1503 – 1524/33 Bischof von Worms
Der im Jahre 1458 oder 1459 geborene Reinhard von Rüppurr entstammte einem ritterlichen Geschlecht, das seit dem 14. Jh. zum Lehnshof der Markgrafen von Baden gehörte und den Beinamen „Pfau‟ führte. Der Vorname seines Vaters ist unbekannt. Seine Mutter war eine geborene Ützlingen. Die Pfau von Rüppurr besetzten im 15. und 16. Jh. Pfründen im ganzen Oberrheingebiet. Jakob Pfau von Rüppurr, dessen genaues Verwandtschaftsverhältnis zu Reinhard noch ungeklärt ist, besaß in der zweiten Hälfte des 15. Jh. Kanonikate in Basel, Mainz und Speyer. Seit 1479 übte er im Bistum Speyer das Amt des Generalvikars aus; 1482 wurde er Kustos am Wormser Domstift. Reinhard von Rüppur, ein weiterer Verwandter Reinhards, war dort zwischen 1520 und 1527 Domkantor und dann bis 1541 Domdekan. 1523 und 1529 ist er auch als Generalvikar nachweisbar. Außerdem hatte er die Propstei in Wimpfen und Bruchsal sowie ein Kanonikat in St. Viktor vor Mainz inne.
Der spätere Bischof Reinhard erhielt 1474 ein Kanonikat im Wormser Domstift, für das ihn sein Onkel, der Domherr Johann von Ützlingen, nominiert hatte. An der Universität Heidelberg begann er 1479 das Biennium. Zwischen 1494 und 1496 erlangte er auch das Amt des Wormser Domkantors. Nach dem Tod Johanns von Dalberg wählte das Domkapitel den damaligen Subdiakon am 29. August 1503 zum Bischof. Papst Julius II. bestätigte die Wahl am 9. Februar 1504. Die Weihe erfolgte am 7. Oktober 1504 in Ladenburg.
Unter Reinhards Pontifikat verringerten sich die Spannungen zwischen Bischof und Bürgerschaft von Worms, die sich während der Amtszeit Dalbergs erheblich verschärft hatten, nicht. Die bald nach Reinhards Wahl mit dem Rat geführten Verhandlungen zerschlugen sich rasch. Die völlige Abhängigkeit von der pfalzgräflichen Politik verwickelte Reinhard schon 1504 in die Auseinandersetzungen des Kurfürsten mit Maximilian im Landshuter Krieg. Als Verbündeter der Kurpfalz fiel er beim König in Ungnade, der Stadt Worms aber übertrug Maximilian alle Rechte, die bis dahin der Bischof dort ausgeübt hatte. Sie erreichte damit die königliche Zustimmung zu einer bis dahin nicht gekannten Unabhängigkeit von ihrem bischöflichen Herrn. Erst 1507 belehnte der König Reinhard endgültig mit den Regalien, jedoch unter dem Vorbehalt, daß die Rechte der Stadt dadurch nicht beeinträchtigt würden. Ob hinter dem 1513 aus sozialen Spannungen erwachsenen Aufstand gegen die Herrschaft des Wormser Stadtrats außer bischöflichen Beamten auch Reinhard selbst stand, bleibt unklar. Die Unruhen erschütterten das Ratsregiment erheblich, zumal sie in die Fehde mit Franz von Sickingen einmündeten, die die Stadt in den folgenden Jahren schwer belastete. Reinhard nutzte die Zeit nach dem Tode Maximilians, um mit Hilfe des Pfalzgrafen, der während der Thronvakanz als Reichsvikar fungierte, der Stadt 1519 einen für sie sehr ungünstigen Vertrag, die sog. Pfalzgrafenrachtung, aufzuzwingen. 1520 konnte er endlich feierlichen Einzug in seine Bischofsstadt halten. Auf dem Reichstag von 1521 trat er nicht hervor. Unzufriedenheit der Stadt mit der Pfalzgrafenrachtung führte dazu, daß sie schon 1522 eigenwillig einen vom Bischof völlig unabhängigen Rat schuf.
Die langwierige Auseinandersetzung um Anerkennung der bischöflichen Stadtherrschaft hielt Reinhard für den größten Teil seines Pontifikats von seinem Bischofssitz fern und verhinderte eine geistliche Leitung der Diözese. Die schon unter seinem Vorgänger aufgebrochenen Spannungen zwischen Bürgerschaft und Klerus ließen die Ideen der Reformation daher auf fruchtbaren Boden fallen. Bereits zu Beginn der 20er Jahre schlossen sich Wormser Geistliche der evangelischen Bewegung an und fanden großen Zulauf in der Bevölkerung. Da zwei Verwandte Reinhards in Wittenberg studierten, könnte auch der Bischof der neuen Lehre zunächst Sympathien entgegengebracht haben. Eine an ihn gerichtete Bulle Hadrians VI. von 1522, die die Aufforderung enthielt, der alten Lehre treu zu bleiben, gab er an den Rat weiter und ließ 1523 dort anfragen, ob man dem Papst nicht antworten wolle. Der Rat lehnte ab, da das Schreiben keine Aufforderung dazu enthalte.
Reinhards Sanktionen gegen die Anhänger Luthers im Wormser Klerus ließen schon sehr bald seine klare Haltung in dieser Frage erkennen. Doch fühlte sich Reinhard der politischen und religiösen Krise in seiner Diözese nicht mehr gewachsen. Auf seinen Vorschlag wählte das Kapitel daher Philipp von Flersheim zu seinem Koadjutor. Dessen Ernennung durch Papst Hadrian VI. erfolgte am 17. April 1523, aber der Elekt mußte auf Druck des Pfalzgrafen bereits am 18. Dezember 1523 resignieren. An seiner Stelle wurde Heinrich von der Pfalz, der Bruder des regierenden Kurfürsten Ludwig V., 1524 zum Koadjutor bestellt. Reinhard zog sich in das von seinem Vorgänger der bischöflichen Tafel inkorporierte Kloster Ramsen, nach dessen Plünderung im Bauernkrieg nach Neuleiningen und später auf den Stammsitz seiner Familie Rüppurr zurück. Dort verstarb er am 19. April 1533. Im Ostchor des Wormser Doms erhielt er sein Grab. Herz und Eingeweide ruhen in der St. Nikolauskirche zu Karlsruhe-Rüppurr.
Burkard Keilmann
Text aus: Gatz, Erwin (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches. Ein biographisches Lexikon. Teil: 1448 bis 1648, unter Mitw. von Stephan M. Janker, Berlin: Duncker und Humblot 1996, S. 603–604.