„Wir werden zu einer Pfarrei“

Pfarrer Christian Feuerstein und Pastoralreferentin Christine Wüst-Rocktäschel (c) Bistum Mainz/Hoffmann
Datum:
Do. 7. Dez. 2023
Von:
hoff(MBN)

Die Pfarrei St. Maria Magdalena Ingelheim ist die erste Pfarrei, die zum 1. Januar 2024 von Bischof Peter Kohlgraf errichtet wird. Bis 2030 werden im Zuge des Reformprozesses „Pastoraler Weg“ im Bistum Mainz alle 46 Pastoralräume zu neuen Pfarreien. Bischof Kohlgraf wird am Sonntag, 7. Januar 2024 um 10.30 Uhr den Gründungsgottesdienst in Ingelheim feiern. In der Gründungsphase galt es unter anderem, die zukünftige Pfarrei inhaltlich und strukturell neu zu gestalten – damit einher gingen eine Reihe von Herausforderungen, die zu meistern waren.

Pfarrer Christian Feuerstein ist Leiter des Pastoralraums Ingelheim, der nun zur neuen Pfarrei wird. Koordinatorin ist Gemeindereferentin Christine Wüst-Rocktäschel. Die beiden haben gemeinsam mit der Pastoralraumkonferenz die Gründung vorbereitet. Die Ingelheimer Pastoralraumkonferenz ist mit etwa 65 Personen besetztes Gremium, zu denen Haupt- und Ehrenamtliche gehören, Mitglieder der bisherigen Pfarrgemeinderäte, Verwaltungsräte, der Verbände und der Caritas, sowie Vertreterinnen und Vertreter Katholiken anderer Muttersprachen. Gemeinsam haben sie in den vergangenen Jahren in zahlreichen Sitzungen beraten, diskutiert und Beschlüsse gefasst.

„Wir haben den Prozess der Umstrukturierung schon gestartet, bevor es mit dem Pastoralen Weg offiziell losging“, erklärt Pfarrer Feuerstein bei einem Besuch in der Pfarrei. „Das hatte einen positiven Effekt auf den Ablauf.“ Schon im November 2021, also vor der Errichtung der Pastoralräume im April 2022 und dem Richtfest im Sommer 2022, hatte Feuerstein die Mitglieder der beteiligten Pfarreien zu einer ersten Versammlung zusammengerufen. Bei diesem Treffen tauschten sich die Pfarreimitglieder darüber aus, was ihnen wichtig ist, welche Befürchtungen sie haben, und welche Chancen sich aus einem Zusammenschluss ergeben könnten. „Es braucht Jahre und Jahrzehnte, bis Pfarreien wirklich zusammenwachsen“, sagt Feuerstein. Obwohl etwa Nieder- und Ober-Ingelheim seit den 1980er Jahren einen gemeinsamen Pfarrer hätten, seien beide Pfarreien stets sehr eigenständig geblieben, gibt Feuerstein ein Beispiel. „Mit der Neugründung der Pfarrei ist dieser Prozess deshalb auch nicht abgeschlossen, sondern es beginnt eine neue Phase“, ist seine Einschätzung.

„Ein solcher Wandel bedeutet einen Einschnitt. In Familien, in Gewohnheiten. Im Gemeindeleben wachsen auch Beziehungen und manche haben Sorge, diese Beziehungen zu verlieren, wenn die Pfarreien zusammenwachsen“, knüpft Wüst-Rocktäschel an. „Eine solche Veränderung kann man nicht theoretisch vermitteln, sondern das muss man erleben“, ergänzt sie. Wie kann man damit umgehen? „Es ist wichtig, angemessen zu reagieren, das Gespräch zu suchen, transparent zu handeln und Perspektiven zu schaffen“, sagt sie. Und betont, am wichtigsten sei das gegenseitige Kennenlernen, um Vorbehalte abzubauen. „Es geht darum, die Sorgen der anderen zu hören, und sich darüber auszutauschen, was den Einzelnen wichtig ist, sie als konkrete Personen wahrzunehmen und nicht bloß als ‚die Anderen‘.“

