Was bedeutet es, wenn der Papst im Heiligen Jahr der Barmherzigkeit sogenannte „Heilige Pforten“ öffnen lässt, damit Katholiken Ablässe gewinnen können? Gibt es das noch?
Papst Franziskus schreibt in der Ankündigung zum Heiligen Jahr:
„Trotz der Vergebung ist unser Leben geprägt von Widersprüchen, die die Folgen unserer Sünden sind. Im Sakrament der Versöhnung vergibt Gott die Sünden, die damit wirklich ausgelöscht sind. Und trotzdem bleiben die negativen Spuren, die diese in unserem Verhalten und in unserem Denken hinterlassen haben“ (Misericordiae vultus, Abs. 22).
Diese Aussage trifft sich durchaus mit unserer Alltagserfahrung: Auch wenn uns vergeben ist, spüren wir manchmal, dass die eigene Schuld Folgen hinterlassen hat, die nicht einfach weg sind, so sehr wir dies auch wünschen. In diese Situation hinein gilt das, was die alte Lehre vom Ablass meint. Man könnte sagen: Ein Ablass ist die fürbittende Hilfe der Kirche, um auch diese „hartnäckigen“ Folgen unserer Schuld zu überwinden Im Ablass geht es also darum, dass unser Herz mehr und mehr ein anderes wird: freier, vertrauensvoller, geduldiger, mitfühlender, großzügiger mit anderen Menschen in Not. Die Liebe soll wachsen! Wie kann das geschehen?
Der eine wird sich hierfür besonders für Flüchtlinge in seiner Gemeinde einsetzen und Gott um Vergebung bitten für Hartherzigkeit und Vorurteile in der Vergangenheit.
Oder ein alter Mensch, der das Haus nicht mehr verlassen kann, betet still den Rosenkranz, schaut auf die Mutter Jesu und bittet um ihre Hilfe für verfolgte Christen im Nahen Osten.
Vielleicht begeben sich Jugendliche auf eine Wallfahrt, finden den Mut zu einem Beichtgespräch und ehrlichen Fragen an das eigene Leben.
Viele andere Wege sind denkbar …
Alle diese „Wege“ können einmünden in die Wallfahrt zu einer der vielen Heiligen Pforten im Jahr der Barmherzigkeit. Dort dürfen wir uns vergewissern, dass die Fürbitte der gesamten Kirche uns begleitet und stärkt. Der Wege jeder und jedes einzelnen ist getragen von der großen Gemeinschaft aller, die an Gottes vergebende Liebe glauben. Wir dürfen für einander einstehen im Gebet und können das Bußsakrament empfangen. Es ist eine gute Tradition, diese Wallfahrt zu beschließen mit dem Gebet in den „Anliegen des Heiligen Vaters“ (d.h. für die großen Nöte unserer Zeit), und mit den christlichen Grundgebeten: dem Glaubensbekenntnis der Kirche und dem Vater unser.
Wer verhindert ist, eine Heilige Pforte aufzusuchen (z.B. durch Krankheit oder eine Haftstrafe), kann selbstverständlich auch geistlich teilnehmen an dieser Wallfahrt. So werden die eigene Zimmertür und das eigene Innere zur Heiligen Pforte, durch die uns Jesus Christus entgegenkommt. Beim Ablass geht es also vor allem um einen inneren Weg, nicht um ein altes Ritual. Denn Rituale sind nur so gut wie das Leben, das sie wecken und ausdrücken.