Mit großer Trauer hat uns nach den Weihnachtstagen die Nachricht vom Tod unseres Kollegen Johannes Reiter erreicht, schreibt der Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät der JGU Mainz, Univ.-Prof. Dr. Stephan Goertz.
Johannes Reiter, geboren am 22. April 1944 in Beckingen-Haustadt (Saarland), hat nach dem Abschluss eines Ingenieursstudium in Trier an der dortigen Katholisch-Theologischen Fakultät einen Abschluss als Diplomtheologe erworben und wurde ebendort 1977 mit einer Arbeit über den Moraltheologen Ferdinand Probst (1816–1899) zum Dr. theol. promoviert. Die Habilitation folgte 1983 an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. In seiner 1984 publizierten Habili- tationsschrift untersuchte Johannes Reiter in historischer und systematischer Absicht Modelle christozentrischer Ethik. Im selben Jahr erhielt er als Nachfolger von Josef Georg Ziegler, des- sen Assistent er war, den Ruf auf den C 4-Lehrstuhl für Moraltheologie in Mainz, den er bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2009 innehatte.
Das wissenschaftliche Interesse von Johannes Reiter galt zunächst vor allem der Geschichte der Moraltheologie, wo seine Kenntnisse ebenso geschätzt waren wie ab den 1980er Jahren auf dem Feld, auf dem er sein besonderes Profil gewonnen hat, den zahlreichen bioethischen Fragen der Gegenwart. Vom christlichen Anliegen einer die Menschenwürde in allen Phasen der menschlichen Existenz respektierenden ethischen Verantwortung getragen, hat Johannes Reiter nicht nur zahlreiche Bücher und Aufsätze zu bioethischen Themen verfasst. Er war als ausge- wiesener theologisch-ethischer Experte auch ein sehr gefragter Berater im gesellschaftlichen und kirchlichen Bereich, etwa als mehrfaches Mitglied von Enquete-Kommissionen des Deut- schen Bundestages, der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer oder als Mit- glied der Glaubenskommission der Deutschen Bischofskonferenz und der Päpstlichen Akade- mie für das Leben. Die besondere weltkirchliche Wertschätzung seiner theologischen Arbeit drückte sich darin aus, dass Johannes Reiter von 2004–2014 zwei Perioden lang Mitglied der Internationalen Theologenkommission in Rom war. Für seine bleibenden Verdienste um das Allgemeinwohl wurde er 2004 mit dem Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
Johannes Reiter hat in seinem langjährigen Wirken in Mainz Generationen von Studierenden unterrichtet und für moraltheologische Fragen interessieren können. Seine Schülerinnen und Schüler, Kolleginnen und Kollegen haben ihn als zugewandten Menschen mit feinsinnigem Humor und innerer Freiheit erlebt, der eine wohltuende Distanz zu manch akademischen Ge- pflogenheiten besaß.
Die Katholisch-Theologische Fakultät gedenkt Johannes Reiter im Gebet und ehrt ihn als The- ologen und Ethiker, der sich aus christlicher Überzeugung entschieden in der gesellschaftlichen und kirchlichen Sphäre für würdevolles menschliches Leben eingesetzt hat.
Univ.-Prof. Dr. Stephan Goertz
Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät der JGU Mainz
Mainz, den 30. Dezember 2020