Eberhard Raugraf († 1277)

1247–1256 Elekt von Worms

1257–1277 Bischof von Worms

 

Sohn des Raugrafen Ruprecht I. († vor 1240) und seiner Ehefrau Hedwig († nach 1274), einer Tochter des Grafen Eberhard I. von Eberstein († nach 1218); die Familie des Vaters war eng mit dem Bistum Worms und dem Adel des Umlandes verbunden; sein Bruder Gerhard ist seit 1241 als Propst des Kollegiatstifts St. German in Speyer und seit 1251 als Propst des Wormser Kollegiatstifts St. Paul belegt; Friedrich, ein anderer Bruder, folgte ihm 1277 auf dem Wormser Bischofsstuhl; ein Bruder der Mutter, Eberhard II. von Eberstein († 1263), gründete 1241 in der Diözese Worms das Zisterzienserinnenkloster Rosenthal; ein weiterer Bruder der Mutter, Konrad von Eberstein, wurde 1237 Bischof von Speyer; eine Schwester der Mutter, Agnes († nach 1251), war mit Graf Friedrich II. von Leiningen († 1237) verheiratet und die Mutter des Speyerer Bischofs und ernannten Bischofs von Würzburg, Heinrich von Leiningen, sowie des Bischofs von Bamberg, Berthold von Leiningen; ihr Sohn Walram († 1274) erhielt vermutlich 1247 die Wormser Dompropstei. Eberhard war 1247 Dompropst von Worms; nach dem Tod des Wormser Bischofs Konrad von Dürkheim (1247) wurde er vom Domkapitel unter Mißachtung eines durch den päpstlichen Legaten Petrus Capocci, Kardinaldiakon von San Giorgio al Velabro (1244–59), verhängten Verbots zum Nachfolger gewählt und am 13. Dezember 1247 durch den Mainzer Erzbischof Siegfried von Eppstein bestätigt; Eberhard konnte sich jedoch 1252 an der römischen Kurie nicht gegen den von Capocci providierten Richard von Daun durchsetzen und ließ sich 1256 nach langem Streit durch eine Entscheidung Papst Alexanders IV. mit einer jährlichen Entschädigung von 150 Pfund Wormser Münze abfinden.

Nach Richards Tod bemühte sich Eberhard erneut um das Bistum. Sein Vetter Heinrich von Leiningen, der auch über ein Kanonikat am Wormser Domstift verfügte, unterstützte ihn ebenso wie die Grafen von Eberstein und Leiningen. Am 28. Dezember 1257 wurde er von einer Mehrheit des Wormser Domkapitels gewählt, während eine Minderheit ihre Stimme dem Domdekan Burkhard von Stockheim († nach 1259) gab; beide Kandidaten baten den Mainzer Erzbischof Gerhard Wildgraf um Bestätigung; dieser entschied den Streit am 11. Januar 1258 zusammen mit dem Speyerer Bischof Heinrich von Leiningen zugunsten Eberhards und erteilte ihm am 23. Februar die Konfirmation. Wenige Monate später nahm Eberhard Kontakt mit König Richard von Cornwall auf, der ihm vermutlich die Regalien verlieh. Die Bischofsweihe empfing Eberhard wahrscheinlich 1259/60.

Die Verbindung zu König Richard brachte Eberhard in Gegensatz zu seiner Bischofsstadt, die – wie auch sein Vorgänger – Alfons von Kastilien favorisierte. Sein Versuch, die Bürgerschaft zur Anerkennung Richards zu bewegen, blieb erfolglos.

Die häufige Abwesenheit König Richards vom Reich ließ unter Eberhard die traditionell enge Bindung des Wormser Bischofs an das Königtum schwinden. Um so härter traf ihn die Auseinandersetzung mit den aufstrebenden Territorialgewalten. Besonders der Pfalzgrafschaft gelang in der 2. Hälfte des 13. Jh. um die Zentren Alzey und Neustadt herum eine den linksrheinischen Bereich des Hochstifts einschnürende Verdichtung ihrer Herrschaftsrechte. Zwar konnte Eberhard zusammen mit anderen Territorialherren 1260 Alzey zerstören, doch mußte er 1261 auf das erst kurz zuvor eroberte Neustadt und alle weiteren Ansprüche an die Pfalz, insbesondere das lange umstrittene Neckarau bei Mannheim, verzichten. Nach dem Tod Richards von Cornwall bemühte er sich mit dem Mainzer Erzbischof Werner von Eppstein, durch Bereinigung der Streitigkeiten unter den rheinischen Kurfürsten eine Grundlage für die Wahl eines Nachfolgers zu schaffen. Der im Herbst 1273 gewählte Rudolf I. von Habsburg besuchte noch im gleichen Jahr Worms. Hier leistete ihm die Bürgerschaft den Treueid, den ihr Eberhard vorsprach.

Eine Einmischung in die Auseinandersetzung zwischen Bürgerschaft und Stiftsklerus um die geistlichen Sonderrechte, in der die Stadt 1259 die Unterstützung der Kurie gewann, vermied Eberhard Streitigkeiten um die Stadtherrschaft wurden 1264 unter Vermittlung der Bettelorden friedlich beigelegt.

1261 beteiligte sich Eberhard an dem durch Erzbischof Werner in Mainz einberufenen Provinzialkonzil. Seine Fürsorge galt zudem den geistlichen Stiften des Bistums: Nach Erneuerungsarbeiten weihte er 1265 die Kirche des Wormser Kollegiatstifts St. Martin und den dortigen Martinsaltar. Dem Kollegiatstift St. Cyriakus in Neuhausen bei Worms verlieh er 1273 durch die Überführung der Gebeine seines Erbauers, des Wormser Bischofs Samuel (841–59), aus dem Kloster Lorsch neue Bedeutung. Durch bischöfliche Visitatoren unterstützte er die Bemühungen des Dekans von St. Peter in Wimpfen um eine Stiftsreform. Auch die Bettelorden förderte er. 1264 ließen sich in Worms die Sackbrüder sowie die Augustinereremiten nieder, die etwa zur gleichen Zeit in Heidelberg einen bedeutenden Konvent gründeten.

† 22. März 1277 Montpellier; Grab: zunächst Wormser Dom; später ins Zisterzienserkloster Otterberg überführt.

Burkard Keilmann

Text aus: Gatz, Erwin (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches. Ein biographisches Lexikon. Teil: 1198 bis 1448, unter Mitw. von Stephan M. Janker, Berlin: Duncker und Humblot 2001, S. 866–867.