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1739–1742 |
Generalvikar für das Obererzstift Trier in Trier |
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1754–1756 |
Koadjutor des Erzbischofs von Trier, Archiep. tit. Patracensis |
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1756–1768 |
Kurfürst-Erzbischof von Trier |
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1763–1768 |
Fürstbischof von Worms |
Johann Philipp Freiherr von Walderdorff wurde am 24. oder 26. Mai 1701 auf Schloß Molsberg (Westerwald) als achtes Kind des Reichsfreiherrn und kaiserlichen Obristen Carl Lothar von Walderdorff zu Molsberg und Isenberg († 1722) und der Anna Katharina Elisabeth Freiin von Kesselstatt († 1733) geboren. Die Familie Walderdorff trug die Herrschaft Molsberg seit 1657 von Kurtrier zu Lehen. Seit 1624 war sie stets mit einigen Mitgliedern im Domkapitel zu Trier vertreten. Ein Bruder des Großvaters, Wilderich von Walderdorff, war 1669–80 Erzbischof von Wien, der ältere Bruder Adalbert von Walderdorff 1757–59 Abt und Bischof von Fulda, ein Neffe, Philipp Franz von (Bd. I) Walderdorff, 1797–1810 Bischof von Speyer. Walderdorff erhielt 1716 die Tonsur und 1717 die Aspektanz auf ein Kanonikat am Ritterstift St. Alban in Mainz, wo er 1738 Kanoniker wurde. 1718 wurde er in Trier Domizellar, 1736 Kapitular. Außerdem wurde er Kanonikus und 1736 Propst (päpstl. Provision) an St. Simeon in Trier. Auf diese Pfründe verzichtete er 1764 zugunsten seines Neffen Philipp Franz.
Das Studium absolvierte Walderdorff 1720–22 wohl nur in Mainz. 1722–24 folgte eine Kavalierstour nach Paris. 1724 wurde er kurfürstlicher Kammerherr bei Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg in Trier. Am 3. September 1739 übertrug Erzbischof Franz Georg von Schönborn ihm das Amt eines Generalvikars für das Obererzstift und des Präsidenten des Konsistoriums, obwohl eine besondere Eignung dafür nicht bekannt war. Nach seiner Wahl zum Dekan legte Walderdorff diese Ämter 1742 nieder und ließ sich am 7. Oktober 1742 zum Priester weihen. Zugleich übernahm er das Amt des kurfürstlichen Statthalters für die Stadt Trier. Durch sein Entgegenkommen und durch die Förderung städtischer Baumaßnahmen gewann Walderdorff in Trier eine beachtliche Volkstümlichkeit.
Am 11. Juli 1754 wurde Walderdorff einstimmig zum Koadjutor Schönborns bestellt, am 16. September päpstlich bestätigt und zum Titularerzbischof von Patras ernannt. Er verdankte seine Wahl dem Wunsch des Domkapitels nach einem schwachen Erzbischof, ferner der französischen Hoffnung, daß er sich angesichts seiner Neigung zur Verschwendung für finanzielle Zuwendungen empfänglich zeige. Schönborn lehnte Walderdorff ab, doch ertrug dieser die Demütigungen durch den Erzbischof mit rührender Einfalt. Vor Schönborns Tod fand jedoch noch eine Versöhnung statt. Am 12. Juli wurde Walderdorff zugleich Administrator der Abtei Prüm, und am 15. Juni 1755 weihte Schönborn ihn in der Kapuzinerkirche zu Ehrenbreitstein zum Bischof. Mit dem Tode Schönborns (18. Januar 1756) trat Walderdorff die Nachfolge an. Am 16. Februar 1756 erhielt er das Pallium, und am 24.–27. Februar 1756 nahm er Besitz von Stadt und Erzstift Trier. Trotz intensiver Bemühungen und kaiserlicher Unterstützung gelang es ihm nicht, auch in Ellwangen Schönborns Nachfolger zu werden, da ihm ein Wählbarkeitsbreve dort versagt blieb. Seine Bewerbung um Hildesheim, für das er 1761 ein solches Breve erhielt, zog er unter französischem Einfluß zugunsten von Klemens Wenzeslaus von Sachsen zurück. Dafür erhielt er neben einer Entschädigungssumme eine französische Abtei sowie die Zusage französischer, österreichischer und kurpfälzischer Unterstützung bei der Bewerbung um Worms. Dort wurde Walderdorff nach Erhalt eines Eligibilitätsbreves am 20. Juli 1763 ohne Schwierigkeiten gewählt. Die päpstliche Bestätigung folgte am 26. September.
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger brauchte Walderdorff außenpolitisch nicht mehr auf Frankreich und Österreich zugleich Rücksicht zu nehmen, da diese im Siebenjährigen Krieg gegen Preußen und England verbündet waren. Dennoch wurde das Erzstift 1759 von Truppendurchzügen heimgesucht. Walderdorff beteiligte sich mit 1200 Soldaten am Siebenjährigen Krieg und mußte drei Jahre lang eine französische Garnison auf Ehrenbreitstein dulden. Im übrigen hielt er sich von der Politik, von der er glaubte, Schönborn habe dem Erzstift dadurch nur Nachteile gebracht, zurück. Auf eine große politische Korrespondenz verzichtete Walderdorff im Gegensatz zu seinem Vorgänger, so daß er sich isolierte. Dennoch war er anläßlich der Entdeckung einer Kupfermine bzw. des Heimfalls des Lothringer Lehens Wald Winterhauch zu kostspieligen und politisch riskanten Auseinandersetzungen bereit. 1766 gewann er dem Erzstift immerhin die Herrschaft Oberstein und die Mediatherrschaft Vallendar.
