Kohlgraf: Ein Auftrag gegen jede Verzagtheit und Resignation

Gottesdienst an Fronleichnam mit Prozession durch die Mainzer Altstadt

Mainz, 8. Juni 2023. Prozession an Fronleichnam in der Mainzer Altstadt. (c) Bistum Mainz / Blum
Datum:
Do. 8. Juni 2023
Von:
tob (MBN)

Mainz. „Heute wollen wir feierlich und einladend zeigen, dass wir da sind, vor allem aber, dass wir etwas weitergeben, was uns selbst geschenkt ist. Wir geben das Lebensangebot Jesu weiter, seine Gegenwart, er will Brot des Lebens sein. Tragen wir ihn an diesem Tag, aber an allen Tagen auf die Straßen, in unsere Städte und Dörfer, selbstbewusst und bescheiden gleichermaßen. Wir bieten nicht uns selbst an. Umso wichtiger ist es, dass wir aus seiner Freundschaft und Gegenwart leben.“ Das sagte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf bei seiner Predigt im Fronleichnamsgottesdienst am Donnerstag, 8. Juni, im Mainzer Dom. Kohlgraf feierte die Messe in Konzelebration mit dem Domstift, den Pfarrern der Mainzer Innenstadt und den Pfarrern der Gemeinden von Katholiken anderer Muttersprache in Mainz.

Mainz, 8. Juni 2023: Bischof Peter Kohlgraf beim Segen auf dem Liebfrauenplatz am Ende der Prozession. (c) Bistum Mainz / Blum

Der Auftrag Jesu „Gebt ihr ihnen zu essen“ aus der Brotvermehrung gehöre „zu den schönsten und wichtigsten, die Jesus seinen Jüngern sagt“, betonte Kohlgraf: „Die Kraft der Brotvermehrung kommt nicht von den Jüngern Jesu. Bis heute ermutigt uns Jesus dazu, darauf zu vertrauen, dass wir als seine Jüngerinnen und Jünger anderen Menschen etwas zu geben haben, und zwar nicht irgendetwas, sondern Lebensnotwendiges. Jesus traut uns dies zu. Es ist ein Auftrag gegen jede Verzagtheit und jede Resignation. Er vermag mehr, als wir uns vorstellen können.“ 

Mainz, 8. Juni 2023: Die Fronleichnamsprozession vor dem Mainzer Dom. (c) Bistum Mainz / Blum

Und weiter: „Wir müssen Wege finden in Toleranz, und doch Interesse an anderen Überzeugungen, ohne Beliebigkeit, mit Selbstbewusstsein. Nicht umsonst gehen wir heute auf die Straßen. Über diesen Tag hinaus gehören Menschen in der Nachfolge Christi auf die Straße. Und das wirklich in vielerlei Hinsicht: im Lebenszeugnis jedes einzelnen, im karitativen Einsatz, den jeder und jede als die eigene persönliche Aufgabe sieht, im Widerstehen gegen das Menschen- und Lebensfeindliche in unserer Gesellschaft auf so vielen Ebenen, im Denken, Sprechen und Tun.“

Mainz, 8. Juni 2023: Einzug zum Gottesdienst im Mainzer Dom mit Bischof Peter Kohlgraf. (c) Bistum Mainz / Blum

Und weiter sagte der Bischof: „Eine kleine Gruppe kann viel geben, wenn sie offen ist für Christus und offen bleibt für die Menschen. Wir brauchen als Kirche keine Angst davor zu haben, eine kleinere Gruppe zu werden. Vor zwei anderen Möglichkeiten sollten wir wirklich Angst haben: dass wir vor lauter Angst um uns selbst Christus vergessen. Die Gefahr ist nicht klein. Auch als Kirche können wir viel von Christus reden, ohne ihm wirklich nahe zu sein. Jeder müsste von Zeit zu Zeit ernsthaft prüfen, inwieweit er wirklich sagen könnte: Ich kann ohne ihn nicht leben. Und Angst davor, dass wir vor lauter Angst um uns selbst keine Kraft oder auch kein Interesse mehr haben, nach außen zu wirken, wenn uns die Menschen und die Welt gleichgültig werden oder wir sie nur noch als Gegenwelt erleben.“

Mainz, 8. Juni 2023: Fronleichnam im Mainzer Dom (c) Bistum Mainz / Blum

Die musikalische Gestaltung des Gottesdienstes hatten der Mainzer Domchor, der Mädchenchor am Dom und St. Quintin und die Dombläser unter Leitung von Domkapellmeister Karsten Storck übernommen. An der Domorgel spielte Domorganist Professor Daniel Beckmann. Für Kinder fand vor der Prozession ein eigener Gottesdienst in der nahegelegenen Kirche St. Quintin statt.

