Reinhard von Sickingen (um 1417–1482)

1446–1482 Bischof von Worms

 

Reinhard von Sickingen wurde um das Jahr 1417 als Sohn des Ritters Johann von Sickingen, eines pfälzischen Rates, Oberschultheißen und Amtmanns zu Oppenheim († 1469), und der Margarete Kämmerer von Worms († 1458) geboren. 1433 immatrikulierte er sich an der durch die pfälzischen Kurfürsten gegründeten Heidelberger Universität; 1437 setzte er sein Studium in Köln fort. 1435 wurde er Domherr in Worms, 1441 in Mainz (Domizellar?). Nachdem 1445 Bischof Ludwig von Ast nach nur vierzigtägiger Amtszeit resigniert hatte, wählte das Wormser Domkapitel Sickingen im Sommer 1445 zu dessen Nachfolger. Gegenkandidat war Domdekan Bernold von Wittstatt, der auch schon gegen Ast kandidiert und durch die Aufrechterhaltung seiner Ansprüche Asts Rücktritt verursacht hatte. Die Bischofsweihe – Sickingen war bei seiner Ernennung bereits Priester – nahm der Mainzer Erzbischof Dietrich Schenk von Erbach am 27. Juli 1445 auf Burg Ehrenfels vor; die päpstliche Bestätigung erfolgte am 9. März 1446.

Sickingen war von großer Frömmigkeit und hohem Pflichtbewußtsein. Mit Eifer widmete er sich seinen geistlichen Aufgaben. Besonderes Engagement zeigte er in den Fragen der Klosterreform. Den von Bursfeld und Windesheim ausgehenden Ansätzen zur Neubesinnung verschaffte er Zugang im Wormser Bistum. Als vorteilhaft erwies sich dabei die gute Zusammenarbeit mit den pfälzischen Kurfürsten, deren Landesherrschaft sich über große Teile der Diözese erstreckte. Sickingens ängstliche Sorge um die Reinheit der kirchlichen Lehre fand 1477 ihren Ausdruck in der Entlassung des Dompredigers Johannes Rucherat von Wesel wegen dessen offener Kritik am kirchlichen Ablaßwesen.

Wie in religiösen Fragen, so gestaltete sich auch in politischen Angelegenheiten Sickingens Verhältnis zur Pfalzgrafschaft reibungslos. Er fand sich häufig bei wichtigen Anlässen am pfälzischen Hof ein. Wiederholt nahm der Kurfürst seine diplomatischen Dienste in Anspruch, so bei Verhandlungen mit der Kurie (1450). Die Abhängigkeit von Kurpfalz konnte allerdings auch nachteilig werden. So wurde 1460 das Cyriakusstift in Neuhausen durch den Grafen von Gleichen im Auftrag des Mainzer Erzbischofs völlig zerstört. In der Mainzer Stiftsfehde (1461–62) ließ sich Sickingen trotz päpstlicher Aufforderung nicht zu einem Vorgehen gegen den Pfalzgrafen bestimmen. Er verhandelte vielmehr in dessen Auftrag mit der Stadt Speyer (1462) und wirkte bei dem erzwungenen Rücktritt seines Amtsbruders Johannes Nix von Hoheneck in pfälzischem Sinne mit (1464). Auch nach dem Tod des Landgrafen Hesso von Leiningen-Dagsburg machten beide Besitzrechte geltend und teilten das Erbe unter sich auf. 1472 versuchte Sickingen im Auftrag des Pfälzers zwischen dem Kölner Erzbischof Ruprecht bei Rhein, einem Bruder von Pfalzgraf Friedrich, und dessen Kapitel zu vermitteln. Bei der Rückreise geriet er in Gefangenschaft. Auf dem Augsburger Reichstag, auf dem 1474 vergeblich ein Ausgleich Friedrichs mit dem Kaiser versucht wurde, vertrat er die Sache des Kurfürsten.

Sickingens Beziehungen zu seiner Bischofsstadt entwickelten sich nach anfänglichen Streitigkeiten um seinen Einritt problemlos. Durch die Wiedererrichtung der bischöflichen Gebäude (1472), die beim Einsturz des nordwestlichen Domturms (1429) und der Aula maior (1452) zu Schaden gekommen waren, erwarb er sich weitere Verdienste.

Sickingen starb am 21. Juli 1482 in Ladenburg. Er wurde in der von ihm erbauten Ägidienkapelle (heute Marienkapelle) des Wormser Domes beigesetzt.

Burkard KeilmannB)

Text aus: Gatz, Erwin (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches. Ein biographisches Lexikon. Teil: 1448 bis 1648, unter Mitw. von Stephan M. Janker, Berlin: Duncker und Humblot 1996, S. 662–663.