Ein großes Projekt im Prozess der Pfarreiwerdung ist das Thema Gebäude. Bei der Entscheidung, welche Gebäude künftig wie genutzt werden, und von welchen sich die Pfarrei trennen muss, gab es Richtlinien des Bistums. „Wir haben uns strikt an die Vorgaben aus dem Leitfaden gehalten und das war sehr hilfreich, um zu einer möglichst objektiven Entscheidung zu kommen“, sagt Feuerstein. An drei Samstagen ist die Projektgruppe zu allen 18 Gebäuden, Kirchen und Pfarrzentren gefahren, und hat sie bewertet. „Unser Ziel ist es, die Pfarrei gut für die Zukunft aufzustellen“, betont Feuerstein. „Gleichzeitig sind mit Gebäuden auch viele Emotionen verbunden, weil sie mit Erinnerungen verknüpft sind. Jetzt geht es darum, den Blick nach vorne zu richten und zu überlegen, was wir brauchen und was wir in Zukunft stemmen können“, sagt er. Vier Varianten wurden schließlich vorgelegt. Obwohl alle Varianten objektiv und detailliert diskutiert und darüber abgestimmt wurde, waren am Ende nicht alle einverstanden. „Es gibt Menschen, die dafür kämpfen, dass ihre Kirche erhalten bleibt, und die das Gefühl haben, wir hätten sie übergangen“, sagt Feuerstein.

Miteinander ringen für etwas Gemeinsames

Es gab auch positive Erfahrungen im Pfarreiwerdungs-Prozess. Wüst-Rocktäschel: „Ich erlebe ein massives Engagement. Das Miteinander-Ringen für etwas Gemeinsames, für die Sache, diese Menschen zu erleben, wie sie sich an den monatlichen Sitzungen beteiligen, die Beschlussvorlagen durcharbeiten, und sich dann engagiert einbringen, ist wunderbar“, sagt sie. Und weiter: „Ohne diese Menschen, die so engagiert bei der Sache sind, hätten wir das gar nicht darstellen können.“ „Auch die Steuerungsgruppe hat unbändige Arbeit geleistet“, sagt Feuerstein. Es sei wichtig gewesen, vorzudenken, und zu sortieren, damit die Pastoralraumkonferenz zu guten Entscheidungen kommen konnte. „Es ist uns sehr wichtig, Danke zu sagen, an alle, die diesen Weg mit uns gegangen sind“, resümieren Feuerstein und Wüst-Rocktäschel.

Ab dem 1. Januar 2024 wird die Pfarrei „Maria Magdalena Ingelheim“ heißen. „Ich finde das sehr passend“, freut sich Wüst-Rocktäschel. Sie sagt: „Sie ist die Patronin der Winzer, eine mutige Frau, Vorreiterin in der Verkündigung. Mit diesem Mut müssen wir weiter gehen in der Verkündigung.“ Feuerstein ergänzt: „Damit knüpfen wir an unsere Vision an, mutig mit Gott in die Zukunft zu gehen.“ Und was passiert nach der Pfarreigründung? „Danach geht es erst richtig los“, sagt Feuerstein. „Im März 24 wählen circa 15.000 Wahlberechtigte einen neuen Pfarreirat, und wir werden uns weiter damit befassen, das Pastoralkonzept umzusetzen und weiterzuentwickeln“, sagt er.

Stichwort: Pfarreigründung

Bis zum Jahr 2030 sollen aus den 46 Pastoralräumen im Bistum Mainz 46 neue Pfarreien entstehen. Die Gründungen sind Teil des Reformprozesses „Pastoraler Weg“, auf dem sich das Bistum Mainz befindet. Es ist ein Prozess der Entwicklung und Erneuerung der Kirche im Bistum Mainz. Die ersten fünf Pfarreien werden im Jahr 2024 gegründet. Es sind die Pfarreien St. Maria Magdalena Ingelheim, Heilige Familie Langen-Egelsbach-Erzhausen, Heilige Edith Stein Lorsch-Einhausen, Sankt Franziskus Offenbach und Heiliger Johannes XXIII Viernheim. In jeder Pfarrei wird ein Gründungsgottesdienst gefeiert, dem Bischof Peter Kohlgraf oder Weihbischof Dr. Udo Markus Bentz vorsteht. Die Leitung der neuen Pfarreien wird in gemeinsamer, geteilter Verantwortung erfolgen, unbeschadet der rechtlichen Stellung des Pfarrers als Leiter der Pfarrei. Es gibt drei Rollen: Pfarrer, Koordinatorin oder Koordinator, und Verwaltungsleiter oder Verwaltungsleiterin. Sie berücksichtigen Verantwortung und Rechte des Pfarreirates und des Kirchenverwaltungsrates, sowie der Mitglieder des Pastoral- und des Verwaltungsteams.

 

Hinweis: Weitere Informationen zum Pastoralen Weg unter bistummainz.de/pastoraler-weg und zur Pfarrei St. Maria Magdalena Ingelheim unter bistummainz.de/pastoralraum/ingelheim