Mainz, 8. Juni 2023: Begrüßung von Bischiof Peter Kohlgraf. (c) Bistum Mainz / Blum

An den Gottesdienst schloss sich die Fronleichnams-Prozession durch die Mainzer Altstadt mit feierlichem Segen auf dem Liebfrauenplatz an. Dabei wurden die Fürbitten in feierlicher Form auch in den Sprachen der Gemeinden von Katholiken anderer Muttersprache vorgetragen, so dass unter anderem auch Fürbitten in Kroatisch, Polnisch, Portugiesisch und Italienisch gebetet wurden. Der Gottesdienst endete im Dom. Danach war Gelegenheit zum gemeinsamen Mittagessen in der Domstraße.

Vesper mit „Mainzer Segen“ am Nachmittag

Mainz, 8. Juni 2023: Blick in den Altarraum beim Evangelium (c) Bistum Mainz / Blum

Am Nachmittag feiert Bischof Kohlgraf und das Domkapitel im Westchor des Domes die Vesper mit „Mainzer Segen“. Dieser Segen ist eine besondere Form der eucharistischen Frömmigkeit, die für Mainz lange überliefert ist. 

Mainz, 8. Juni 2023: Beginn der Prozession an Fronleichnam auf dem Liebfrauenplatz des Mainzer Domes. (c) Bistum Mainz / Blum

Beim „Mainzer Segen“ wird bereits zu Beginn der Vesper der Segen mit der Monstranz gespendet und zum Abschluss ein weiteres Mal. Im Mainzer Dom wird diese Form des Segens nur einmal im Jahr praktiziert. Die musikalische Gestaltung übernahm der Mädchenchor am Dom und St. Quintin und die Männerstimmen des Mainzer Domchores unter Leitung von Domkapellmeister Karsten Storck sowie mit Domorganist Beckmann an der Orgel.

Stichwort: Fronleichnam

Mainz, 8. Juni 2023: Eindrücke der Mainzer Fronleichnamsprozession (c) Bistum Mainz / Blum

Zehn Tage nach Pfingsten feiern katholische Christen das Fronleichnamsfest, das „Hochfest des Leibes und Blutes Christi“. Im Mittelpunkt dieses Festes steht das eucharistische Brot, das für die Katholiken ein Realsymbol für die Gegenwart Christi ist. 

Mainz, 8. Juni 2023: Eindrücke der Fronleichnamsprozession im Mainz. (c) Bistum Mainz / Blum

Diese Gegenwart wird an Fronleichnam in besonderer Weise gefeiert, indem das eucharistische Brot - eine in einem Gottesdienst konsekrierte Hostie - in einer so genannten Monstranz durch die Straßen getragen wird.

Mainz, 8. Juni 2023: Die Fronleichnamsprozession in der Augustinerstraße. (c) Bistum Mainz / Blum

Das Wort Fronleichnam stammt aus dem Mittelhochdeutschen: „fron“ bedeutet „Herr“, „lichnam“ meint den lebendigen Leib. Die Einführung des Festes geht auf eine Vision der Augustinernonne Juliane von Lüttich (um 1191 bis 1258) zurück. Im Traum sah sie den Mond, der einen sichtbaren dunklen Fleck aufwies. Sie deutete dies als Zeichen dafür, dass der Kirche (symbolisiert durch den Mond) ein Fest zu Ehren der Eucharistie fehle. Bischof Robert von Lüttich führte das Fest für sein Bistum im Jahr 1246 ein. 

Mainz, 8. Juni 2023: Eindrücke der Fronleichnamsprozession. (c) Bistum Mainz / Blum

Im Jahr 1264 legte Papst Urban IV. fest, Fronleichnam am zweiten Donnerstag nach Pfingsten zu feiern. Fronleichnam ist heute in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, im Saarland sowie teilweise in Sachsen und Thüringen gesetzlicher Feiertag.

Mainz, 8. Juni 2023: Eindrücke der Fronleichnamsprozession. (c) Bistum Mainz / Blum

Die Feier des Fronleichnamsfestes besteht aus einer feierlichen Messe mit anschließender Prozession. Dabei werden entlang des Prozessionsweges Straßen und Häuser festlich geschmückt, in manchen Dörfern kennt man die Tradition großer Blumenteppiche. 

Mainz, 8. Juni 2023: Die Prozession erreicht wieder den Liebfrauenplatz. (c) Bistum Mainz / Blum

Während der Prozession wird die Hostie in einer Monstranz vom Priester unter einem so genannten „Himmel“ getragen, ein über vier Stäbe gespanntes, reich besticktes Tuch. 

Mainz, 8. Juni 2023: Eindrücke der Fronleichnamsprozession. (c) Bistum Mainz / Blum

Die Prozession macht Station an ebenfalls reich geschmückten Altären. Hier wird aus den Evangelien vorgelesen, Fürbitte gehalten und mit dem eucharistischen Brot der Segen erteilt. 

Mainz, 8. Juni 2023: Eindrücke vom Abschluss der Fronleichnamsprozession auf dem Liebfrauenplatz. (c) Bistum Mainz / Blum

Die Prozessionen entstanden in Deutschland; 1277 gilt als das Jahr der ersten Fronleichnamsprozession, die in Köln stattfand.