Der labile Walderdorff stand während seiner gesamten Amtszeit unter dem Einfluß des übel beleumdeten Domdekans und Regierungspräsidenten Franz Karl Ludwig von Boos zu Waldeck und des Hofkanzlers Johann Joachim Georg Münch von Bellinghausen, von denen er sich auch auf Drängen der römischen Kurie nicht zu trennen vermochte. Wie Schönborn regierte er ohne Konferenzministerium. Leicht beeinflußbar, im Grunde gütig und bis zur Verschwendung freigebig, liebte Walderdorff vor allem die Jagd und den Wein. Korruption und Mißwirtschaft brachten unter ihm angesichts ständiger Geldschwierigkeiten das Erzstift an den Rand des Ruins. 1765 erhielt er durch päpstliche Provision die Propstei von St. Paulin in Trier, auf die er 1767 zugunsten seines Neffen Philipp Franz verzichtete.
In kirchenpolitischer Hinsicht nahm Walderdorff an den Auseinandersetzungen zwischen den Jesuiten und dem episkopalistisch eingestellten Kanonisten Georg Christoph Neller, die sich an seiner Universität abspielten, keinen Anteil. Er entfernte zwar Neller aus dem Konsistorium, doch tat er dieses wahrscheinlich nur im Interesse seiner eigenen Karriere. Sein Erstaunen über den 1763 erschienenen „Febronius“, den er am 14. Juli 1764 für sein Erzstift verbot, war wohl ungeheuchelt, doch nahm er das Rücktrittsersuchen von Weihbischof Johann Nikolaus von Hontheim nicht an und bewahrte diesem sein volles Vertrauen. Die ihm 1765 durch Boos von Waldeck suggerierte Überweisung der Geistlichen an die weltliche Gerichtsbarkeit nahm er nach einer Intervention Hontheims sofort zurück.
Dem französischen und luxemburgischen Anspruch auf staatliche Kirchenhoheit leistete Walderdorff keinen Widerstand. Als 1762 die französischen Parlamente die Anstellung von Jesuitenschülern untersagten, ordnetete Walderdorff seine Universität 1764 in der Weise neu, daß er den Jesuiten fast alle Lehrstühle nahm und diese an Mitglieder der trierischen Benediktinerklöster übertrug. Neller und Hontheim setzten 1768 die Änderung der traditionellen Lehrweise und die Aufgabe des Probabilismus durch. Schon 1763 hatte Walderdorff auf Anregung Hontheims allen Ordenspriestern ein mindestens zweijähriges Universitätsstudium vorgeschrieben. Seine Verordnungen gegen die Freimaurer von 1762 lagen auf der Linie seiner Nachbarn. Die Protestanten an seiner Universität sollten nach seiner Anweisung schonend behandelt werden. Als wohlwollender Landesvater zeigte Walderdorff sich bei der Sorge um die Waisenhäuser und bei der Einsetzung einer Oberkommission „ad pias causas“. Die Zahl seiner weltlichen Verordnungen blieb gering.
Wesentlich aktiver war Walderdorff auf geistlichem Gebiet. Die Pontifikalhandlungen nahm er häufig selbst vor, und an Sonn- und Feiertagen zelebrierte er persönlich. Er war von ungeheuchelter Frömmigkeit, verfaßte selbst eine Reihe von Gebeten und beschenkte die Marienwallfahrtsorte seines Sprengels. 1762 führte er im Erzstift das Ewige Gebet ein. 1765 ließ er den Hl. Rock ausstellen. Das übrige war meist ein Werk Hontheims, so z. B. das 1766 veröffentlichte „Rituale Trevirense“.
Eigene Akzente setzte Walderdorff vor allem als Kunstmäzen. Ab 1758 ließ er durch Johannes Seiz das Jagdschloß Engers neu erbauen. Von Seiz stammt auch der 1756–61 errichtete Rokokoflügel des Trierer Schlosses. Durch weitere Bauten im Bereich der heutigen Johann-Philipp-Straße und des Kornmarktes bereicherte er das Stadtbild von Trier. In Wittlich ließ er das Schloß Philippsfreude errichten. Weitere Bauten erfolgten auf Ehrenbreitstein und am Familienschloß Molsberg. Obwohl persönlich ohne Bezug zur Musik, vernachlässigte Walderdorff doch auch diesen Bereich nicht. Sein Bistum Worms scheint er kaum je aufgesucht zu haben. Dort lag allerdings die Verwaltung bei den Weihbischöfen und Provikaren Clemens August von Merle und Franz Xaver Anton von Scheben sowie bei den Statthaltern Domdekan Franz Theodor Mohr von Waldt und Franz Heinrich Kämmerer von Worms, gen. Dalberg, in guten Händen. Am 6. November 1767 gestattete Papst Klemens XIII. Walderdorff die Annahme eines Koadjutors. Domdekan Boos und Minister Spangenberg nahmen daraufhin Verhandlungen mit Klemens Wenzeslaus auf. Dieser sagte die Übernahme der Privatschulden von Walderdorff, Leistungen an das Domkapitel sowie Straffreiheit für die Familie und Dienerschaft des Erzbischofs zu, doch starb Walderdorff am 12. Januar 1768 in Ehrenbreitstein, bevor weitere Schritte unternommen werden konnten. Seine Eingeweide wurden in der Kreuzkirche zu Ehrenbreitstein, sein Leichnam im Dom zu Trier beigesetzt. Dort erhielt er im nördlichen Seitenschiff sein Grabmal.
Wolfgang Seibrich
Text aus: Gatz, Erwin (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches. Ein biographisches Lexikon. Teil: 1648 bis 1803, unter Mitw. von Stephan M. Janker, Berlin: Duncker und Humblot 1990, S. 547–550.