Die österliche Bußzeit im Heiligen Jahr der Barmherzigkeit kann in den Gemeinden begangen werden als eine herausgehobene Zeit der heilenden Nähe Gottes. Seine Barmherzigkeit ist uns allen angeboten, damit wir in der Tiefe der eigenen Person berührt werden von einer Begegnung mit Gott, die alles neu macht. Was uns hier geschenkt wird, sollen und dürfen wir anderen weitergeben. Papst Franziskus spricht in der Bulle zum Heiligen Jahr sehr ausdrücklich von dieser Dynamik, in die wir eingeladen sind:
„Wie sehr wünsche ich mir, dass die kommenden Jahre durchtränkt sein mögen von der Barmherzigkeit und dass wir auf alle Menschen zugehen und ihnen die Güte und Zärtlichkeit Gottes bringen! Alle, Glaubende und Fernstehende, mögen das Salböl der Barmherzigkeit erfahren, als Zeichen des Reiches Gottes, das schon unter uns gegenwärtig ist.“
Stille, ein persönliches Gespräch oder der Empfang des Bußsakramentes sowie ein Ritus der Salbung können erfahrbar machen: Gottes Barmherzigkeit ist uns geschenkt, sie verzeiht und heilt; sie macht neu und sendet uns als Boten der seiner Güte in den Alltag.
Lied zum Einzug: „Selig, wem Christus auf dem Weg begegnet“ (GL 275)
Einzug des liturgischen Vorstehers (Pfarrer/Diakon/Laie im Pastoralen Dienst), der anwesenden Priester und liturgischen Dienste
Liturgische Eröffnung:
V: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
A: Amen.
V: Gnade und Friede von Gott, dem barmherzigen Vater und von Jesus Christus, seinem Sohn, sei mit euch.
A: Und mit deinem Geiste.
Begrüßung:
Begrüßung und Hinführung zur Feier durch den liturgischen Vorsteher. Jeder Priester, der später auch zum Gespräch und zur Beichte zur Verfügung steht, stellt sich kurz vor mit Namen und pastoralen Einsatzfeldern. Hier kann auch schon auf den jeweiligen Ort hingewiesen werden, an dem die einzelnen Priester später zum Gespräch zu finden sind: Taufkapelle, Altarraum, Beichtstuhl, Sprechzimmer, Sakristei etc:. „Sie finden mich nachher …“
Oration
V: Lasset uns beten.
Gott, unser Vater,
zu allen Zeiten geraten Menschen in Not,
zu allen Zeiten fallen Menschen anderen Menschen zum Opfer,
zu allen Zeiten erfahren wir Leid und verursachen Leid.
So ist die Sünde in unserem Leben allgegenwärtig.
Dein Sohn Jesus Christus hat unsere Not geteilt,
er hat unser Leben gelebt und unsere Schuld getragen.
Seine Liebe kann uns heilen, verzeihen und neuschaffen.
Komm uns entgegen mit dem Salböl deiner Barmherzigkeit.
Darum bitten wir durch ihn, Jesus Christus, unseren Bruder und Herrn.
A: Amen
Lesung: Lk 10,25-37
Antwortgesang: „O Herr, nimm unsre Schuld“ (GL 273)
Schrift-Auslegung (Skizze):
Die Auslegung des Evangeliums schlägt eine Brücke zwischen dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter und den „vier Fragen“, die als Leitfaden für die anschließenden Gespräche angeboten werden:
„Was belastet mich zurzeit“ - Wo erfahre ich mich im übertragenen Sinne als „unter die Räuber gefallen“? Wo würde ich gerne die Not anderer Menschen wenden helfen und kann es nicht? Wessen Leid berührt mich und geht alltäglich mit mir? Diese Not – die eigene oder die der Menschen, um die wir uns sorgen – Gott hinhalten und mit ihm aushalten. Ihm „erlauben“, anwesend zu sein in dieser Not. Vielleicht tut sich heute eine innere Türe auf, dass wir spüren, wie Gott dieses Wunden salbt und versorgt und ihnen Heilung ermöglicht.
„Wofür möchte ich um Vergebung bitten?“ - Die Frage nach unserer Schuld bemisst sich ja oft nicht daran, was wir an Schlechtem getan, sondern was wir an Gutem unterlassen haben: wo wir anderen Menschen die „Werke der Barmherzigkeit“ schuldig geblieben sind, wo wir – aus welchen Motiven auch immer heraus – einfach weitergehen … Für solche Schuld, unser Handeln gegen die Barmherzigkeit, das harte Herz, das wir oft genug haben, gilt es um Vergebung zu bitten.
„Wofür bin ich dankbar?“ - Ein Bekenntnis der eigenen Schuld wäre unvollständig, wenn wir Gott nicht auch unseren Dank zurückschenken würden, den wir ihm „schuldig“ sind: alles das, was wir alltäglich so selbstverständlich nehmen. Dass es da z.B. Menschen gibt, die „unsere Wunden versorgen, wenn wir unter die Räuber fallen“, die uns gut tun, für uns sorgen, die uns weiterhelfen, wenn wir in verfahrenen Situationen stecken. Dafür heute ausdrücklich danken!
