Mit einem Festgottesdienst in der Schulkapelle hat der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf am Montag, 31. Januar, das 300. Jubiläum der Maria Ward-Schule in Mainz gefeiert. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde der Gottesdienst live zu den Schülerinnen in die Klassenzimmer übertragen. „Es war und ist immer Ziel an dieser Schule gewesen, Mädchen zu selbstbewussten Menschen zu bilden, sie auf dem Weg zu wirklich eigenständigen Persönlichkeiten zu begleiten und zu fördern“, sagte Bischof Kohlgraf in seiner Predigt.
Die Engländerin Mary Ward habe ihre eigenen Erfahrungen in der Kirche gemacht und ihren pädagogischen Ansatz dagegengestellt, führte Bischof Kohlgraf seine Predigt fort. „Menschen dürfen nicht gebrochen werden, sondern sollen beschenkt und stark gemacht werden“, betonte er. Gewalt gegen Kinder und Jugendliche habe viele Gesichter. „Heute liegen die schlimmen Taten zum Teil offen zutage, vieles wird dennoch im Dunkeln bleiben. Es kann für mich als Bischof keine Option sein, die Verhältnisse und die Schuld nicht sehen zu wollen. Daher will ich erfahren, was auch in unserem Bistum geschehen ist“, sagte Kohlgraf. Ziel des christlichen Bildungsauftrages müsse es sein, Menschen zu befähigen „Nein zu sagen, wenn sie etwas nicht wollen“.
Kohlgraf sagte mit Blick auf die Geschichte: „Mary Ward wollte besonders die Mädchen fördern, die es damals sicher schwerer hatten als heute. Dennoch ist auch heute eine völlige Gleichberechtigung in Kirche und Gesellschaft nicht erreicht. In der Kirche in Deutschland ringen wir darum, in diesem Thema weiter zu kommen. In den nächsten Tagen werden sich wieder die Mitglieder des Synodalen Weges in Frankfurt treffen, wo es auch um dieses Anliegen geht.“ Es gehe darum, „die Einheit mit dem Papst und der Weltkirche nicht zu zerbrechen, aber unsere Fragen deutlich zu benennen,“ betonte Kohlgraf. Und ergänzte: „Das mutige Zeugnis von Mary Ward zeigt, dass manchmal Dinge verwirklicht werden, die kurz zuvor noch für völlig unmöglich gehalten wurden.“
„Wir haben ein gutes und kostbares Erbe, das über die Jahrhunderte gewachsen ist“, sagte Schulleiterin Dr. Andrea Litzenburger in einem Interview vor dem Gottesdienst. „Die Geschichte der Schule war immer auch mit Schwierigkeiten verbunden“, gab sie zu bedenken. Es sei ein stetes Ringen gewesen. Schulgründerin Barbara Maria Schultheiß musste um Anerkennung kämpfen, ebenso wie die Ordensschwestern in späteren Zeiten. „Es gehört zur DNA der Schule, sich Schwierigkeiten zu stellen.“ Mit Blick auf die Zukunft ergänzte sie: „Unsere Aufgabe ist es jetzt, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die Schule in diesem Geist personell und finanziell weiterzuführen.“ In einer Rede am Ende des Gottesdienstes sagte Schülerin Helena Schober: „Ich bin froh, hier an der Maria Ward-Schule so wahrgenommen zu werden, wie ich bin.“ Die Schülerin der Jahrgangsstufe zwölf betonte, wie wichtig ihre Freundinnen seien, um schwierige Zeiten zu überstehen. „Auch Mary Ward hat sich damals Gefährtinnen gesucht, mit denen sie sich gemeinsam dafür eingesetzt hat, dass Frauen beispielsweise die gleichen Bildungschancen wie Männer bekommen.“
Der Gottesdienst wurde begleitet von Oberstudienrat und Schulseelsorger Pfarrer Cornelius Herrlich und Oberstudienrätin und Prädikantin Christine Krüger. Ein geplanter „Sternenmarsch“ von verschiedenen Startpunkten aus zur Schule, mit dem Schülerinnen Spenden sammeln wollen für eine Partnerschule in Zimbabwe, das Caritas-Babyhospital in Bethlehem und die Kinderkrebsstation der Uniklinik Mainz, wurde aufgrund der Corona-Pandemie auf den 8. April verschoben.
Die Maria Ward-Schule ist ein staatlich anerkanntes G9-Gymnasium für Mädchen mit angegliederter Berufsfachschule Wirtschaft und Verwaltung. Derzeit besuchen 1240 Schülerinnen die Schule. Schulträger ist die kirchliche Maria Ward-Stiftung. Die Schule wurde 1722 von Barbara Maria Schultheiß als so genannte „Mägdlein-Schule“ gegründet. Die auch heute noch geläufige Bezeichnung „Schule der Englischen Fräulein“ geht zurück auf die Engländerin Mary Ward (1585-1645), Gründerin der Ordensgemeinschaft der Maria Ward-Schwestern, die heute als „Congregatio Jesu“ (CJ) bezeichnet wird. Die Ordensschwestern übernahmen die Schule im Jahr 1752.