei notwendig, dass im katholischen Bildungswesen über das Phänomen des katholischen Rechtspopulismus informiert und eine Einordnung vorgenommen werde, sagte er bei einem Vortrag am Donnerstagabend, 2. Februar, im Erbacher Hof in Mainz.

Er bedauerte, dass von Seiten der katholischen Professoren in Deutschland bislang wenig in diese Richtung unternommen werde. Sein Referat stand unter der Überschrift „Radikalisierungstendenzen am rechten Rand der Kirche“. Darin präsentierte er zahlreiche Beispiele rechtspopulistischer Positionen von Katholiken aus den Sozialen Medien und dem öffentlichen Diskurs in Deutschland. Das Phänomen des katholischen Rechtspopulismus sei in die geistig-politische Situation in Europa einzuordnen, „wo die nationalistische Rechte dabei ist, die Hegemonie von Sozialdemokratie und Liberalismus zu beenden“, sagte Püttmann. 

Notwendig sei eine klare öffentliche Abgrenzung von katholischen Rechtspopulisten, auch durch die Bischöfe, sagte Püttmann. Eine weitere Maßnahme sei „die Unterstützung von Gegengewichten, etwa auch durch katholische Blogger“. Püttmann sprach sich dafür aus, dass die Katholischen Büros gewählten AfD-Abgeordneten ihre Gesprächsbereitschaft signalisierten. Es sei jedoch falsch, Rechtspopulisten auf katholischen Veranstaltungen, wie etwa dem Katholikentag, ein Podium zu bieten, sagte Püttmann. Gleichzeitig beklagte er „eine mangelnde Konfliktbereitschaft des liberalen Katholizismus“ gegenüber rechten Katholiken, die er in seiner eigenen Zeit im konservativen Kirchenmilieu selbst erlebt habe: „Wenn ich einmal beim ‚Forum Deutscher Katholiken’ gesprochen habe, dann bin ich nicht mehr von Katholischen Akademien in Deutschland als Referent eingeladen worden.“

Gründe für das Aufkommen rechtspopulistischer Tendenzen im Katholizismus sieht Püttmann unter anderem „in der Dauerfrustration wegen des schwindenden Einflusses Konservativer in Politik und Kirche“. So sei „eine Wagenburgmentalität und eine Versektungstendenz“ entstanden, die sich durch „selektive Loyalität gegenüber kirchlichen Autoritäten“ zeige.  Typisch sei dabei „ein apokalyptisches Bewusstsein“, bei dem Angst geschürt und Horrorszenarien geweckt würden. Dabei blieben die Rechten unter sich und bestätigten sich untereinander gegenseitig. Wörtlich sagte Püttmann: „Diese Leute sind völlig kritikresistent. Das ist reine Ignoranz, nach dem Motto: Wenn meine Idee mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt: Pech für die Wirklichkeit.“ In den Beiträgen werde „die Grenze von bloßer Ungenauigkeit zu bewusster Verdrehung oft überschritten“. Bei katholischen Rechten seien „Fremdenfeindlichkeit und Islamfeindlichkeit nur sekundär“, sagte Püttmann. „Der springende Punkt ist die Sexualordnung“, etwa das Eintreten gegen Gender-Mainstreaming. Gerade in diesem Bereich könnten dann auch autoritäre Staatschefs regelmäßig mit Anerkennung von rechten Katholiken rechnen.

Veranstaltet wurde der Abend vom Referat Politische Bildung des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend Diözesanverband (BDKJ) Mainz und vom Referat Weltmission / Gerechtigkeit und Frieden des Bischöflichen Ordinariates. Der Vortrag fand als Begleitveranstaltung der Ausstellung „Worte wie Gift und Drogen“ zum Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus statt. Ab Dienstag, 7. Februar, ist die zuvor im Mainzer Dom gezeigte Ausstellung der ökumenischen Arbeitsgruppe „Gedenktag 27. Januar“ in der Christuskirche in Mainz zu sehen.

Moderiert wurde das anschließende Gespräch mit Püttmann von Andreas Belz vom Referat Politische Bildung des BDKJ. Belz ist auch Mitglied im Sprecherrat der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus (BAG K & R), die Ende vergangenen Jahres eine Broschüre zum Thema „Impulse für den Umgang mit Rechtspopulismus im kirchlichen Raum“ herausgegeben hat.