„Was möchte ich von mir aus tun?“ – Aus dieser Dankbarkeit kann auch eine neue Bereitschaft herauswachsen, anderen Menschen gut zu sein: barmherzig zu handeln, Not zu wenden, kleine Zeichen der Aufmerksamkeit zu schenken … Hier können die „Werke der Barmherzigkeit“ ein hilfreicher Schlüssel sein. Keiner/keine von uns „soll“ alle Werke gleichermaßen umsetzen. Es geht um das, was ich tun kann und tun möchte, wo ich heute anfangen möchte. Hier etwas ganz Konkretes wählen und benennen.
Zum Abschluss der Ansprache erfolgt ein nochmaliger Hinweis auf die verschiedenen Möglichkeiten, nun in diesem Gottesdienst das Gespräch mit einem der anwesenden Priester zu suchen, um sich in einem persönlichen Anliegen segnen zu lassen oder ein kurzes Gespräch bzw. Beichtgespräch zu führen.
Für die folgende Zeit der Stille und Gespräche wird ein Meditationsblatt mit den erwähnten Impulsfragen angeboten. Wer mag, kann auf dieses Blatt etwas notieren. Mit diesen Notizen und den vier einfachen Fragen kann man beichten oder sich segnen lassen in den Punkten, die heute wichtig sind.
Zeit für Stille und Gespräch (25-30 Minuten):
Es beginnt meditative Musik nach den jeweiligen Möglichkeiten der Gemeinde, um durch den „Klangteppich“ eine gesammelte Atmosphäre und akustische Diskretion zu gewährleisten. Die Priester verteilen sich an ihre Gesprächsorte im Kirchenraum. Diese Orte sollten ausgestattet sein mit zwei Stühlen und einer Kerze; sie sollten einen gewissen Sichtschutz ermöglichen (Nische, Trennwand, Kirchenpfeiler, Seitenraum …).
Wenn über die gemeinsame Stille hinaus noch Bedarf besteht, werden die Gespräche mit den Priestern weitergeführt. Die übrige Gemeinde setzt den Gottesdienst fort. Der liturgische Vorsteher lädt hierzu ein mit der Ankündigung des folgenden Liedes.
Lied zum Abschluss der Stille: „Wo Menschen sich vergessen“ (GL 876)
Salbung der Handflächen:
Vor dem Altarraum verteilen sich ca. 5-10 Personen (je nach Größe der Gottesdienstgemeinde), die jetzt zu einer Salbung der Handinnenflächen zur Verfügung stehen. Sie sollten vor dem Gottesdienst auf diesen Dienst vorbereitet werden.
Für die Salbung wird Olivenöl (oder ein anderes gutes Pflanzenöl) verwendet, das in kleine Schalen verteilt wurde (nach Anzahl der salbenden Personen). Dies können sein: die anwesenden Priester, Gemeindereferent/in, Pastoralreferent/in, ehrenamtlich tätige Personen der Gemeinde. Um den Unterschied zu den Sakramenten, die mit einer Salbung verbunden sind, zu unterstreichen, wird auf geweihte Öle aus den liturgischen Gefäßen verzichtet. Theologisch ist die hier praktizierte Salbung der Hände als deutendes Zeichen der Begegnung mit Jesus Christus in diesem Gottesdienst zu verstehen. Das Auftragen von Öl soll uns sinnenhaft erfahrbar machen, dass Gott heute an uns handelt wie der barmherzige Samariter, der die Wunden des Geschundenen versorgte. Es geht im wahrsten Sinne des Wortes um einen Segen, „der unter die Haut geht“ (Rainer Stuhlmann). Allen, die gesalbt werden, gilt die Zuwendung Gottes und die Aufforderung des Evangeliums: „Dann geh und handle genauso!“ (Lk 10, 37)
Die Salbung der Handinnenflächen kann jeweils verbunden werden mit einem Satz. Z.B.: „Er hat unsere Krankheit getragen“; „Durch seine Wunden sind wir geheilt“; „Gott sendet dich als Bote/Botin der Barmherzigkeit“; „Jesus Christus ist unser Licht und unser Heil“; „Gott segne dich mit dem Salböl seiner Barmherzigkeit“ …
Bevor die Gottesdienstteilnehmer und –teilnehmerinnen eingeladen werden nach vorne zu kommen, soll ihnen der Sinn des Salbungsritus und sein Verlauf vom liturgischen Vorsteher kurz erläutert werden.
Während der Salbung: „Der Herr wird dich mit seiner Güte segnen“ (GL 452)
Gebet: „Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens“ (GL 19,4)
Vater unser:
V: Lasst uns beten, wie der Herr und zu beten gelehrt hat
A: Vater unser …
Verabschiedung:
V: Gott, unser Vater, schenke euch die Erfahrung seiner heilenden Nähe.
A: Amen
V: Er schenke Euch die Zuversicht, durch Jesus Christus befreit zu sein von aller Schuld.
A: Amen
V: In der Kraft des Heiligen Geistes mache er Euch zu Boten seines Erbarmens.
A: Amen
V: Dazu segne euch der allmächtige Gott, der Vater und der Sohn und der Heilige Geist.
A: Amen
V: Gehet hin in Frieden.
A: Dank sei Gott, dem Herrn.
Schlusslied: „Lass uns in deinem Namen, Herr“ (GL 446)
Orgelspiel, Auszug