Paul Leopold Haffner (1829–1899)

1886–1899 101. Bischof von Mainz

 

Paul Leopold Haffner wurde am 21. Januar 1829 zu Horb im württembergischen Schwarzwald als zweitjüngstes von sechs Kindern des Oberamtsarztes Dr. Christian Haffner und seiner Ehefrau Marie-Luise Koch geboren. Väterlicherseits war er mit dem früheren Fürstabt Martin Gebert von St. Blasien verwandt. Von seinen Schwestern folgten ihm später zwei zur Haushaltsführung. Eine weitere wurde Ordensfrau. Ein Bruder war später Kommerzienrat und Beigeordneter in Mainz. Haffner besuchte die Lateinschule in Horb, dann in Rottenburg und 1843–47 das Obergymnasium in Ellwangen. Nach dem Abiturientenexamen studierte er 1847–51 in Tübingen Philosophie und Theologie, doch wohnte er aus gesundheitlichen Rücksichten nur ein Jahr im Wilhelmsstift. Schon früh trat sein philosophisches Interesse zutage.

Eine Preisarbeit der Philosophischen Fakultät mit dem Titel „Beweis für das Dasein Gottes“, die er erfolgreich bearbeitete, hat er später zur Dissertation erweitert. An den Besuch des Rottenburger Priesterseminars 1851–52 und die Priesterweihe am 10. August 1852 schloss sich eine kurze Tätigkeit als Vikar in Dürmentingen und Biberach an. 1854 kehrte Haffner als Repetent für Philosophie an das Tübinger Wilhelmsstift zurück. Bald nach der Promotion zum Dr. phil. (1855) folgte er einer Einladung von Bischof Ketteler als Professor der Philosophie an das 1851 gegründete Mainzer Priesterseminar. Seit 1864 las er zugleich Apologetik.

Haffner hat in Mainz seine zweite Heimat gefunden und ist zu einem Exponenten des Kreises um Ketteler geworden. Durch den ihm geistig überlegenen Domdekan Heinrich zur Beschäftigung mit Thomas von Aquin angeregt, ist Haffner zum Interpreten und oft freilich oberflächlichen Vermittler der Neuscholastik geworden (Hagen). Die eindringliche Analyse und geistige Auseinandersetzung lagen ihm nicht. Die deutsche Philosophie des 19. Jahrhundert hat er unkritisch abgetan.

Zunächst über Mainz hinaus unbekannt, brachte eine Studienreise durch Deutschland Haffner 1859 wertvolle Kontakte. 1862 stand ein Ruf an die Akademie in Münster, 1864 an die Theologische Fakultät in Breslau zur Debatte.

Sein eigentliches Publikum fand Haffner auf den Katholikentagen, auf denen er 1863–85 zahlreiche auf eine breite Zuhörerschaft abgestimmte Grundsatzreden hielt. Auch der Katholische Broschürenverein, den er 1864 zusammen mit E. Theodor Thissen und Johannes Janssen gründete und für dessen Veröffentlichungen er seit 1872 verantwortlich zeichnete, wies in diese Richtung. Haffners eigene Schriften kreisten um die Problematik von Atheismus, Materialismus und mechanischer Naturerklärung. Auch an anderen Zeitschriften des ultramontanen Katholizismus, wie dem „Katholik“, dem „Mainzer Journal“ und der „Katholischen Literaturzeitung“ (Wien) hat er mitgearbeitet. Sein einziges Werk von wissenschaftlichem Anspruch bildet ein Lehrbuch der Philosophie.

Haffner hat sich wie alle Mainzer stark vom Anliegen der Kirchenfreiheit bewegen lassen, deren geistige Grundlegung er in kompromissloser Bindung an die kirchliche Tradition zu finden suchte. Dabei bildeten das gesellschaftliche, politische und wissenschaftliche Engagement für ihn eine Einheit. 1872 war er an der Gründung des Vereins deutscher Katholiken, 1876 an der der Görres-Gesellschaft beteiligt, deren philosophische Sektion er bis 1886 leitete.

Haffner ist 1864 dem Bistum Mainz inkardiniert, 1865 zum Dompräbendar, 1866 zum Domkapitular und Mitglied des Ordinariates ernannt worden. 1866–72 war er zugleich Superior der Mainzer Schwestern der göttlichen Vorsehung. Als das Priesterseminar 1877–86 wegen des Kulturkampfes geschlossen blieb, hat er sich verstärkt der Verbandsarbeit, daneben der literarischen Tätigkeit und der Seelsorge gewidmet. Wegen maigesetzwidriger Seelsorgsaushilfe in Preußen zu einer Geldstrafe verurteilt, wurde er 1877 gepfändet. 1884–86 hielt er zusammen mit anderen Professoren des Mainzer Seminars mehrere Volksmissionen.

Als der Abbau des hessischen Kulturkampfes sich im Gegensatz zu Preußen verzögerte, veröffentlichte Haffner im Sommer 1885 zusammen mit Fürst Karl von Isenburg-Birstein eine anonyme Denkschrift über „Die Lage der katholischen Kirche im Großherzogtum Hessen“. Darin war als erster Schritt für die Beilegung des Konfliktes die Wiederbesetzung des Bischöflichen Stuhles vorgeschlagen. Da die hessische Regierung darauf einging, ernannte der Heilige Stuhl nach vorheriger Verständigung mit ihr unter Suspension des Kapitelwahlrechtes am 10. Juni 1886 Haffner zum Bischof von Mainz. Für seine Kandidatur sollen sich vor allem die Kardinäle Melchers und Joseph Hergenröther eingesetzt haben. Die Konsekration empfing Haffner am 25. Juli 1886 durch Erzbischof Roos im Mainzer Dom.

Haffner ist vom Kirchenvolk ohne Vorbehalt, von einem Teil des Domkapitels dagegen mit Reserve aufgenommen worden, zumal seine gelegentliche Derbheit ihm manche Schwierigkeiten bereitete. Seit 1887 nahm die hessische Regierung in Anlehnung an Preußen einen Teilabbau der Kulturkampfgesetzgebung vor, die 1887 die Wiedereröffnung des Mainzer Priesterseminars und 1888-89 der Gymnasialkonvikte in Mainz, Bensheim und Dieburg ermöglichte. Orden blieben dagegen bis zum Ersten Weltkrieg ausgeschlossen, soweit sie sich nicht der Krankenpflege oder Erziehung widmeten.

Haffner hat nicht nur eine Neuumschreibung der Dekanate vorgenommen, sondern in der oberhessischen Diaspora auch zehn neue Pfarreien bzw. Kuratien errichtet. Während seines Episkopates wurden 24 neue Kirchen gebaut. Um den Klerus machte er sich u. a. durch die Errichtung eines Emeritenfonds verdient. Haffner hat sein Bistum intensiv bereist und seinen Dienst trotz einzelner Altersbeschwerden bis zum Lebensende wahrnehmen können. Er starb am 2. November 1899 an einem Herzversagen in Mainz. Sein Grab erhielt er im nördlichen Querhaus des Domes.

Anton (Philipp) Brück

Text aus: Gatz, Erwin (Hg.), Die Bischöfe der deutschsprachigen Länder. Ein biographisches Lexikon. Teil: 1785/1803 bis 1945, Berlin: Duncker und Humblot 1983, S. 276–278. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

 

Weitere Literatur:

  • Hirschfeld, Michael, Die Bischofswahlen im Deutschen Reich 1887 bis 1914. Ein Konfliktfeld zwischen Staat und katholischer Kirche vom Ende des Kulturkampfes bis zum Ersten Weltkrieg, Münster 2012, S. 625–649.