Mainz. „Heute wollen wir feierlich und einladend zeigen, dass wir da sind, vor allem aber, dass wir etwas weitergeben, was uns selbst geschenkt ist. Wir geben das Lebensangebot Jesu weiter, seine Gegenwart, er will Brot des Lebens sein. Tragen wir ihn an diesem Tag, aber an allen Tagen auf die Straßen, in unsere Städte und Dörfer, selbstbewusst und bescheiden gleichermaßen. Wir bieten nicht uns selbst an. Umso wichtiger ist es, dass wir aus seiner Freundschaft und Gegenwart leben.“ Das sagte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf bei seiner Predigt im Fronleichnamsgottesdienst am Donnerstag, 8. Juni, im Mainzer Dom. Kohlgraf feierte die Messe in Konzelebration mit dem Domstift, den Pfarrern der Mainzer Innenstadt und den Pfarrern der Gemeinden von Katholiken anderer Muttersprache in Mainz.
Der Auftrag Jesu „Gebt ihr ihnen zu essen“ aus der Brotvermehrung gehöre „zu den schönsten und wichtigsten, die Jesus seinen Jüngern sagt“, betonte Kohlgraf: „Die Kraft der Brotvermehrung kommt nicht von den Jüngern Jesu. Bis heute ermutigt uns Jesus dazu, darauf zu vertrauen, dass wir als seine Jüngerinnen und Jünger anderen Menschen etwas zu geben haben, und zwar nicht irgendetwas, sondern Lebensnotwendiges. Jesus traut uns dies zu. Es ist ein Auftrag gegen jede Verzagtheit und jede Resignation. Er vermag mehr, als wir uns vorstellen können.“
Und weiter: „Wir müssen Wege finden in Toleranz, und doch Interesse an anderen Überzeugungen, ohne Beliebigkeit, mit Selbstbewusstsein. Nicht umsonst gehen wir heute auf die Straßen. Über diesen Tag hinaus gehören Menschen in der Nachfolge Christi auf die Straße. Und das wirklich in vielerlei Hinsicht: im Lebenszeugnis jedes einzelnen, im karitativen Einsatz, den jeder und jede als die eigene persönliche Aufgabe sieht, im Widerstehen gegen das Menschen- und Lebensfeindliche in unserer Gesellschaft auf so vielen Ebenen, im Denken, Sprechen und Tun.“
Und weiter sagte der Bischof: „Eine kleine Gruppe kann viel geben, wenn sie offen ist für Christus und offen bleibt für die Menschen. Wir brauchen als Kirche keine Angst davor zu haben, eine kleinere Gruppe zu werden. Vor zwei anderen Möglichkeiten sollten wir wirklich Angst haben: dass wir vor lauter Angst um uns selbst Christus vergessen. Die Gefahr ist nicht klein. Auch als Kirche können wir viel von Christus reden, ohne ihm wirklich nahe zu sein. Jeder müsste von Zeit zu Zeit ernsthaft prüfen, inwieweit er wirklich sagen könnte: Ich kann ohne ihn nicht leben. Und Angst davor, dass wir vor lauter Angst um uns selbst keine Kraft oder auch kein Interesse mehr haben, nach außen zu wirken, wenn uns die Menschen und die Welt gleichgültig werden oder wir sie nur noch als Gegenwelt erleben.“
Die musikalische Gestaltung des Gottesdienstes hatten der Mainzer Domchor, der Mädchenchor am Dom und St. Quintin und die Dombläser unter Leitung von Domkapellmeister Karsten Storck übernommen. An der Domorgel spielte Domorganist Professor Daniel Beckmann. Für Kinder fand vor der Prozession ein eigener Gottesdienst in der nahegelegenen Kirche St. Quintin statt.
An den Gottesdienst schloss sich die Fronleichnams-Prozession durch die Mainzer Altstadt mit feierlichem Segen auf dem Liebfrauenplatz an. Dabei wurden die Fürbitten in feierlicher Form auch in den Sprachen der Gemeinden von Katholiken anderer Muttersprache vorgetragen, so dass unter anderem auch Fürbitten in Kroatisch, Polnisch, Portugiesisch und Italienisch gebetet wurden. Der Gottesdienst endete im Dom. Danach war Gelegenheit zum gemeinsamen Mittagessen in der Domstraße.
Am Nachmittag feiert Bischof Kohlgraf und das Domkapitel im Westchor des Domes die Vesper mit „Mainzer Segen“. Dieser Segen ist eine besondere Form der eucharistischen Frömmigkeit, die für Mainz lange überliefert ist.
Beim „Mainzer Segen“ wird bereits zu Beginn der Vesper der Segen mit der Monstranz gespendet und zum Abschluss ein weiteres Mal. Im Mainzer Dom wird diese Form des Segens nur einmal im Jahr praktiziert. Die musikalische Gestaltung übernahm der Mädchenchor am Dom und St. Quintin und die Männerstimmen des Mainzer Domchores unter Leitung von Domkapellmeister Karsten Storck sowie mit Domorganist Beckmann an der Orgel.
Zehn Tage nach Pfingsten feiern katholische Christen das Fronleichnamsfest, das „Hochfest des Leibes und Blutes Christi“. Im Mittelpunkt dieses Festes steht das eucharistische Brot, das für die Katholiken ein Realsymbol für die Gegenwart Christi ist.
Diese Gegenwart wird an Fronleichnam in besonderer Weise gefeiert, indem das eucharistische Brot - eine in einem Gottesdienst konsekrierte Hostie - in einer so genannten Monstranz durch die Straßen getragen wird.
Das Wort Fronleichnam stammt aus dem Mittelhochdeutschen: „fron“ bedeutet „Herr“, „lichnam“ meint den lebendigen Leib. Die Einführung des Festes geht auf eine Vision der Augustinernonne Juliane von Lüttich (um 1191 bis 1258) zurück. Im Traum sah sie den Mond, der einen sichtbaren dunklen Fleck aufwies. Sie deutete dies als Zeichen dafür, dass der Kirche (symbolisiert durch den Mond) ein Fest zu Ehren der Eucharistie fehle. Bischof Robert von Lüttich führte das Fest für sein Bistum im Jahr 1246 ein.
Im Jahr 1264 legte Papst Urban IV. fest, Fronleichnam am zweiten Donnerstag nach Pfingsten zu feiern. Fronleichnam ist heute in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, im Saarland sowie teilweise in Sachsen und Thüringen gesetzlicher Feiertag.
Die Feier des Fronleichnamsfestes besteht aus einer feierlichen Messe mit anschließender Prozession. Dabei werden entlang des Prozessionsweges Straßen und Häuser festlich geschmückt, in manchen Dörfern kennt man die Tradition großer Blumenteppiche.
Während der Prozession wird die Hostie in einer Monstranz vom Priester unter einem so genannten „Himmel“ getragen, ein über vier Stäbe gespanntes, reich besticktes Tuch.
Die Prozession macht Station an ebenfalls reich geschmückten Altären. Hier wird aus den Evangelien vorgelesen, Fürbitte gehalten und mit dem eucharistischen Brot der Segen erteilt.
Die Prozessionen entstanden in Deutschland; 1277 gilt als das Jahr der ersten Fronleichnamsprozession, die in Köln stattfand.